Vereinsboss als „Wichser“ beschimpft? TSG Hoffenheim steckt tief im Schmutz-Schlamassel
Vor dem Bundesligaspiel bei Union Berlin sorgte die TSG Hoffenheim mit einem Gerichtstermin in Heidelberg für Schlagzeilen: Spielerberater Roger Wittmann wehrt sich gegen ein Stadionverbot, nachdem er Vereinschef Jörg Albrecht beleidigt haben soll.
Als Christian Ilzer am Freitagvormittag auf dem Pressekonferenz-Podium im Trainingszentrum in Zuzenhausen über den 1. FC Union Berlin sprach, den Bundesligagegner der TSG Hoffenheim an diesem Samstag, ging es ums Gewinnen. Aber im Kraichgau kann sich momentan allenfalls der Trainer auf den alten Fußballsprruch „Entscheidend is auf’m Platz“ zurückziehen. Die TSG-Bosse hatten am Freitag anderweitig zu tun, beim Landgericht Heidelberg nämlich.
Auch dort soll es letztlich einen Sieg für die TSG geben. Das Gericht hat allerdings im Streit zwischen dem Spielerberater Roger Wittmann und dem Fußball-Bundesligisten noch keine Entscheidung getroffen. Wittmann wehrt sich auf juristischem Weg gegen ein Stadionverbot, das die Spielbetriebs-GmbH der TSG Hoffenheim für die Sinsheimer Arena gegen ihn verhängt hat. Auch das Trainingszentrum in Zuzenhausen darf der Chef der Agentur Rogon nicht mehr betreten.
TSG Hoffenheim begründet Maßnahmen gegen Wittmann mit massiven Beleidigungen
Die Geschäftsführung des Bundesligisten, vor Gericht vertreten durch Andreas Schicker (Sport) und Frank Briel (Finanzen), hält am Verbot fest. Die Versuche der Vorsitzenden Richterin Ute Schneiderat, beide Parteien dazu zu bringen, sich gütlich auf einen Vergleich zu einigen, blieben erfolglos. Am 19. September will das Landgericht eine Entscheidung verkünden.
Im Kern begründet die TSG die Maßnahmen gegen Wittmann mit massiven Beleidigungen gegen Hoffenheimer Funktionäre, die den Wertekanon des Bundesligisten brechen würden. Vor allem habe er den TSG-Vereinsvorsitzenden und Gesellschafter der Spielbetriebs-GmbH, Jörg Albrecht, als „Wichser“ bezeichnet, so das Fachmagazin „Kicker“. Dies untermauerte Sport-Geschäftsführer Andreas Schicker mit einer eidesstattlichen Erklärung. Die TSG konnte zudem auf eine Audiodatei mit der Beleidigung des Hoffenheimer Gesellschafters verweisen, die Wittmann verschickt hatte.

Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp hat sich hinter seinen Freund Wittmann gestellt – jetzt sieht der Milliardär nicht gut aus
Vor dem Heidelberger Landgericht wurde viel Dreck aufgewirbelt. Die Details sind absolut nicht appetitlich. Aber es geht um viel mehr als pikante Wortwahl-Enthüllungen. Roger Wittmann ist ein enger Freund und - wie Kritiker sagen - der TSG zuweilen gar nicht dienlicher „Einflüsterer“ von Milliardär Dietmar Hopp, ohne dessen vieles Geld es den Bundesligisten im Kraichgau gar nicht gäbe. Hopp hat sich zuletzt in einem Sport1-Interview frontal gegen die TSG-Geschäftsführung gestellt und deren Vorgehen gegen Wittmann als „große Schweinerei“ bezeichnet. Der Zoff vor Gericht ist also nur die öffentliche Spitze eines internen Machtkampfs. Hopp selbst hat einen tiefen Keil in sein Werk getrieben.
Trainer Christian Ilzer glaubt allerdings nicht, dass „diese spaltende Frage“ direkte Auswirkungen haben könnte, die sich auf die Bundesligatabelle niederschlagen würden. In der Mannschaftskabine, versicherte der Österreicher, sei der eskalierte Streit zwischen Roger Wittmann und der Geschäftsführung der TSG Hoffenheim „null Thema“. Er selbst, so Ilzer, kriege „das Thema mit, wenn ich mit Andreas Schicker spreche“. Sein Landsmann ist als Sport-Geschäftsführer der TSG mittendrin im Schlamassel. Für Schicker sei es schon „ein Thema, das ihm Energie nimmt, das ihm Arbeitsraum nimmt“, berichtete der Trainer am Freitag in der Pressekonferenz vor dem Hoffenheimer Auswärtsspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) beim 1. FC Union Berlin.
Christian Ilzer nimmt die TSG aktuell positiv wahr. „Es fühlt sich sehr geschlossen an, sehr gemeinsam.“ Nach der von kräftigen internen Turbulenzen und viel Misserfolg geprägten Vorsaison will sich der Hoffenheimer Trainer den Neustart auf keinen Fall durch Einflüsse von außen kaputt machen lassen. Für ihn gelte es, „sich aufs Wesentliche zu fokussieren“. Sein Job sei es, die Mannschaft besser zu machen - gerade nach der tristen Saison 2024/25. „Wir wollen uns mit jedem Spiel weiterentwickeln.“
Die Vorgaben des Hoffenheim-Trainers für das Spiel bei Union Berlin gehen im Negativtrubel beinahe unter
Die 1:3-Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt vor dem Länderspielkorridor hat Ilzer keineswegs irritiert. „Absolut in Ordnung“ sei die Leistung gewesen, wie schon beim 2:1-Auftaktsieg der TSG in Leverkusen. Jetzt müsse man bei Union Berlin „eine mutige, offensive Ausrichtung in uns haben“, zugleich aber einen „extremen Fokus auf gemeinsames, kompaktes Verteidigen“ legen. Man brauche da „eine gute Mischung, eine gute Balance“, dürfe nicht „naiv“ und „zu offen“ agieren.
Christian Ilzer ist keiner, der sich intensiv mit der Vergangenheit beschäftigt. Ihn interessiert vor allem der Weg, der vor ihm zu bewältigen ist. Der Weg in eine bessere sportliche Zukunft beim Kraichgau-Bundesligisten. Aber der Hoffenheimer Trainer hat das 0:4-Heimdesaster gegen Union Berlin in der vergangenen Spielzeit natürlich nicht zur Gänze aus seiner Erinnerung verdrängt. Es sei nun wichtig zu zeigen, dass man besser geworden sei, dass man sich nicht erneut von einer Mannschaft aufs Kreuz legen lasse, „die viel Emotion hat“.
Für den Hoffenheimer Offensivspieler Fisnik Asllani, nach einem famosen Entwicklungsjahr in Elversberg zur TSG zurückgekehrt, ist das Duell mit dem 1. FC Union ein Aufeinandertreffen mit der persönlichen Vergangenheit. „Er ist ein Berliner Junge“, sagte Coach Ilzer. „Er hat ja seine Jugendzeit bei Union verbracht.“ Doch nun sei Fisnik Asllani „für uns ein ganz wichtiger Spieler“.
Roger Wittmann berät aktuell etliche Hoffenheimer Bundesliga-Profis, darunter Stürmer Fisnik Asllani
In beiden bisherigen Bundesligaspielen dieser Saison gehörte der Stürmer zur Startelf der TSG, in Leverkusen erzielte er auch gleich ein Tor und sorgte für die Vorlage zum Siegtreffer. Fisnik Asllani wird im Übrigen von Rogon beraten, der Firma von Roger Wittmann, wie auch die Hoffenheimer Profis Umut Tohumcu, Tim Lemperle oder Arthur Chaves. Wie es vor Gericht mit Wittmann und dem Stadionverbot weitergeht, ist also keineswegs eine Sache, die nicht ins Hoffenheimer Team hineinwirken würde.