Nach Spaniens Finaleinzug: Es geht um den Titel, deutsche Pfiffe sind egal
Nach dem Halbfinalsieg gegen Frankreich will Spanien am Sonntagabend den Finaltriumph bei der EM 2024. Da interessieren deutsche Pfiffe nicht. "Siegen, siegen, siegen, das ist alles, woran wir denken", sagt der 16-Jährige Lamine Yamal.

Das Leben schreibt viele Geschichten, große und kleine. Als die spanische Fußball-Nationalmannschaft das EM-Halbfinalduell mit Frankreich 2:1 gewonnen hatte, war die ganz große Sache natürlich der Einzug ins Endspiel von Berlin. Am Sonntagabend geht es um den Europameister-Titel.
"Wir sind jetzt ganz knapp dran", sagte Dani Olmo von RB Leipzig, der bereits in der 25. Minute das entscheidende Sieg-Tor erzielt hatte. Der 0:1-Rückstand in der 9. Minute durch den Kopfball von Randal Kolo Muani brachte keinen mentalen Knacks. "Wir haben kühlen Kopf bewahrt und unser Spiel weitergespielt", erläuterte Olmo. "Lamine hat dann ein spektakuläres Tor geschossen."
Rekord bei EM 2024: Lamine Yamal wird jüngster Turnier-Torschütze
Das war die zweite große Geschichte des Halbfinal-Abends von München. Der Jüngste hat Spanien wieder auf Kurs gebracht. "Wir hatten nicht erwartet, so früh ein Tor zu kassieren", sagte der 16-jährige Rechtsaußen des FC Barcelona. "Dann habe ich nicht wirklich groß nachgedacht, sondern einfach geschossen." Es wurde ein traumhafter Schlenzer, der über den Innenposten zum 1:1 im französischen Tor landete.
Nie zuvor gab es bei einer EM einen Spieler, der als Torschütze auch nur annähernd so jung war wie Lamine Yamal. Am Tag vor dem Endspiel feiert er seinen 17. Geburtstag. Aber der Youngster redete nach dem Schlusspfiff daher wie ein abgezockter Nationalmannschafts-Veteran: "Ich versuche, einfach nur der Mannschaft zu helfen."
Als Geschenk zum 17. wünscht er sich das Naheliegendste: den EM-Titel. "Siegen, siegen, siegen, das ist alles, woran wir denken."

Rat von Spaniens Nationaltrainer: "Weiter demütig und mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben"
An seine Mama hat der brave Bub aber auch ein bisschen gedacht. "Meine Mutter hat immer gesagt, dass es auch ihr Traum ist, dass ich bei der EM ein Tor mache", sagte Lamine Yamal, der zum Man of the Match gekürt wurde. Nationaltrainer Luis de la Fuente freute sich über den "Geniestreich" des Wunderbubis, hatte aber auch die Worte eines 63-Jährigen parat, der als Coach vieler spanischer Nachwuchs-Nationalmannschaften etliche Shootingstars erlebt hat. "Ich möchte ihm einen Rat mit auf den Weg geben: Ich möchte, dass er weiter demütig und mit beiden Füßen auf dem Boden bleibt."
Das ist bildhafte Sprache, kann aber auch im exakten Wortsinn von Bedeutung sein. So wie bei einer der kleinen Geschichten, die sich am Dienstagabend im Münchner Stadion zugetragen haben. Ein Flitzer musste gebremst werden, als die Spanier den Sieg bejubelten. Und plötzlich wurde Mittelstürmer Álvaro Morata von einem Sicherheits-Mann unabsichtlich abgegrätscht. Autsch!
Grobes Foul nach Abpfiff: Álvaro Morata wird von Sicherheits-Mann umgegrätscht
Der Versuch, ordnend dazwischenzugehen, ging schief. Morata wurde von hinten am Bein erwischt und war erstmal lädiert. "Er ist mit einem unserer Security-Leute zusammengeprallt. Das war schmerzhaft", schilderte Teamkollege Rodri später. Aber es gab vom Betroffenen Entwarnung - mit Humor. "Gelbe Karte und Punkt", sagte Morata über das Foul des ungestümen Ordners. Das EM-Endspiel wird er sich nicht nehmen lassen.
Bleibt als weitere kleine Geschichte noch das Pfeifkonzert gegen Spaniens Marc Cucurella. Oder war das ein großer Skandal fürs Gastgeberland?
Deutsche Pfiffe für Spaniens Marc Cucurella: "Ich bin nicht schuld an irgendwas"
Der Linksverteidiger hatte beim Viertelfinalsieg gegen Deutschland mit dem abgespreizten Arm einen Schuss von Jamal Musiala geblockt, es gab aber keinen Handelfmeter. In München wurde Cucurella nun von den vielen deutschen Fans in der Arena so anhaltend wie gellend ausgepfiffen. Nationaltrainer Luis de la Fuente wollte kein großes Thema draus machen, degradierte die pfeifenden Zuschauer zur Randerscheinung. "Was sie gemacht haben ist, ihn noch mehr zu motivieren. Er ist Profi und weiß mit Druck umzugehen." Marc Cucurella gewöhnte sich schnell an die Begleit-Akustik, wenn er den Ball bekam. "Ich bin nicht schuld an irgendwas", sagte er völlig zu recht. Die Pfiffe hatte ja Viertelfinal-Schiedsrichter Anthony Taylor verdient. "Ich weiß nicht, was sie damit bezwecken wollten, aber so ist es nun mal. Das Wichtigste ist, dass wir im Finale stehen."
Der eine Schritt, der zum EM-Titel noch gemacht werden muss, ist für die Spanier das große Thema. Geschichte schreiben, darum geht es. Da darf man sich nicht in irgendwelchen Geschichtchen verlieren.


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