Als die Feuerwehr den Bayern heimleuchtete
Das Heilbronner Frankenstadion wurde 1988 für 13,7 Millionen Mark umgebaut. Die Hoffnung der Fußballer auf eine Flutlichtanlage erfüllte sich indes nicht.
Eingeweiht wurde das neue Stadion am 16. August mit dem Spiel einer Heilbronner Stadtauswahl gegen den Bundesligisten VfB Stuttgart. Die Gastgeber unterlagen Klinsmann und Co. mit 1:9. In einem zweiten Einweihungsevent trat am Dienstag, 27. September, der Verbandsligist VfR Heilbronn gegen den damals unbesiegten Bundesliga-Spitzenreiter FC Bayern München an. Die drei Klassen tiefer spielenden Gastgeber siegten sensationell mit 2:1.
Winterzeit
Kurios zeigten sich die Begleitumstände. Als die VfR-Verantwortlichen den Vertrag mit Bayern-Manager Uli Hoeneß abschlossen, war vergessen worden, die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit und das damit verbundene frühere Dunkelwerden zu berücksichtigen. Eine Vorververlegung der Partie war nicht möglich. Und so sprangen die Feuerwehren aus Heilbronn und Öhringen als Freund und Helfer ein, leuchteten mit 15 Großscheinwerfern das Sportgelände aus, so gut es eben ging. Eine bis dahin einmalige Aktion im deutschen Fußball.
Barbeleuchtung
„Wie eine Barbeleuchtung, nur nicht so gemütlich“, kommentierte FCB-Trainer Jupp Heynckes die kuriose Heilbronner Flutlichtpremiere. Auch Uli Hoeneß staunte: „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Das dürfte der heutige Bayern-Präsident auch nach der blamablen Vorstellung seiner Elf gedacht haben.
45000 Mark kostete das Gastspiel der Bayern. Ein sichtlich verärgerter Hoeneß verzichtete freiwillig auf 5000 Mark. „Als Zeichen, dass ich solche Dinge nicht akzeptiere.“ Heynckes wollte die Niederlage hingegen nicht überbewerten und meinte entschuldigend: „Bei uns ist zur Zeit Wies’n, wenn sie wissen, was das ist.“
Einmaliges Erlebnis
Trainer des VfR Heilbronn war zu jener Zeit Ruthard Bitz. „Das war ein einmaliges Erlebnis“, sagt der heute 61-Jährige. „Es war auch ein Stück weit Glück dabei, unser Torhüter Schanzenbach hat überragend gehalten, aber auch der Rest der Mannschaft ist über sich hinausgewachsen.“
Der VfR ging durch zwei Tore von Joachim Schuster 2:0 in Führung. Für die Münchner reichte es unter schummriger Beleuchtung durch einen Kopfball von Olaf Thon nur noch zum 2:1. „Bei Heynckes war die Zornesröte nicht zu übersehen“, erinnert sich Bitz. Dass am Ende nichts mehr passiert ist, dafür hat auch Sigmar Martikke gesorgt. Statt die eine oder andere Minute nachspielen zu lassen, pfiff der Schiedsrichter bereits nach 88 Minuten ab.
Schiedsrichter
Linienrichter waren Klaus Albrecht und Uwe Ralf Heer, der heutige Chefredakteur der Heilbronner Stimme. „Das 1:0 war abseitsverdächtig. Klaus Augenthaler und Hans Pflügler sind auf mich zu gesprintet und haben mich übel beleidigt“, erzählt Heer, der es als Schiedsrichter immerhin auf Verbandsliga-Ebene gebracht hatte. „Schon vor dem Spiel hat Martikke gesagt, bei Bundesliga-Spielern muss man die Ohren auf Durchzug stellen, das habe ich dann auch gemacht.“
Stinkige Münchner
In bester Erinnerung ist die Partie bei Joachim Schuster. „So etwas vergisst man nicht“, meint der Doppeltorschütze. „Eigentlich wollten wir nur die zu erwartende Niederlage in Grenzen halten und nicht zweistellig untergehen. Alle waren dann aber überrascht, dass die Bayern nur mit halbem Gas gespielt haben. Nach dem Abpfiff waren die aber richtig stinkig, auch Hoeneß war angefressen.“
Schuster freut sich auch heute noch über seinen Doppelpack und sagt: „Es gibt nicht viele, die gegen Bayern zwei Tore erzielen.“ Zumindest ein weiterer Unterländer kann da genannt werden. Der Heilbronner Tomislav Maric, aktuell Co-Trainer beim VfB Stuttgart, erzielte am 8. Dezember 2001 für den VfL Wolfsburg beim 3:3 in München einen Doppelpack. Für Schuster war der 2:1-Sensations-Coup ein Highlight, aber „leider nur ein Freundschaftsspiel und kein DFB-Pokalspiel“.
Bis heute hat sich an den Rahmenbedingungen im Frankenstadion nichts geändert. Ein Flutlicht wird auch 2013 vergeblich gesucht. „Wenn der FC Union Heilbronn an das Tor zur Regionalliga klopft, dann gehen auch im Frankenstadion die Lichter an“, sagt der aktuelle Sport-Bürgermeister Harry Mergel. Bezirksliga ist eben noch popeliger als Verbandsliga.
Die Aufstellungen
VfR Heilbronn: Andreas Schanzenbach (85. Jürgen Stricker), Andreas Krause, Armin Braun, Jürgen Schöpf, Bernd Seufert, Uli Ringer, Erwin Kadlubsky (70. Thomas Zimmermann), Dirk Wengert (46. Walter Schröder), Volker Hafendörfer (46. Jürgen Böhler), Andreas Scholl, Joachim Schuster (84. Volker Schmid)
Bayern München: Aumann (46. Scheuer), Winklhofer, Pflügler, Flick, Augenthaler (46. Reuter), Bayerschmid (75. Genach), Eck (46. Kögl), Nachtweih, Johnssen (60. Paseleur), Thon, Wegmann (46. Wolfarth).