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Warum die aktuelle Ergebniskrise für Jule Niemeier sehr wichtig ist

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Die deutsche Nummer eins Jule Niemeier spricht im Interview über Erstrundenniederlagen, Borussia Dortmund und das Billie-Jean-King-Cup-Match in Stuttgart gegen Brasilien.

Jule Niemeier, hier mit Teamchef Rainer Schüttler auf der Bank, spielt seit zwei Jahren für das deutsche Team im Billie-Jean-King-Cup. Foto: dpa
Jule Niemeier, hier mit Teamchef Rainer Schüttler auf der Bank, spielt seit zwei Jahren für das deutsche Team im Billie-Jean-King-Cup. Foto: dpa  Foto: Nel Pavletic

Laut Weltrangliste ist Jule Niemeier die deutsche Nummer eins. Doch die 65. der Tenniswelt hatte einen komplizierten Start in die Saison, so dass die 23-Jährige beim Auftakt des Billie-Jean-King-Cups in der Qulaifikationsrunde gegen Brasilien zunächst nur Zuschauerin ist. Sicher ist: Beim anschließenden Porsche-Tennis-Grand-Prix an selber Stelle in der Stuttgarter Porsche-Arena ist sie dabei. Und sicher ist, sagt die Dortmunderin im Interview: "Ich werde stärker aus der Situation herauskommen."

 

2007 trug ein Zuschauer während des Frauen-Turniers in Stuttgart ein T-Shirt mit der Aufschrift "Wenn Tennis einfach wäre, würde es Fußball heißen": Ist da was dran?

Jule Niemeier: (lacht) Ich würde nicht sagen, dass Fußball einfach ist. Das sind zwei komplett verschiedene Sportarten, die man nicht vergleichen kann. Aber Fußball ist auf eine gewisse Weise schon einfacher, weil die Verantwortung auf mindestens elf Spieler verteilt wird.

 

Was macht Tennis so komplex?

Niemeier: Es kommt nicht immer nur auf die eigene Leistung an. Wenn man ein gutes Match spielt, kann es sein, dass die Gegnerin ein sehr gutes spielt, mit Linienbällen und Netzrollern - und man verliert, obwohl man alles versucht hat. Tennis ist schon ein bisschen herausfordernder als Fußball, weil man als Einzelsportler mehr im Fokus steht, eine permanente Eins-gegen-eins-Situation hat.

 

Was Sie beurteilen können, weil Sie eine besondere Verbindung zum Fußball haben: Als Dortmunderin sind Sie natürlich Fan von Borussia Dortmund.

Niemeier: (lacht) Und ich habe früher selber Fußball gespielt, auch im Verein, bei einem meiner Brüder in der Mannschaft. Das hat mir immer extrem viel Spaß gemacht.

 

Warum haben Sie sich dann gegen Fußball entschieden?

Niemeier: Zwei Jahre lang habe ich beides gleichzeitig gemacht, bin unter der Woche vom Tennis- direkt zum Fußballtraining gefahren. Was mit zehn, elf, zwölf Jahren noch geht. Aber dann musst du dich entscheiden. Und für mich stand immer fest: Ich will Tennis spielen - Fußball ist ein Hobby. Und Spiele des BVB anzuschauen, ist eine Art Entspannung für mich.

 

Wie oft schaffen Sie es, tatsächlich im Stadion live dabei zu sein?

Niemeier: Ich war am vergangenen Wochenende beim Spiel gegen Union Berlin. Aber da ich ja viel unterwegs bin, klappt das vielleicht nur alle zwei, drei Monate.

 

An diesem Samstag spielt der BVB direkt nebenan beim VfB Stuttgart ...

Niemeier: Es ist tatsächlich sehr unglücklich, dass wir gleichzeitig spielen. Unsere Partie hat definitiv Vorrang. Aber ich werde das Spiel des BVB per Live-Ticker verfolgen.

 

Wie geht das Fußballspiel aus?

Niemeier: Man sollte in Stuttgart drei Punkte holen, wenn man noch im Titelkampf mitreden will. Ich glaube, dass die Borussia dieses Jahr dran ist.

 

Und wie geht das Tennisspiel aus?

Niemeier: Wir gewinnen natürlich! Davon bin ich überzeugt. Aber es wird sehr, sehr schwierig, weil Brasilien mit Beatriz Haddad Maia eine sehr gute Spielerin hat, die vergangenes Jahr einige Turniere gewonnen hat. Niemand ist unschlagbar. Ich glaube, dass hier in Stuttgart viel möglich ist.

 

Sie persönlich haben ein bisher schwieriges Jahr auf der Tour, mit zwei Siegen in neun Matches.

Niemeier: Klar lief es nicht so, wie ich mir das erhofft habe. Aber man muss auch sagen, dass es dieses Jahr gegen extrem gute Spielerinnen losging: Die ersten vier Matches waren gegen Top-30-Gegnerinnen. Die könnte man abziehen - und schon sieht das Ganze ganz anders aus. Ich bin mit meinem Tennis in den vergangenen Matches zufrieden gewesen und hoffe, dass sich der Schalter bald umlegt.

 

Vor dem Auftaktmatch bei den Australian Open gegen die Weltranglistenerste Iga Swiatek haben Sie gesagt: "Es ist ja nur ein Tennisspiel." Fängt ein Tennisspiel nach fünf Erstrundenniederlagen an, doch etwas mehr zu werden?

Niemeier: Nein. Klar besteht die Gefahr, dass man denkt: Jetzt läuft gar nichts, alles ist schlecht. Aber ich werde mich deshalb nicht zurückziehen, negativ sein. Wenn man auf die Tour geht, muss man lernen, dass man viele Matches verliert. Und man muss an Dingen arbeiten, die man vielleicht nicht angegangen wäre, wenn die Situation so nicht gekommen wäre. Deswegen glaube ich, dass die aktuelle Phase sehr wichtig für mich ist. Ich werde garantiert stärker aus der Situation herauskommen.

 

Welchen Wert hat der Blick zurück, die Erinnerung an zwei wunderbare Wochen in Wimbledon 2022 mit dem Einzug ins Viertelfinale?

Niemeier: Es bringt jedenfalls nichts zu sagen: Ich habe Viertelfinale gespielt und alles war toll - warum geht das jetzt nicht? Man kann es positiv sehen: Ich habe das Level, kann Topspielerinnen schlagen. Ich glaube weiterhin daran, dass es auch kurzfristig wieder passieren wird.

 

Tennis ist Tennis: Der Platz ist am Freitag und am Samstag beim Billie-Jean-King-Cup derselbe wie in den darauffolgenden Tagen beim Porsche-Tennis-Grand-Prix. Aber was ist dennoch anders?

Niemeier: Es macht extrem viel Spaß, als Mannschaft zu spielen. Das Team in einer vollen Box sitzen zu sehen, sich mit dem Käpt"n auf der Bank austauschen zu können - das kann enorme Kräfte freisetzen. Vielleicht passieren dann Dinge, die man nicht erwartet hätte. Je besser die Stimmung ist, desto einfacher wird es für uns - daraus lässt sich Energie schöpfen.

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