Der Heilbronner Wolfszipfel ist am Motorsport-Wochenende in Künstler-Hand
Gummigeruch und quietschende Reifen: Der 117. Clubsportslalom des MC Heilbronn verzeiht keine Fehler. Nico Gutzeit fährt zum Klassensieg.

Zwar liegen Tau und Nebel am Sonntagmorgen um kurz nach 9 Uhr noch tief über dem Wolfszipfel, doch es herrscht bereits sicht- und hörbar reges Treiben auf der Verkehrsübungsanlage am Wartberg. Auf dem Asphalt, der sich durch die Weinberge der ehemaligen Mülldeponie schlängelt und von den Veranstaltern liebevoll "Kleine Grüne Hölle" genannt wird, hat der Motorsportclub Heilbronn (MCH) zum 117. Clubsportslalom geladen.
Es ist die "kleine" Ausführung, die für den Slalompokal des ADAC Württemberg gewertet wird, und bei der 64 Starter über 1000 Meter insgesamt 31 von Pylonen abgesteckte Tore, Spurgassen und Richtungsänderungen auf dem Berg- und Talkurs hinter sich lassen müssen. Je schneller, desto besser.
Der Heilbronner Parcours verzeiht keine Fehler
Anders als beim höherwertigen Slalom des Deutschen Motor Sport Bundes (DMSB) im Frühjahr müssen die Fahrer den Parcours nur einmal pro Rennlauf durchqueren, was Fehler kaum verzeiht. Auf einen Trainingslauf folgen zwei Wertungsläufe, deren Zeiten addiert werden. Jede umgeworfene oder verschobene Pylone kostet drei Strafsekunden und damit jede Chance auf den Sieg - zu gering sind die Zeitabstände, die die Spitzenfahrer im Klassement voneinander trennen.
Genau das soll später auch Hannah Jule Baier zum Verhängnis werden. Doch am Morgen, um kurz nach 9 Uhr, steht die Nachwuchsfahrerin des MC Heilbronn - wie früher oder später alle Starter - mit ihrem BMW E36 M3 zunächst bei Klaus Kirsch. Denn ohne Kirschs Stempel und ohne seine Unterschrift rollt am Wolfszipfel niemand zum Vorstart, geschweige denn auf die Strecke.
Ohne Stempel von Klaus Kirsch gibt es keine Starterlaubnis
Der Technische Kommissar ist für die Fahrzeugabnahme verantwortlich. Fahrzeugscheine und Helme müssen vorgezeigt werden, bevor Kirsch einen Blick auf und in das Auto wirft: Motor, Batterie, Reifen, Lenkrad und Sitze werden begutachtet. "Es geht in allererster Linie um die Sicherheit", sagt der Kommissar des ADAC Nordbaden. Seinem geschulten Auge entgeht nichts.

Mehr als 5000 Fahrzeuge begutachtet Kirsch, der viele Jahre bei Porsche in Weissach gearbeitet hat, pro Jahr, kennt Modelle und ihre Eigenheiten ebenso gut wie jene Fahrer, die die Grenzen des Erlaubten gerne ausreizen. Bei Hannah Jule Baiers BMW ist erwartungsgemäß alles in Ordnung. Eine Unterschrift auf der Startnummer an der Fahrertür und ein Stempel in den Fahrtunterlagen sind für die Obersulmerin gleichbedeutend mit der Start-Erlaubnis in der Einsteiger-Klasse SE.
Andreas Baier koordiniert das Nachwuchsprogramm des MC Heilbronn
Gefördert wird Baier unter anderem von ihrem Vater Andreas, der seit fünf Jahren und mit klarem Leistungsgedanken das Nachwuchsprogramm der MCH-Slalomfahrer koordiniert und dessen Fahrer dadurch zu zahlreichen Erfolgen geführt hat. "Der Wolfszipfel kostet Überwindung", weiß Andreas Baier mit Blick auf die für eine Slalom-Veranstaltung ungewöhnliche Streckenführung.
Das Auf- und Ab und die schwer einsehbaren Kurven machen den Parcours anspruchsvoll. "Slalomfahren ist eine Kunst, aber auch Charakterbildung", sagt Baier. Es gebe so wenig Raum für Fehler, dass die jungen Fahrer lernen müssten, mit Druck umzugehen und auf den Punkt Leistung zu bringen, erklärt das MCH-Urgestein.
Der Ilsfelder Nico Gutzeit fährt zweimal Klassen-Bestzeit
Einer dieser Künstler auf vier Rädern ist Nico Gutzeit. Der 18-jährige Fahrer des MCH ist schnell. Schneller jedenfalls als alle anderen in Klasse 3 der Gruppe G - zweimal fährt der Ilsfelder Klassen-Bestzeit. Bereits bevor die Ergebnislisten aushängen, hat Gutzeit "ein gutes Gefühl", wie er mit einem Grinsen verrät. Auch wenn er einen gewissen Heimvorteil genießt, sei die Strecke jedes Mal aufs Neue anspruchsvoll. "Es ist mit den Höhen, Tiefen und den Bodenwellen ein einzigartiger Kurs." Gutzeit kennt ihn aus verschiedenen Perspektiven, sitzt er doch nicht nur selbst hinter dem Lenkrad, sondern gehört als Streckenposten auch zu den rund 60 Helfern der Veranstaltung.

Hannah Jule Baier holt sich sechs Strafsekunden ab
Schnell ist in Klasse SE wenig später auch Hannah Jule Baier. Zu schnell, wie sich beim Aushang der Ergebnisse herausstellt. Zwei berührte Pylonen bringen der Obersulmerin sechs Strafsekunden ein. Zu viel, um ganz oben auf dem Podest stehen zu können. "Ohne die Fehler wäre sie Klassensiegerin geworden", rechnet Vater Andreas vor. Doch weil Slalomfahren zwar eine Kunst, aber kein Konjunktiv ist, nehmen die Siegerpokale an diesem Sonntag andere mit nach Hause.
Ergebnisse des Slalom-Wochenendes auf dem Heilbronner Wolfszipfel
Gruppe G (Seriennahe Fahrzeuge):
1. Jürgen Eymann (Mühlhausen), BMW M2 Competition, 2:01,90 Min.
2. Nico Gutzeit (MC Heilbronn), BMW E36 318ti, +0,26 Sek.
3. Falk Baumgartner (Nordheim), Audi TT 1,8T, +0,56 Sek.
Gruppe F (Moderat verbesserte Fahrzeuge):
1. Timo Maier (ACV MSC Göge), BMW E30 318is, 1:58,49 Min.
2. Andreas Baier (MC Heilbronn), BMW E36 M3, +0,15 Sek.
3. Marcel Pimpl (MC Heilbronn), BMW E36 318ti, +1,68 Sek.
Gruppe H (Stark verbesserte Fahrzeuge):
1. Werner Flik (MC Kirchheim/Teck), BMW E36 Compact, 1:55,96 Min.
2. René Christall (MSC Weinsberg), Simca Rallye 2, +0,24 Sek.
3. Lara Flik (MC Kirchheim/Teck), BMW E36 Compact, +2,86 Sek.
Gruppe SE (Einsteiger):
1. Stefan Körbel (Scuderia Offenbach), Lotus Elise Cup, 2:01,06 Min.
2. Samer Al-Kass (Löffingen), Lotus Elise Sport 220, +0,12 Sek.
3. Gediminas Bilius (Leingarten), Lotus Exige Cup 260, +0,39 Sek.

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