Uwe Rapolder über seine Karriere: "Ich war halt nie einfach"
Einst trainierte er Mannschaften in der erste Liga. Jetzt spricht Uwe Rapolder im Stimme-Interview über das Zweitliga-Duell zwischen Bielefeld und Stuttgart, über seine Scoutingfähigkeiten und darüber, was ihn mit Jürgen Klopp verbindet.

Seine erfolgreichste Zeit als Trainer im Profifußball erlebte der Heilbronner Fußballlehrer Uwe Rapolder bei Arminia Bielefeld. Der 61-Jährige schaut genau hin, wenn am Freitagabend (18.30 Uhr/Sky) das Topspiel der 2. Bundesliga Arminia Bielefeld gegen VfB Stuttgart heißt.
Der VfB Stuttgart gastiert in Bielefeld zum Spitzenspiel der 2. Liga. Was macht die Arminia aktuell so stark, Herr Rapolder?
Uwe Rapolder: Das ist ein prima zusammengestelltes Team, sehr ausgeglichen, sehr kompakt. Vorne drin sind die Stürmer Andreas Voglsammer und Fabian Klos richtige Waffen. Ich traue der Arminia zu, dass sie auch am Ende der Saison unter den Top fünf steht.
Der VfB Stuttgart hat zuletzt immer gewonnen, allerdings immer wieder auch gewaltig gewackelt. Ist die Spielweise zu riskant?
Rapolder: Es kann nicht sein, dass in jedem Spiel drei Mann alleine aufs VfB-Tor zulaufen. Das müssen sie in den Griff kriegen. Es ist ein anspruchsvolles System, das Tim Walter spielen lässt. Die Spieler schlüpfen immer wieder in andere Rollen, das birgt eben auch Gefahren, öffnet Räume.
Wie geht es aus?
Rapolder: Der VfB hat in Bielefeld immer gut ausgesehen, aber das wird nicht einfach. Wenn das Flutlicht auf der Alm angeht, dann ist das eine ganz besondere Atmosphäre, dann lodert dort ein Feuer. Ich tippe auf ein 2:2.
Bei einem anderen ehemaligem Arminia-Trainer aus Heilbronn läuft es gerade nicht so gut. Rüdiger Rehm steht als Zweitliga-Aufsteiger mit dem SV Wehen noch sieglos da.
Rapolder: Ich weiß aus Wiesbaden, welche Wertschätzung Rüdiger dort erfährt. Wenn so viel gegen dich läuft, dann ist es sehr schwierig. Wehen Wiesbaden gewinnt am Freitag das Heimspiel gegen Osnabrück, und dann gibt es keine Trainerdiskussion.
Was kann in einer Situation, wie sie Rüdiger Rehm derzeit erlebt, denn helfen?
Rapolder: Alle zusammen müssen die Köpfe freibekommen. Einfach mal gemeinsam Abendessen, einen Ausflug auf ein Weingut machen. Man muss sich gerade in solchen Situationen vergegenwärtigen: Fußball ist nicht alles. Wenn ich als Trainer Angst zulasse, dann habe ich schon verloren. Denn die Mannschaft ist immer auch das Spiegelbild des Trainers.
Fühlt man sich als Ü 50-Trainer eigentlich diskriminiert, wenn auf dem Trainermarkt Jugend über alles geht?
Rapolder: Das liegt an den Verantwortlichen und an den Strukturen der Vereine. Sportdirektoren sind heutzutage wichtiger als die Trainer. Ein Trainer hat auch beim Kader weniger Mitspracherecht. Das war vor einigen Jahren noch ganz anders, da waren Trainer viel mächtiger. Ich wollte auch immer sagen, wo es langgeht. Trainersein ist vor allem auch Personalführung. Und da geht nix über Erfahrung.
Sie gelten als Vater des Konzeptfußballs.
Rapolder: Die machen ja heute noch Trainingsübungen von mir beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Eigentlich hätte ich Chefausbilder beim DFB werden müssen (lacht). In Hoffenheim hat neulich Joachim Löw auf der Tribüne zu mir gesagt: "Du musst unbedingt wieder was machen." Aber für mich ist das Kapitel Profifußball schon seit 2015 beendet.
Was machen Sie heute noch im Fußball?
Rapolder: Ich bin im Scouting unterwegs, in Eschelbach haben wir ein Büro. Ich habe zum Beispiel Naby Keita beim FC Istres in der zweiten französischen Liga entdeckt, den hat Ralf Rangnick dann nach Salzburg und später nach Leipzig geholt. Liverpool hat 2018 60 Millionen Euro für ihn bezahlt.
Apropos Ralf Rangnick: Gemeinsam mit ihm und Jürgen Klopp galten Sie in den Jahren 2005, 2006 als die Avantgarde der deutschen Trainerriege. Klopp ist jetzt zum Welttrainer gewählt worden, Rangnick hat Leipzig zu einem Champions-League-Club geformt.
Rapolder: Für einen Flüchtlingsjungen aus Hausen habe ich es weit gebracht. Aber wenn man das so sieht, dann versetzt das einem schon einen Stich, ganz klar. Ich war halt nie einfach. Ich war unbequem. Als ich Jürgen Klopp das letzte Mal getroffen habe, da hat er von weitem gerufen: "Hey, Legende!" Das ist doch auch etwas wert.
War es schwer, Abstand vom Trainerdasein zu gewinnen?
Rapolder: Ich habe zwei Jahre gebraucht, um loszulassen. Aber natürlich sind da Gedankenspiele. Ich bin mir sicher: Wenn ich 2005 statt nach Köln nach Leverkusen gegangen wäre, dann wäre alles anders gekommen. Jetzt brauche ich das Drumherum des Profigeschäfts nicht mehr, auch nicht das ganze Mediale. Neulich habe ich in Mannheim 15 Talente für eine Woche trainiert, da war ich sofort wieder in meinem Element.
Dem Unterländer Fußball mangelt es nicht nur an guten Spielern im Aktivenbereich.
Rapolder: Ich bereue es tatsächlich, dass ich nicht noch einmal als Jugendtrainer hier in Heilbronn angefangen habe. Das hätte ich machen sollen.
Noch ist es nicht zu spät. Sie sind doch erst 61 Jahre alt.
Rapolder: Stimmt (lacht). Aber es muss halt auch passen.
Zur Person
Der Zabergäuer Uwe Rapolder war als Fußballprofi in Belgien, der Schweiz und Deutschland aktiv. Als Trainer verantwortete er unter anderem Waldhof Mannheim, LR Ahlen, TuS Koblenz und den Karlsruher SC in 236 Spielen der 2. Bundesliga. Arminia Bielefeld und den 1. FC Köln betreute er zwischen 2004 und 2006 in 49 Erstligaspielen. Seit seiner letzten Trainerstation bei Drittligist Großaspach (2015) arbeitete der 61-Jährige unter anderem als Motivationscoach für Führungskräfte. Uwe Rapolder lebt in Heilbronn.