Neues Eliteteam: Leuchttürme aus und für die Region
Die Sporthilfe Unterland vergibt fünf Stipendien für eine individuelle Förderung an talentierte Topathleten aus der Leichtathletik, Turnen, Kanu, Schießen und Fechten. Wer profitiert davon?

Seit vier Jahrzehnten unterstützt die Sporthilfe Unterland Talente auf ihrem sportiven Weg nach oben, hat dabei mehr als 1,5 Millionen Euro ausgeschüttet. Ein Engagement, das in der Region gleichermaßen gebraucht wie geschätzt wird. Im Oktober 2019 hat die Sporthilfe auf Initiative ihres Ersten Vorsitzenden Richard Lohmiller das Olympia-Perspektivteam Paris 2024 gegründet, für das zusätzliche Spender und Gönner akquiriert worden sind, die sich der guten Sache verschrieben haben.
Höchstmögliche Kaderzugehörigkeit
Nach den erfolgreichen Sommerspielen in Frankreich hat der Vorstand der Sporthilfe Unterland nun das Eliteteam als sein jüngstes Projekt öffentlich präsentiert. Die Idee: Fünf Athletinnen und Athleten, die aus der Region stammen und für einen Verein in der Region starten mit einem Sportstipendium zu unterstützen. Das Quintett gehört dem jeweils höchstmöglichen Kader seiner Sportart an und hat eine eindeutige Perspektive sowie klare duale Karriereplanung.
Sehr leistungsorientiert
„Es war schon immer wichtig, dass es junge Menschen gibt, die sich im Sport, aber auch beruflich sehr leistungsorientiert zeigen und dadurch erfolgreich sind“, sagt Richard Lohmiller. „Wir brauchen solche Leuchttürme, an denen sich junge Menschen orientieren können. Deshalb sind wir sehr stolz, in unserer Region fünf solch außergewöhnliche und vielversprechende junge Menschen gefunden haben, die wir auf ihrem Weg mit der Sporthilfe Unterland unterstützen.“

Nele Stark (SSV Güglingen/Schießen)
Mit Gewehr und Munition auf Reisen zu gehen, erfordert ziemlich viel Geduld. Doch Nele Stark, die Luftgewehr- und Kleinkaliberschützin aus Güglingen weiß, welche Formulare auszufüllen sind und wo sie ihren Spezialkoffer abholen darf. „Wir haben am Flughafen trotzdem schon fünf, sechs Stunden gewartet bis wir rausgekommen sind“, sagt die 21-Jährige aus dem Zabergäu: „Mir würde schon das Herz in die Hose rutschen, wenn etwas nicht ankommt.“
Maßgeschneiderte Kleidung
Schließlich ist ihre Kleidung, die der Stabilisierung und zugleich der Entlastung des Rückens dient, maßgeschneidert, die Waffen teuer, die individuellen Einstellungen wichtig. Nele Stark ist ein Talent mit großer Perspektive, hat als eine von nur drei Athletinnen den Sprung von den Juniorinnen in die Aktiven-Nationalmannschaft gepackt und gehört dem Perspektivkader des Deutschen Schützenbundes an.Die junge Bundesliga-Schützin hat den Plan, sich nicht nur zu etablieren, sondern durchzustarten. Bei EM wie WM dabei zu sein, gehört ebenfalls zu ihren Zielen wie einen olympischen Quotenplatz zu holen. Nele Starks Traum ist es, „die Nummer eins in der Weltrangliste zu sein“. Dafür trainiert die Vegetarierin auch ohne Waffe, läuft, fährt Rad, arbeitet an ihrer Rumpfstabilität, macht Gleichgewichts- und Koordinationstraining.

Julian Schmiech (TSG Heilbronn/Kanu)
Planung ist wichtig. In diesen Wochen ganz besonders, denn Julian Schmiech steckt in den Vorbereitungen auf sein Abitur am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium. Eine intensive Zeit für den 18-Jährigen, weil zwischendurch bei aller Konzentration auf den Schulabschluss noch Trainingseinheiten anstehen. Auf dem Neckar begleitet ihn Papa Daniel, einst selbst international erfolgreicher Rennkanute. Auf einige Lehrgänge des Kanu-Verbandes hat das Kajak-Talent aus Leingarten zwar verzichtet, doch die Kilometer auf dem Wasser und die Kraftarbeit zu Lande braucht es auch in einem „Übergangsjahr“, wie Julian Schmiech die derzeitige Phase seiner Karriere nennt.
Olympia als Fernziel
Das Stipendium der Sporthilfe Unterland kommt zur perfekten Zeit. Im Oktober wird der Dritte der Unterländer Sportlerwahl nach Karlsruhe ziehen und am dortigen Stützpunkt mit Yannik Hofmann für seine Ziele trainieren – aber weiter für die TSG Heilbronn starten. Im Frühjahr 2026 beginnt sein Studium der Wirtschaftspsychologie.„Olympische Spiele sind ein übergeordnetes Ziel“, sagt der Dritte der Junioren-Weltmeisterschaften im K 4 über 500 Meter und lächelt. Der junge Mann mit dem muskulösen Oberkörper, Mitglied im Nachwuchskader 1, weiß um den harten Weg dorthin. Doch er hat den Ehrgeiz, den Fleiß und den Willen.

Milan Hosseini (TG Böckingen/Turnen)
Noch mehr Lehrgänge. Noch mehr Tage im Olympischen Trainingszentrum in Kienbaum. Noch mehr harte Arbeit. Milan Hosseini klagt nicht über die Entscheidung des neuen Bundestrainers Jens Milbradt, seine Besten noch häufiger in der brandenburgischen Einöde zu formen. Der 23-Jährige aus Flein, der bereits mit 14 Jahren allein nach Berlin gezogen ist, um am dortigen Stützpunkt zu trainieren, hat ein großes Ziel: die Heim-EM in Leipzig Ende Mai. Wie es sich anfühlt, bei einer internationalen Meisterschaft dabei zu sein, weiß der Boden-Spezialist von der TG Böckingen. 2023, in Antalya, hat Milan Hosseini mit der Bronzemedaille um den Hals vom Podest gestrahlt.
Wechsel zum Bundesliga-Topteam
Die Olympischen Spiele in Paris, wo der Sportsoldat den Mehrkampf als Ersatzmann auf der Tribüne der Arena in Bercy miterlebt hat, sind dem Sportstudenten enorme Motivation gewesen, weiter mit höchster Disziplin zu arbeiten. Mit Trainer Brian Gladow feilt Milan Hosseini konzentriert daran, seine Übungen immer weiter aufzustocken. Diese zeigt der zweimalige Unterländer Sportler des Jahres, der Mitglied im Perspektivkader des Deutschen Turner-Bundes (DTB) ist, in dieser Saison auch im Bundesliga-Spitzenteam der KTV Straubenhardt.

Laura Raquel Müller (TSG Öhringen/Leichtathletik)
Die Erinnerungen an Paris sprudeln nur so aus Laura Raquel Müller heraus. Allein das Leben im Olympischen Dorf im Norden von Frankreichs Kapitale hat die junge Frau aus Verrenberg tief beeindruckt. Doch auch ihr Auftritt im mit 70 000 Fans besetzten Stade de France bei der Weitsprung-Qualifikation und Platz 20 bei ihrer Olympia-Premiere bleibt haften.
Saisonziel: WM in Tokio
Die Athletin der TSG Öhringen mag mehr davon. Internationales Flair hat die Dritte der U20-Europameisterschaften von 2023 und EM-Starterin trotz ihrer erst 20 Jahre inzwischen reichlich gesammelt.Mit 6,81 Meter gehört die Sportsoldatin („Ich bin jetzt Schütze Müller“, die in Stuttgart in einer WG mit zwei weiteren Leichtathletinnen lebt und bei Tamas Kiss trainiert, dem Perspektivkader des DLV an. Ihr Saisonziel: Sich für die Weltmeisterschaften in Tokio im September zu qualifizieren. Die Sporthilfe Unterland ist der Hohenloherin seit Jahren ein treuer Begleiter – und auch an ihrer Seite gewesen, als Laura Raquel Müller verletzungsbedingt eine Leidenszeit hinter sich gebracht hat. Im April steht ein Trainingslager in Ungarn auf dem Vorbereitungsprogramm, um sich gewissenhaft fit für die lange Freiluftsaison zu machen.

Lena Stemper (FC Würth Künzelsau/Fechten)
Ab und an darf Lena Stemper ein Auto von Papa nutzen. Auf diese Weise ist die Säbelfechterin nicht nur sicherer auf der Autobahn von Heidelberg nach Künzelsau unterwegs, sondern auch schneller als mit ihrem 15 Jahre alten Mazda in ihrer Hohenloher Heimat. Glücklicherweise liegt das WG-Zimmer der 19-Jährigen verkehrsgünstig, so dass sie es binnen einer Stunde in die Trainingshalle schafft. Ein Wechsel an den Stützpunkt nach Dormagen hat die junge Frau aus Kupferzell nicht gewollt.
Bereit, alles zu geben
Lena Stemper hat das ehrgeizige Ziel ihr Studium der Zahnmedizin mit den Anforderungen einer Hochleistungssportlerin zu verbinden – dafür nimmt sie die etwa 800 Kilometer in der Woche auf sich. Neben der Lernerei und den Lektionen auf der Planche geht sie ins Fitnessstudio, um auch körperlich die Strapazen auf der Planche gut wegzustecken. Zuletzt hat sich das Talent, das Mitglied des Perspektivkaders im Deutschen Fechterbund ist, mit der Nationalmannschaft in Paris auf den Weltcup in Kairo vorbereitet. Der Weg in die Weltspitze ist hart, die Qualifikationsplätze bei Meisterschaften für Europäerinnen knapp bemessen, doch Lena Stemper sagt: „Ich bin total bereit alles dafür zu geben.“

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