Enttäuschende EM trotz Halbfinale: Was den Franzosen bleibt, ist Frust
Angriffs-Superstar Mbappé kommt auch beim Halbfinal-Aus gegen Spanien nicht ins Rollen. Didier Deschamps defensiver Ansatz wird doch noch zum Verhängnis.

Dann lachte Didier Des-champs. Aber es war kein fröhliches Lachen, keines, das von innerem Glücksempfinden erzeugt wird. Der französische Nationaltrainer lachte, weil er diese Frage zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht passend fand. Über seine Zukunft im Job wollte Deschamps in der Pressekonferenz nach dem 1:2 gegen Spanien eigentlich nicht reden.
"Sie sind sehr mutig", sagte er mit einem leichten Kopfschütteln und einem Gesichtsausdruck, der die Lächerlichkeit des Ansinnens aufzeigen sollte. "Sie müssen die Frage meinem Verbandspräsidenten stellen. Ich habe gerade ein Halbfinale verloren. Glauben Sie, dass ich schon…"
Frankreich scheidet im EM-Halbfinale gegen Spanien aus: Deschamps nach Frage gereizt
Dann brach Deschamps, dessen Vertrag bis zur WM 2026 läuft, den Satz ab und sagte dem Reporter direkt ins Gesicht: "Versuchen Sie, die Menschen, die Verantwortung tragen, ein wenig zu respektieren." Er sage das "in aller Ruhe". Es sei auf dem Platz "passiert, was passiert ist. Ich bin hier, um Ihre Fragen zu beantworten. Aber ich werde das heute nicht beantworten." Und überhaupt: "Sie wissen sehr gut, was mein Präsident denkt. Vielleicht hätten Sie mich also gar nicht fragen müssen."
Verbandschef Philippe Diallo sagte vor einigen Tagen über Didier Deschamps: "Wir haben gegenseitiges Vertrauen und eine sehr gute tägliche Zusammenarbeit. Er weiß, dass ich ihm vertraue, weil er die französische Mannschaft zu Höhen geführt hat, die sie in der Vergangenheit noch nie erlebt hatte." Die Europameisterschaft in Deutschland war aber für den Vizeweltmeister von 2022 kein gutes Turnier, trotz der Halbfinalteilnahme.
EM 2024: Defensiver Ansatz der Franzosen schadet der eigenen Offensive
Es fehlte an Offensivkraft, an Torgefahr. Nur mit dem strikten Verteidigungskonzept des Trainers schafften es die Franzosen unter die besten vier Mannschaften der EM. "Eine solide Defensive ist in einem großen Wettbewerb sehr wichtig", sagte Deschamps vor dem Duell mit Spanien. "Aber das reicht nicht aus - wir müssen sicherstellen, dass wir auch in der Offensive effizient sind."
Doch so war es nicht. Es begann sehr gut in der 9. Minute mit dem Führungstor durch Randal Kolo Muani nach Vorarbeit des erstmals wieder ohne Gesichtsmaske spielenden Kylian Mbappé. Aber es kam zu wenig wirklich Gefährliches nach. Also wurde es nach dem spanischen Doppelschlag durch Lamine Yamal (21.) und Dani Olmo (25.) die verdiente 1:2-Niederlage.
Schwacher Mbappé: "Meine EM war ein Misserfolg"
Die Schwäche von Angriffs-Superstar Mbappé machte einen wesentlichen Teil der französischen Probleme aus. Im Halbfinale schoss er in der 86. Minute erstmals aufs Tor - und zielte weit drüber. An einem guten Tag wäre es das 2:2 gewesen. Aber es war kein guter Tag, kein gutes Turnier. Das gab Mbappé offen zu. "Im Fußball ist man gut oder nicht gut. Meine EM war ein Misserfolg." Nur ein Tor gelang ihm, es war ein verwandelter Elfmeter. Nationaltrainer Deschamps haderte nach dem Halbfinal-Aus mit einigen Aspekten. Ein besonders wichtiger: "Wir hatten nicht alle offensiven Waffen." Er versuchte viel während der EM, personell und taktisch, auch im Duell mit Spanien, aber nichts klappte wirklich.
Was blieb, war Frust. "Natürlich ist man enttäuscht, wenn man nicht gewinnt", sagte Kylian Mbappé. "Das ist normal, das ist menschlich." Wunsch und Wirklichkeit passten nicht zusammen. "Ich hatte den Ehrgeiz, Europameister zu werden. Ich hatte den Ehrgeiz, eine gute EM zu spielen. Ich habe weder das eine noch das andere erreicht."
Jetzt heißt es für ihn: Ab in den Urlaub! Didier Deschamps wird den Turnierverlauf derweil intensiv analysieren, denn da war weit mehr Suboptimales zu sehen als sein schwächelnder Superstar. "Kylian hatte vielleicht etwas Probleme. Aber wir suchen keine Ausreden." Es gibt Fragestellungen, die muss der Trainer beantworten, zumindest intern.


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