Martina Tufekovic aus Obereisesheim spielt mit den Bundesliga-Frauen der TSG Hoffenheim live im TV
Die Torfrau der TSG Hoffenheim spielt am Samstag erstmals in der Sinsheimer Arena, auf der Bühne der Männer - live in der ARD.

An Unterstützung wird es Martina Tufekovic nicht mangeln. 43 Eintrittskarten hat sie für Freunde und Bekannte geordert. Mehr als in der Vorsaison für die Champions-League-Partien. "Meine ganze Nachbarschaft aus Obereisesheim kommt", sagt die Torhüterin der TSG Hoffenheim vor dem Bundesliga-Heimspiel am Samstag gegen den VfL Wolfsburg (17.55 Uhr/ ARD).
Zum ersten Mal findet ein Heimspiel der Frauen in der großen Sinsheimer Arena mit seinen mehr als 30.000 Plätzen statt - und nicht im kleinen Dietmar-Hopp-Stadion wie sonst. "Da wird die Aufregung ein bisschen größer sein", sagt die Frau aus Neckarsulm.
Anfang der Woche lag sie noch mit einem Magen-Darm-Infekt flach, Mischlingshund Simba wich daheim nicht von der Seite des Frauchens: "Er hat sich geweigert, mit meiner Mama Gassi zu gehen." An diesem Mittwoch will Tufekovic wieder in die Vorbereitung auf ihre 96. Bundesligapartie einsteigen. "Dieses Spiel verpasse ich ganz sicher nicht", sagt Tufekovic über den Auftritt auf große Bühne. 18 Millionen wie beim EM-Finale im Juli vor dem TV werden es nicht sein, durch die Liveübertragung in der ARD aber wesentlich mehr als sonst bei einem Bundesligaspiel.
Der EM-Sommer bei der Nationalelf war "cool"
Überhaupt England. Das Mutterland des Fußballs spielte in den vergangenen Monaten eine große Rolle im Leben von Martina Tufekovic. Während der Vorbereitung auf die Europameisterschaft im Sommer gehörte sie noch zum DFB-Kader, wurde dann aus dem Aufgebot gestrichen. "Einfach nur dabei zu sein, war schon cool", sagt die 28-Jährige.
Fürs EM-Finale wurde sie vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Nationalspielerin und Teil des Teams eingeflogen, fieberte auf der Tribüne des Wembleystadions bei der knappen Niederlage gegen England mit. "Das war einzigartig, Gänsehaut pur. Einfach wow", blickt sie zurück. Beinahe wäre sie gleich dortgeblieben.
Konkretes Angebot aus der Women´s Super League
Denn im Sommer lag ein konkretes Angebot aus England auf dem Tisch. Die Women's Super League ist wie die Premier League bei den Männern mittlerweile die beste, weil finanzkräftigste Liga der Welt. Martina Tufekovic hat lange gegrübelt, stand kurz vor der Zusage. "Bis zum letzten Moment" habe sie überlegt. Eine Liste mit dem Für und Wider eines Wechsels half bei der Entscheidungsfindung. "Die Liste pro Hoffenheim war länger", sagt sie und lacht. Tufekovic ist heimatverbunden, seit Jugendzeiten Teil der TSG. "Hoffenheim hat mich zu dem werden lassen, was ich bin, mich immer unterstützt", sagt sie.
Sie holte auch den Rat von Torwarttrainer Michael Fuchs bei der DFB-Elf ein. Im Sommer 2023 steht bereits das nächste große Turnier an, die WM in Australien und Neuseeland. Eine Option sei das Ausland danach ja immer noch, sagt Tufekovic. Aktuell macht Spielpraxis in gewohntem Umfeld eine WM-Teilnahme im nächsten Sommer wahrscheinlicher als ein Neustart in unbekanntem Terrain, fernab der Heimat. Schließlich gehört Martina Tufekovic seit fast einem Jahr dem Kader der DFB-Frauen an, meist als Nummer vier.
15 Stunden pro Woche ist die Torhüterin Bürokauffrau
"Mein Weg dorthin war lang und beschwerlich", sagt sie. Der eigene Körper verhinderte frühere Nominierungen. Im Sommer 2017 und Herbst 2019 bremsten zwei schwere Knieverletzungen die einstige Jugendspielerin des VfL Obereisesheim aus, im April 2020 folgte eine langwierige Schulterverletzung. Nach letzterer habe der Gedanke, dass es das jetzt war mit dem Fußball, mehr Raum denn je eingenommen, gesteht Martina Tufekovic.
Dann lief die Reha gut, Martina, die Kämpferin, kehrte ein drittes Mal zurück. Die gesundheitlichen Rückschläge sind ein Grund, warum Tufekovic 15 Stunden die Woche als Bürokauffrau bei Adviva mit Sitz in Heidelberg arbeitet, ein Unternehmen aus der Gesundheitsbranche, das Reha- und Orthopädietechnik anbietet.
Montag bis Mittwoch im Büro - undenkbar bei den Männern
Der andere Grund: "Aus einem reinen Profileben heraus wäre der Einstieg sicher schwieriger", sagt Martina Tufekovic. Montag bis Mittwoch gelingt der Spagat aus Job eins im Büro und Job zwei im Tor eines Fußball-Erstligisten. Undenkbar bei den Männern.
Equal Pay, die geschlechtergerechte Bezahlung von Athleten im Sport ist aktuell ein großes Thema, ganz speziell im Fußball. Was hält sie davon? "Es geht nicht darum, dass wir plötzlich eine Million im Monat verdienen, sondern dass wir ein Gehalt bekommen", sagt Martina Tufekovic.