Neckar-Cup in Heilbronn: Die wundersame Tennis-Reise des Henri Squire
Henri Squire hat in Paris für Aufsehen gesorgt. Heute bestreitet der Deutsche beim Neckar-Cup sein Auftaktmatch gegen den Paraguayer Vallejo.

Die Antwort auf die ihm gestellte Frage scheint ihn selbst sehr zu interessieren. Henri Squire nimmt sich Zeit, dann sagt er: "Ich habe schon verarbeitet, was in den vergangenen Tagen passiert ist. Aber zu 100 Prozent begriffen habe ich es noch nicht." Es ist ein im deutschen Tennis anerkanntes Pfingstwunder, wie der 23-Jährige aus Duisburg auf den allerletzten Drücker dank der Absage anderer Profis zu seiner Premiere bei einem Grand-Slam-Turnier gekommen, ins Qualifikationsfeld der French Open gerutscht ist; nach drei Siegen steht er im Hauptfeld, wehrt gegen den Australier Max Purcell sechs Matchbälle ab und gewinnt das epische, von Regenpausen mehrfach unterbrochene Match in fünf Sätzen; und unterliegt in der zweiten Runde in erneut fünf Sätzen dem Kanadier Felix Auger-Aliassime.
Nach Paris-Trip: Tennis-Ass Squire belohnt sich mit Kleidung
Der irre Paris-Trip lässt ihn kommenden Montag in der Weltrangliste erstmals unter die Top 200 schießen, wurde zudem mit 110 000 Euro Preisgeld belohnt (fast so viel wie zuvor in seiner gesamten Karriere). Was macht er mit dem Geld? "Steuer und meinen Trainer bezahlen", sagt der junge Mann aus der Schimanski-Stadt trocken. Ein paar Klamotten habe er sich gekauft, der Rest werde gespart: "Es ist gut, einen Puffer zu haben."
Denn es kann nicht immer so gut laufen wie in Paris, das weiß der viermalige deutsche Mannschaftsmeister. "Man kann im Tennis jeden Tag verlieren", sagt der 1,96-Meter-Schlaks nun beim Heilbronner Neckar-Cup und versichert: "Ich probiere hier mein Bestes." An diesem Dienstag hat er es in der ersten Runde mit einem anderen Newcomer zu tun, dem 20-jährigen Adolfo Daniel Vallejo aus Paraguay.
Was Henri Squire gelassen macht: Sein Können - die Erkenntnis, mit den Allerbesten mithalten zu können, fokussiert bleiben zu können, den allerletzten Punkt machen zu können. Seit November arbeitet er mit seinem neuen Trainer Jeremy Jahn, vor allem an der Spielstrategie und am Spielverständnis: "Welche Zonen auf dem Platz spielst du in welcher Situation an?" Das fruchtet: Im März Sieg beim Challenger in Hamburg, im April Finale beim Challenger in Prag, im Mai der Coup bei den French Open - wo Boris Becker bei Eurosport von einem "großen Talent" sprach.
Beim Heilbronner Neckar-Cup: Squire befreundet mit Rudolf Molleker
Henri Squire und sein Kumpel Rudolf Molleker sind mit ihren 23 Jahren die Jüngsten unter den insgesamt 17 deutschen Profis in den Top 400 der Welt. Es sei "total schön", einen Freund auf der Tour zu haben, mit dem man Zeit verbringen, abends essen gehen könne. 2018 standen die beiden als Doppel im Junioren-Finale der Australian Open, sechs Jahre später half Molleker mit seiner Grand-Slam-Turnier-Erfahrung bei der Orientierung auf der Anlage in Paris: "Ich war verwirrt. Rudi kennt sich gut aus." Beim Neckar-Cup kennen sich beide bestens aus - Molleker gewann das Turnier 2018, Squire spielt das dritte Jahr in Folge in Heilbronn.