Zwei Vorreiter in Sachen Klimaschutz
Als das Ehepaar Windisch vor fast 20 Jahren ihre ersten Photovoltaikmodule auf dem Dach installierte, waren sie fast sowas wie Exoten. Heute leben sie vor allem im Sommer praktisch autark.

Das Haus von Herbert und Birgid Windisch sieht auf den ersten Blick aus wie viele in Bad Friedrichshall: Vor dem Gebäude parkt ein Auto, ein weitläufiger Garten lädt zum Entspannen ein. Doch kommt man mit dem Maschinenbauingenieur ins Gespräch, erfährt man, welche Vorreiterrolle im Bereich erneuerbare Energien das Ehepaar bereits beim Einzug vor 20 Jahren eingenommen hat.
"Die ersten Module der Photovoltaikanlage haben wir 2001 in Betrieb genommen", erinnert sich Herbert Windisch. Damals habe er sich mit einem Vereinskameraden unterhalten, der ihm den Tipp gab, sich mit einem Unternehmen im Allgäu in Verbindung zu setzen. "Früher gab es davon ja kaum welche", erzählt Birgid Windisch.
Eine Dachhälfte war schnell voll, 2007 war die andere Seite dran. Die 13 Jahre alten Module sind zwar nicht ganz so groß wie die ersten, können allerdings auch blaues Licht verarbeiten und sind deshalb ergiebiger. Pro Jahr produziert die gesamte Anlage durchschnittlich 3200 Kilowattstunden, in sehr guten Jahren sogar bis zu 3600 Kilowattstunden. "Das ist ungefähr das, was wir selbst verbrauchen", erzählt das Ehepaar.
Ohne Bürokratie geht es nicht
Was im Abstand von fast 20 Jahren recht einfach klingt, war für die Bad Friedrichshaller fast schon ein kleines Abenteuer, denn das Finanzamt wusste nicht, wie es mit einer Photovoltaikanlage bei Privatpersonen umgehen sollte. Deshalb musste das Ehepaar eine Firma gründen. "Seitdem gibt es die Winsolar GbR", sagt Herbert Windisch lachend. Auch bei der IHK sind sie Mitglied, müssen jedes Jahr eine Gewerbesteuererklärung abgeben. Der Strom wird eingespeist, für die alte Anlage werden ihnen 51 Cent, für die neueren Module 49 Cent pro Kilowattstunde gezahlt. Wenn die Förderung 20 Jahre nach Inbetriebnahme Ende 2021 ausläuft, reduziert sich die Summe auf vier bis fünf Cent.
Deshalb hat sich Herbert Windisch bereits nach Alternativen zur Einspeisung umgeschaut. Eine EnBW-Tochter bietet beispielsweise an, den erzeugten Strom in einer Cloud einzuspeisen und ihn sich abzuholen, wenn man ihn benötigt. Eine weitere Möglichkeit: Das To-Go-Prinzip, bei dem der Kunde im Tausch gegen den Strom eine Ladekarte erhält, mit der er sein Elektroauto an den entsprechenden Säulen laden kann. Bisher fährt das Ehepaar allerdings einen normalen Verbrenner. "Wir haben uns schon überlegt, ein E-Auto zu kaufen", erzählt Herbert Windisch. "Aber vielleicht entscheiden wir uns auch erst einmal für einen Hybrid." Er sei sich noch unsicher, wohin der Hase genau laufen wird.
Regenwasser wird für die Toilettenspülung genutzt
Neben den Photovoltaik-Modulen sind auf dem Dach auch zwei Flachkollektoren für die Solartherme installiert. Damit wird vor allem im Sommer das Wasser in dem 500 Liter fassenden Speicher geheizt. "Zwischen Juni und August brauchen wir keine Wärme von außen", erzählt das Ehepaar. Im vergangenen Jahr konnten sie so umgerechnet über 100 Liter Heizöl einsparen.
Der Speicher schaltet sich bei zu hohen Temperaturen automatisch ab, sonst würde das Wasser verdampfen. Außerdem gibt es eine große Zisterne für Regenwasser, an der die Toilettenspülung hängt. Mit der leicht grauen Einfärbung können die beiden gut umgehen. "Für die Waschmaschine nutzen wir sie aber nicht", sagt Birgid Windisch.
Nach ihrem Umzug 1998 habe sich ihr konventioneller Wasserverbrauch ungefähr halbiert. Doch ein so umweltbewusstes Leben erfordert auch Arbeit. "Ich lese regelmäßig ab und schaue nach, ob auch alles funktioniert", sagt der Ingenieur. Man müsse immer mal wieder schauen, ob auch alles in Ordnung sei. Trotzdem kann er jedem Bauherrn nur empfehlen, sich direkt bei den Planungen für ein neues Haus mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. "Wer ausreichend Platz hat, sollte auf jeden Fall darüber nachdenken", sagt er.
Kein alltägliches Dach
Auch die Architektur des Hauses ist besonders. Das Gebäude an sich ist quadratisch, der Dachgiebel geht allerdings über die Diagonale. Ein Teil des Dachs wird als Carport genutzt, auf der anderen Seite dient es als Überdachung für die Terrasse. Der Winkel ist dabei genauso berechnet, dass die Sonne im Sommer nur kurz bis vor das Wohnzimmer reicht. "Im Winter, wenn der Winkel ein anderer ist, lässt das Dach die Strahlen bis in den Raum", erklärt Herbert Windisch. So sparen sie wiederum bei der Heizung.
Für das Haus hat sich das Ehepaar bewusst so entschieden. Damals sei das Ganze ein Experiment gewesen, sagen sie. In ihrem alten Eigenheim wäre ein Umbau mit viel Aufwand und Dreck verbunden gewesen. Jetzt profitieren nicht nur sie von der Entscheidung, sondern auch die Umwelt. Auch dieser Aspekt sei für sie sehr wichtig gewesen. "Und es hat einfach ganz viel Spaß gemacht", sagt Birgid Windisch stolz.

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