Warum die TSG Hoffenheim relativ gelassen zum Spiel gegen den VfB Stuttgart fährt
Ein Sieg, viel Selbstvertrauen und gute Erinnerungen: Das 2:0 in der Europa League hilft der TSG Hoffenheim. Ganz besonders Trainer Pellegrino Matarazzo.

Die Fans der TSG Hoffenheim hatten schon ein Weilchen nichts mehr zu feiern – in der Bundesliga gab es vier Niederlagen in Serie. Umso größer war die Freude am Donnerstagabend nach dem verdienten und ungefährdeten 2:0-Erfolg am zweiten Spieltag der Europa League gegen Dynamo Kiew. Doch die TSG-Fans feierten nach dem Abpfiff nicht etwa den Doppeltorschützen Adam Hlozek mit Sprechchören, sondern: Pellegrino Matarazzo, den unter Druck geratenen Trainer.
Natürlich, wer ein Ohr für seine Spieler haben muss, hat auch ein Ohr für die Fans: „Ich hab’s wahrgenommen“, sagte der 46-Jährige, der die Gefühlsdusche vor der Südkurve der Sinsheimer Arena genoss: „Es tut einfach gut, das Gefühl zu haben, dass man gewollt ist und geschätzt wird.“ Doch schätzt den Italo-US-Amerikaner auch die Führung der TSG, die angeblich schon Sandro Wagner und David Wagner als Nachfolgekandidaten kontaktiert hat? Traut man Matarazzo die Trendwende in der Liga zu, in der für den Tabellen-16. am Sonntag (19.30 Uhr/DAZN) das komplizierte Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart ansteht?
Pellegrino Matarazzos Schutzbehauptungen werden von Kronzeuge Baumann gedeckt
Pellegrino Matarazzo war jedenfalls nach dem Befreiungsschlag erleichtert. „Unser Plan ist aufgegangen. Ich habe eine Mannschaft auf dem Platz erlebt, die wieder geschlossen aufgetreten ist und wieder guten Fußball gespielt hat.“ Er habe kein Team gesehen, das in der Krise steckt – denn das hätte einen ganz anderen Gang, ein ganz anderes Auftreten. Das alles kommt wie eine branchenübliche Schutzbehauptung daher. Aber die 20 351 Augenzeugen können bei diesen Worten nur zustimmend nicken. Aber was sagt die Mannschaft?
Es gibt einen Kronzeugen, dessen Aussage aufgrund Erfahrung von 34 Jahren, der besonderen (Beobachter-) Position im Tor und kraft Kapitänsamtes äußerst glaubhaft ist. Es stimme zwischen Trainer und Truppe, sagte Oliver Baumann und führte aus: „Normalerweise ist die Mannschaft ein Spiegelbild: Wenn du dich komplett hängen lässt, kannst du so ein Spiel nicht machen. Die Fans stehen hinter Rino, genau wie wir. Das spricht für sich.“ Womit der Frontverlauf geklärt wäre: Hier der Trainer, die Spieler und die Fans. Dort die Entscheider mit Mäzen Dietmar Hopp im Hintergrund.
TSG-Fans wettern gegen Andreas Schicker
Die Meinung machenden Fans auf der Südtribüne teilten am Donnerstag auf Plakaten mit, was sie vom vermeintlich neuen Sport-Geschäftsführer der TSG, Andreas Schicker (Sturm Graz), halten: „Schicker, bleib fort“, war zu lesen und „Rino weg, Schicker da, Briel mit Maulkorb – wen wollt ihr verarschen?“ Es bleibt brisant im Kraichgau. Zumal es im Tagesgeschäft Bundesliga brisant weitergeht.
„Die Fans stehen hinter Rino, genau wie wir. Das spricht für sich.“
Oliver Baumann
„Stuttgart ist ein Brett“, sagte Pellegrino Matarazzo über das nächste Spiel und seinen ehemaligen Arbeitgeber, bei dem er von Januar 2020 bis Oktober 2022 tätig war – im Februar 2023 kehrte er zur TSG zurück. Oliver Baumann erwartet „ein schwieriges Spiel“, der VfB sei eine spielstarke Mannschaft. So oder so gehe es darum, an den Auftritt gegen Kiew anzuknüpfen. „Ich hoffe, dass uns das Selbstvertrauen gibt. Es ist schön für die Jungs, dass sie ohne Gegentor geblieben sind.“ Es war das allererste Mal im 15. Spiel der Saison, inklusive Testspielen. In den fünf Bundesliga-Partien häuften sich 15 Gegentore an – (zwei) mehr hat nur Schlusslicht Holstein Kiel. Der VfB hat wiederum mit 14 Toren den zweitbesten Sturm der Liga. Oliver Baumann wird also mit Sicherheit reichlich zu tun bekommen.
Direktes Duell von Baumann und Nübel
Dass es zum Vergleich mit Alexander Nübel kommt, der wie Baumann Kandidat für die Stellvertretung des verletzten Marc-André ter Stegen im Tor der Nationalelf ist, lässt den Hoffenheimer die Schultern zucken: „Wir schießen uns nicht aufs Tor.“ Beim Gastspiel der TSG in der vergangenen Saison in Stuttgart ging der Vergleich an Baumann und Hoffenheim – der Routinier hielt beim 3:2-Sieg überragend. 3:2, das wäre ein gutes Ergebnis für die TSG Hoffenheim. Und noch besser für Pellegrino Matarazzo.