Andreas Krause, ein Ass auf dem Rasen und am Pokertisch
Der Heilbronner Andreas Krause war erst Fußball-, dann Poker-Profi. Selbst Boris Becker wollte am Pokertisch Tipps von ihm. Nun berät er junge Talente auf dem Weg zum Fußball-Profi. Wahrscheinlichkeiten prägen sein Leben.

Serie: Was macht eigentlich...?
Das erste Mal groß rausgekommen ist Andreas Krause bereits als Zehnjähriger. Der "Bild"-Zeitung war der Meimsheimer Steppke 1977 den Titel "Klein-Rummenigge" wert, weil er in 22 Spielen 110 Tore erzielt hatte. Damals eine Rekordmarke. Eine kuriose Karriere folgte. Als 23-jähriger Oberligakicker gelingt Andreas Krause der Sprung zu den Stuttgarter Kickers, damals gerade in die erste Bundesliga aufgestiegen. "Ich habe damals vieles falsch gemacht, bin aber immerhin dorthin gekommen, wovon andere träumen", blickt Andreas Krause (52) auf seine zwei Spielzeiten als Profi mit zwei Erstliga- und acht Zweitligaeinsätzen zurück.
Krause kickt in einer Mannschaft mit Thomas Tuchel (jetzt Trainer Paris St. Germain) und Fredi Bobic (Sport-Vorstand Eintracht Frankfurt), später in Pforzheim ist beispielsweise Markus Gisdol (Trainer 1. FC Köln) sein Mitspieler. Als er merkt, dass es wahrscheinlich nicht mehr für die ganz große Karriere reicht, macht er ein, zwei Schritte zurück. "Ich war oft zu sehr Mannschaftsspieler und habe zu wenig auf meine eigenen Vorteile geschaut", blickt Andreas Krause ohne Reue zurück.
Die größere Karriere folgt auf einem anderen Grün, dem des Pokertisches. Schon als Kind binokelt und geigelt er gerne mit seiner Oma. "Rechnen, Wahrscheinlichkeit, Strategie. Das lag mir", sagt Krause. Mit einem Studienabschluss (Sport und Wirtschaftswissenschaften) in der Tasche, aber ohne konkretes berufliches Ziel, fährt Krause 1999 spontan zu den offenen Europameisterschaften im Pokern nach Baden-Baden. Als Neuling und Außenseiter.
Das Erfolgsmotto: Kopf hoch, Brust raus

Trotzdem kehrt der damals 31-Jährige als Europameister und rund 100.000 Mark reicher wieder heim. Kopf hoch, Brust raus ist seine Devise. An Tischen in Paris oder in Las Vegas gegen international gestandene Pokergrößen funktioniert das. "Ich habe die Gegner verunsichert, in dem ich mein Ding durchgezogen habe, auch wenn ich rückblickend damals viele taktisch falsche Entscheidungen getroffen habe", sagt Krause über sein Erfolgsrezept.
Das Kuriose dabei: "Beim Fußball hatte ich oft Angst, Fehler zu machen. Am Pokertisch hatte ich das nicht, mein großer Vorteil", sagt Andreas Krause. Intuitiv macht er das Richtige, hört auf seinen Bauch. Erst mit der Zeit entwickelt er sich zum Strategen, zum Kopfspieler, der von vielen Automatismen lebt, Wahrscheinlichkeiten abwägt und mit Kalkül operiert. Der Erfolg am Pokertisch wächst weiter. Im Jahr 2007 ist Krause der erste deutsche Pokerspieler, der die summierte Turnierpreisgeldgrenze von einer Million US-Dollar knackt, dazu gewinnt er die europäische Jahresrangliste, wird Europas Spieler des Jahres: "Diese Rekorde machen einen natürlich Stolz."
Mit Boris Becker am Pokertisch
Poker ist nun eine große Sache. Aus dem Hinterzimmer-Spiel wird ein Wohnzimmer-Vergnügen. Selbst Tennis-Star Boris Becker sitzt mit Krause am Tisch, will sich Tipps holen. Poker ist gesellschaftsfähig, ganz ohne den verruchten Ruf früherer Jahre. Als Nummer eins der Europarangliste ist Krause eine große Nummer, die er gar nicht sein möchte. Er versucht Medienpräsenz zu vermeiden. "Die vielen Kameras waren nicht mein Ding, ich wollte herumlaufen, ohne dass jeder ein Foto oder Autogramm möchte. Im Fußball wäre ich gerne bekannt gewesen, im Pokern wollte ich das nie."
Ab 2010 verändert sich das Spiel durch den Internet-Boom, neue Spielergenerationen kommen, sie bringen andere Ansichten mit und überschwemmen den Markt. Die Internet-Kids erobern die virtuellen Pokertische. "Das Pokern hat mich zudem viel Energie gekostet", sagt er rückblickend. Krause zieht sich langsam zurück und startet seine dritte Karriere.
Perspektivwechsel als Fußball-Vater

Sohn Jeremias Lorch ist mittlerweile zu einem hoffnungsvollen Talent beim VfB Stuttgart herangereift. "In dieser Zeit habe ich als Elternteil sehr viel gelernt, wahrscheinlich meinem Sohn damit auch geholfen", erinnert sich Krause. Die Mannschaftskameraden seines Sohns heißen unter anderem Timo Werner, Serge Gnabry, Joshua Kimmich und Davie Selke. Krause lernt den Fußball noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive kennen, als Fußball-Vater. Aus Jeremias wird ein Profi, der mit 18 Jahren in der 3. Liga bei der SG Sonnenhof Großaspach spielt, mittlerweile bei Noch-Zweitligist SV Wehen Wiesbaden unter Vertrag steht.
In Krause reift die Idee, die Erfahrungen aus den ersten beiden Karrieren und die als Fußball-Elternteil zur dritten Karriere werden zu lassen. 2015 gründet er mit Saud Kapur und zwei weiteren Gesellschaftern eine eigene Beratungsagentur, ASK Sportmanagement.
Eigene Agentur in Heilbronn
In Heilbronn betreiben Krause und Kapur ein Büro, vier Scouts gehören noch zum Team dazu. Auch beim Scouting von Nachwuchstalenten geht es um Wahrscheinlichkeiten: "Je besser ich meine Arbeit mache, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Spieler gut entwickeln", sagt Krause. Den häufig benutzen Begriff vom Vertragspoker findet Krause unpassend. "Das ist nur ein minimaler Teil meiner Tätigkeit", sagt er.
Der 52-Jährige berät nicht nur seinen Sohn, sondern auch Regionalliga- und Oberligaspieler, Nachwuchstalente aus Sandhausen, Ingolstadt, Heidenheim oder Großaspach. "Spieler zu finden, die nicht so im Fokus stehen, die aber noch in den Fokus geraten können", lautet die Devise von Andreas Krause. Vielleicht ist ja irgendwann auch der nächste "Klein-Gnabry" oder "Klein-Kimmich" dabei.