Entchensocken sind Simon Halters EM-Glücksbringer
Bei der Junioren-Europameisterschaft in Ungarn zählt der 17-jährige Binswanger Simon Halter zu den Topfavoriten. Doch: Welche Rolle spielen dabei bunte Strümpfe?

Die Musikbox muss mit. Auch wenn das Monstrum im Kofferraum ab und an für Diskussionen sorgt, in dieser Sache ist Simon Halter unnachgiebig. Seit zweieinhalb Jahren ist sie ständiger Begleiter des Kunstradfahrers vom RSV Erlenbach. Im Training. Bei Wettkämpfen. Auch an diesem Samstag (13 Uhr) bei der Junioren-Europameisterschaft in Dad. Die mehr als zehnstündige Autofahrt nach Ungarn hat der Musikbox nicht geschadet. Es bedeutet Simon viel, Musik dabei zu haben. Auch für die Stimmung im Team.
Alle in der Familie helfen mit
Die EM ist einmal mehr eine Familienangelegenheit für die Halters. Es wäre zu simpel zu behaupten, dass Simon Halter gar keine faire Chance gehabt hat, dem Kunstradfahren zu entkommen. Jenen Sport, den schon sein Opa Rolf Halter, aber auch seine Eltern Jochen Halter und Sandra Schiffmann-Halter so erfolgreich wie leidenschaftlich betrieben haben. Der 17-Jährige, der seine letzte internationale Meisterschaft bei den Junioren fährt, grinst und sagt: „Klar hätte ich was anderes machen dürfen. Aber der Opa hat mich in die Halle mitgenommen, da wollte ich es.“ Da ist er Sechs.
Halter ist Weltrekordhaler
Inzwischen ist der Schüler aus Binswangen deutscher Meister und Weltrekordhalter. Vor einem Jahr ist Simon Halter Vizeeuropameister geworden, da liegt das Ziel nahe: Gold. Wie schon bei den nationalen Titelkämpfen vor zwei Wochen ist Dustin Lindner aus Mörfelden erneut stärkster Konkurrent. Es wird ein Zweikampf.Alle Halters drücken die Daumen. Jeder in der Familie hat seine Aufgabe. Rolf Halter ist Simons Trainer. „Er hat mit ihm die Techniken gemacht und die Übungen erarbeitet, er ist Kilometer mit ihm einst im Kreis gerannt“, sagt Sandra Schiffmann-Halter. Sie selbst ist Mama und sorgt liebevoll dafür, dass alles stimmt – von den Trainingszeiten übers Essen und Trinken bis zum Stoppen der Kür.
Wenn Papa mächtig abfeiert
Jochen Halter gibt den Techniker in allen Lebenslagen. Mal macht er Videos, um Material für die Analyse zu haben, mal kümmert er sich um das Rad, schaut beispielsweise, dass der Reifendruck bei 14 Bar liegt. Details machen beim Kunstradfahren den Unterschied. Und: „Mein Mann kann mega feiern. Er rennt mit erhobener Faust durch die Halle und freut sich wie Bolle“, sagt Sandra Schiffmann-Halter. Die etwas mehr als zwei Jahre jüngere Schwester Sophia ist selbst aktiv. Sie sagt über ihren Bruder: „Simon ist lustig, cool und seine Markenzeichen sind die Entchensocken.“
Glückssocken in himmelblau
Was als Spontaneinkauf beim Discounter begonnen hat, ist zu einer ganz besonderen Geschichte gereift. Simon Halter hat die himmelblauen Socken mit gelben Enten drauf bei jedem Wettkampf getragen. Der Kommentar des Ilsfelder Zweiers Jonas Mächtig und Simon Riedinger: wie cool. „Sie sagten, das sind jetzt deine Glückssocken – von da an ist es so gewesen“, erzählt Simon Halter. Bis zum vergangenen Jahr. Der Stoff hatte sich aufgelöst, mit ihm das gute Gefühl und der Halt in den Schläppchen. Mit dem Wechsel auf Sportsocken läuft es sportlich nicht mehr rund.
Kreative Lösung gegen das Tief
Weil dringend wieder Entchensocken her müssen, wird die Familie aktiv. Sandra Schiffmann-Halter färbt die gut sitzenden Sportsocken ein, die Enten werden am PC bearbeitet und mit Presse aufgepresst. „Simon hat auch Kopfschütteln dafür geerntet, aber es gehört zu ihm“, sagt Jochen Halter und fügt an: „Als Junge und Kunstradfahrer braucht man sowieso ein dickes Fell mit den Leggins. Das ist ja nicht der coole Streetklamotten-Style, aber Simon nimmt das locker.“ Und der Erfolg gibt dem Teenager Recht. Simon Halter ist ohnehin für jeden Spaß zu haben. Doch: Gibt es bei so viel Familie und Sport, der nicht immer nur Erfolge mit sich bringt, nicht auch mal Knatsch? Sandra Schiffmann-Halter sagt: „ Wir haben gelernt eine Sprache zu führen, die nicht auf die Familie reduziert wird. Es ist ganz klar, dass ich mit Simon in die Halle komme, damit er besser wird. Natürlich sind wir uns nicht immer grün, aber wir sind nie doof zueinander.“

Stimme.de