Erstklassige Leistung der Heinsheimer Gewichtheber: Aufstieg in die 1. Bundesliga mit Vereinsrekord
Der TSV Heinsheim liefert im Aufstiegsfinale mit 756,5 Punkten eine kollektive Meisterleistung. Starke Auftritte in Heidelberg gegen die Athletenschmiede Kiel und den SV 90 Gräfenroda.

Wenn Träume wahr werden, braucht es mitunter Mut, um die Besonderheit des Augenblicks auf seine Weise zu genießen. Zielstrebig läuft Jonas Kahse am frühen Samstagabend auf Karlos Nasar zu. Es kümmert den kleinen Fan wenig, dass sein großer Heber-Held gerade mitten auf der Bühne des Olympiastützpunktes Heidelberg steht, auf der er Minuten zuvor die gewaltige Masse von 226 Kilogramm gestoßen hat. Die emotionale Siegerehrung im Aufstiegsfinale zur 1. Bundesliga mit dem TSV Heinsheim, der Athletenschmiede Kiel und dem SV Gräfenroda ist für den Sechsjährigen der perfekte Moment, um Karlos Nasar nah zu sein.
Der Star im Team des TSV Heinsheim hebt den Buben auf seine starken Arme und feiert weiter. Denn der 19-jährige Bulgare hat zuvor mit seinem Nationalmannschaftskollegen Bozhidar Andreev, dem 16-jährigen Talent Natalie Fein, der Jüngsten, Emily Lietzow, dem bärenstarken Patrick Carvalho, einem überglücklichen Robin Künzel und dem im Stoßen eingesetzten Christian Martens den Vereinsrekord auf 756,5 Punkte gesteigert.
Die Heber des TSV Heinsheim sind nach 2018/2019 wieder erstklassig
Das Schönste: Am wichtigsten Tag der Saison übertreffen sich die Heinsheimer mit dieser Topleistung, schlagen die Athletenschmiede Kiel (738,5) wie den SV 90 Gräfenroda (620,0) und schaffen den Aufstieg. Der TSV Heinsheim ist nach 2018/19 wieder erstklassig. "Wir sind mit unseren Fans nun wieder da, wo wir hingehören", sagt Abteilungsleiterin Martina Dosquet keck.
Vor der Bühne singen, feiern und trommeln die mehr als 150 mitgereisten Fans der Heinsheimer. Sie sorgen schon im Wettkampf für allerbeste Stimmung, sind der Grund, warum sich die TSV-Athleten wie zu Hause fühlen. Die Fußballabteilung hat eine lautstarke Truppe entsandt, sie küren Karlos Nasar bei der Siegerzeremonie zum stolzen Fahnenträger.
Robin Künzel mit zwei Saisonbestleistungen
"Unglaublich, das fühlt sich so gut an. Bei dieser Stimmung hast du Gänsehaut", sagt Robin Künzel, der mit zwei Saisonbestleistungen seinen Teil zur Fete beigetragen hat. Martina Dosquet meint nach dem erwartet spannenden Duell mit den Kielern: "Dieses Finale hatte alles an Drama mit Hochs und Tiefs."
Die Norddeutschen, die auch im zweiten Aufstiegsanlauf scheitern, treten mit geballter Frauenpower und dem starken Armenier Karen Margaryan an, führen nach dem Reißen mit 16,3 Punkten vor dem TSV - dabei bedeuten die 281,2 Zähler der Heinsheimer schon die erste Rekordmarke. "Wir wussten, dass wir zurückliegen werden, ehe unsere Star-Heber kommen", sagt Robin Künzel, "aber wir geben immer 120 Prozent - egal, was kommt."
Sieben Wochen Pause bestens genutzt
Das Team um den Sportlichen Leiter Ralf Fein und Betreuer Plamen Bratoichev hat die sieben Wochen nach dem meisterlichen Ende der 2. Liga bestens genutzt, um physisch wie psychisch nochmals aufzubauen. Daher folgt im Stoßen erneut viel Klasse. "Alle haben um jeden Punkt gefightet", sagt Martina Dosquet mit feuchten Augen. "Die Kieler haben schon unsere zwei Bulgaren im Auge gehabt, aber sie haben nicht damit gerechnet, dass der Rest des Teams so liefert - und sie haben alle geliefert. Das war ganz großes Kino, ein Wahnsinn."
Damit haben die "Heinsheimer Einheimischen", wie Ralf Fein es ausdrückt, erst die Basis geschaffen für die Show der TSV-Stars, die Bulgaren Bozhidar Andreev und Karlos Nasar erst in jene Position gebracht, in der sich ihre Kräfte besonders wirksam entfalten. Während Andreev nach einem ungültigen ersten Versuch im Stoßen 190 Kilo stemmt, schließt er länger die Augen, als danke er irgendetwas zwischen Heber-Himmel und Hölle.
Karlos Nasars Beinahe-Weltrekord
Und macht auf der Bühne Platz für Karlos Nasar, den Liebling der Heinsheimer. Dass seine 226 Kilo nicht als Weltrekord notiert werden, liegt daran, dass der Bulgare derzeit zwei Kilo Übergewicht hat. Auf der Party in der Heinsheimer Josef-Müller-Halle, die bis Mitternacht dauert, fehlt der Bulgare. Die Dopingkontrolle dauert, zudem wird seine Tasche samt Geldbeutel entwendet. Ein Ärgernis am Freudentag. Lachen wird Nasar vor dem Abflug nach Sofia am Sonntag dennoch: Natalie Fein verabschiedet ihren Kameraden persönlich, sie wünscht dem Favoriten auf Olympia-Gold in Paris das Beste.