Stimme+
RSV Heilbronn
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Rollstuhlbasketball: Neues Team möchte in der kommenden Saison im Ligabetrieb starten

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Frauen und Männer des Heilbronner Rollstuhlbasketballteams trainieren gemeinsam in der Halle der Dammrealschule. Bei diesem inklusiven Sport spielen Fußgänger und Rollstuhlfahrer zusammen.

Das Rollstuhlbasketball-Team des RSV Heilbronn trainiert gemeinsam in der Halle der Dammrealschule. In der nächsten Saison will die Mannschaft in den Spielbetrieb einsteigen.
Das Rollstuhlbasketball-Team des RSV Heilbronn trainiert gemeinsam in der Halle der Dammrealschule. In der nächsten Saison will die Mannschaft in den Spielbetrieb einsteigen.  Foto: Landes, Klara

In der Halle der Heilbronner Dammrealschule kracht es am Freitagabend hin und wieder – beim Rollstuhlbasketball gibt es vollen Körper- und Rollstuhleinsatz. Manuel Gärtner hat diese Mal seine Partnerin Marion Löser mitgebracht. Drei Jahre habe der 44-jährige Gärtner aus der Nähe von Krautheim, der seit vierzig Jahren im Rollstuhl sitzt, nach einem Verein gesucht. Früher spielte er in Nürnberg. Durchs Internet ist er auf das Angebot des Rollstuhlsportvereins Heilbronn (RSV) aufmerksam geworden, erklärt Löser, während sie eine Pause macht. Als Fußgängerin sind ihre Hände das Bremsen und Anschieben der Rollstuhlräder nicht gewohnt – besonders, weil sie zum ersten Mal dabei ist. Marion Löser, die aus der Künzelsauer Gegend kommt, überlegt schon, ob sie wieder mit zum Training kommt. 

Basketball im Rollstuhl: RSV Heilbronn trainiert freitags mit Trainer Kemal Burgaz

„Es ist interessant und mal etwas ganz anderes, sich als Fußgänger in einen Rollstuhl zu setzen“, sagt die 42-jährige. Hüpfen und springen gehe nicht, es komme auf andere Fähigkeiten an. Die Regeln des Fußgängerbasketballs gelten im Wesentlichen auch für die Rollstuhl-Variante: Feldmaße und Korbhöhe sind die selben – 3,05 Meter sind sitzend deutlich höher als stehend. „Was bei Fußgängern der Schrittfehler ist, ist bei uns zweimal anschieben“, erklärt Trainer Kemal Burgaz. Ein großer Unterschied ist aber die Inklusion: In einer Rollstuhlbasketballmannschaft spielen Männer und Frauen, Personen mit und ohne Behinderung. Für gleiche Chancen sorgt dabei ein Klassifizierungssystem.

Je nach Behinderungsgrad bekommen Spielerinnen und Spieler mit und ohne Handicap zwischen 1 und 4,5 Punkten. Pro Team dürfen maximal 14,5 Punkte auf dem Feld sein – so steht es auf der Internetseite des Deutschen Rollstuhl-Sportverbandes. Die Skala läuft in 0,5-Punkte-Schritten. Querschnittsgelähmte erhalten zum Beispiel einen Punkt, 4,5 Punkte gibt es für Minimal- und Nichtbehinderte.

Männer, Frauen, Menschen mit Behinderung und Fußgänger: Beim Rollstuhlbasketball wird Inklusion gelebt

Anfang des Jahres nahm der erste Vorsitzende des RSV, Charly Leban, Kontakt mit den Reds auf. Die TSG Heilbronn habe auch eine Rollstuhlbasketballmannschaft gründen wollen. So sei es zu einer Kooperation gekommen, „es ist alles freundschaftlich geregelt“.  Leban erzählt: „Ich habe noch nicht recht den Hörer aufgelegt, da war die Werbung schon in Facebook.“ Einen Trainer gab es da noch nicht. Einige Tage nach der Verkündung des neuen Sportangebots stieß Leban auf Kemal Burgaz. Der 61-jährige Vereinsvorsitzende war auf der Suche nach einem Handbike. „Es war eigentlich ein ganz großer Zufall.“ Als Leban das Handbike von Burgaz kaufen wollte, erfuhr er, dass der 53-Jährige aus Ilshofen unter anderem Rollstuhlbasketballtrainer mit Lizenz ist. 

„Ich hab mir auch vieles leichter vorgestellt“, sagt Leban. Es sei mehr zu organisieren und zu machen, als er sich das vorgestellt hatte. Aber er mache das gerne. „Das größte Problem ist eigentlich die Halle, Parkplätze und behindertengerechte Toiletten.“ Heilbronn sei da „super schlecht“ aufgestellt. Die Halle der Dammrealschule sei vermutlich die einzige, bei der die Gegebenheiten zum Großteil passen würden. Es sei ebenerdig, die Türen breit, Parkplätze vor der Tür. Aufs Klo, das müssen diejenigen mit Behinderung aber daheim.

Beim Rollstuhlbasketball gelten im Wesentlichen die selben Regeln. Spielfeldmaße und Körbhöhe sind gleich. In einer Mannschaft dürfen aber sowohl Männer als auch Frauen, Menschen mit Behinderung als auch Fußgänger spielen.
Beim Rollstuhlbasketball gelten im Wesentlichen die selben Regeln. Spielfeldmaße und Körbhöhe sind gleich. In einer Mannschaft dürfen aber sowohl Männer als auch Frauen, Menschen mit Behinderung als auch Fußgänger spielen.  Foto: Landes, Klara

Nächste Saison in den Ligabetrieb starten: Rollstuhlbasketballteam des RSV plant Tuniere

Mittlerweile fährt Kemal Burgaz jeden Freitag gut eine Stunde lang nach Heilbronn, dort coacht er das Zwölfer-Team für zwei Stunden, bevor er sich wieder auf den Rückweg macht. Er ist nicht der einzige mit langer Anfahrt: „ Wir müssen unsere Spieler weitgehend von überall her zusammentrommeln.“ Und sie brauchen weitere Spieler, betont er, „genug Stühle haben wir“. Auch Fußgänger suchen sie, ergänzt Leban. Der Sport baue Barrieren ab.

„Wir sind noch am Anfang“, erklärt Burgaz, doch er sei sehr zuversichtlich. „Bis zur nächsten Saison bekommen wir alle so weit.“ Dann möchte das Team in den Ligabetrieb, erste Kontakte für Turniere seien schon geknüpft. Das Ziel des Trainers bis dahin: „Erstmal die Mannschaft spielfähig bekommen.“ Sie üben, Freiräume zu nutzen, Überzahl zu spielen und regelkonform zu verteidigen. Dabei darf Spaß nicht fehlen. „Das ist unheimlich wichtig“, betont der 53-Jährige. 

Freude am Sport: Der Spaß darf beim Training des Rollstuhlbasketballteams nicht fehlen

Die Freude an dem Sport ist auch für Michaela Walter aus Weinsberg der Grund, warum sie zum Training kommt. Das Spielen fordert, erklärt die Pressesprecherin des RSV, man komme dabei auch ins Schwitzen. „Kemal holt jeden ab, wo er ist“, sagt Walter. „Als Fußgängerin habe ich es nie geschafft, einen Ball reinzubekommen.“ Nun sitzt sie im Rollstuhl und wirft Körbe. In der Mannschaft herrsche „ein ganz toller freundschaftlicher Ton“. „Außer beim Spiel“, wirft eine Teamkollegin ein und lacht. Ab und an ertönt auf dem Feld auch ein hartes Wort.

Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben