Wie verläuft Heiligabend stressfrei?
An die Weihnachtsfeiertage sind hohe Erwartungen geknüpft. Was tun, um unnötigen Stress zu vermeiden? Die Studienergebnisse des Forschers Philipp Rauschnabel über die Vorstellungen zu Weihnachten geben Anregungen.

Das Fest der Feste steht bevor. Viele Menschen machen sich Gedanken, wie Heiligabend perfekt werden kann. Und bringen sich unnötig in Stress. Professor Dr. Philipp Rauschnabel weiß, wie das Fest stressfrei wird. Wichtig sei beispielsweise, dass man sich die richtigen Leute einlädt.
Weshalb haben Sie diese Studie durchgeführt?
Philipp Rauschnabel: Weihnachten ist einfach ein schönes und interessantes Fest mit Tradition. Die Leute reden gerne darüber. Es ist ein Fest, an das man sehr hohe Erwartungen knüpft, viele Menschen stresst es sehr. Außerdem geben die Menschen sehr viel Geld für Geschenke aus.
Was hat Sie am Ergebnis am meisten verwundert?
Rauschnabel: Dass die Kauflust gesunken ist. Für die Menschen war es wegen Corona ein hartes Jahr. Sie sind davon ausgegangen, dass an Weihnachten alles gut ist. Die Erwartungshaltung ist ebenfalls gesunken. Man hat das Gefühl: Die Luft ist raus. Menschen gehen eher nüchtern auf das Fest zu.
Zur Person
Professor Dr. Philipp Rauschnabel, Jahrgang 1984, ist in Flein aufgewachsen und hat das Mönchsee-Gymnasium in Heilbronn besucht. Der Betriebswirt lehrt und forscht an der Universität der Bundeswehr in München. Für die „Weihnachtsstudie 2021“ hat Rauschnabel mit seinem Team 1166 Menschen in Deutschland befragt.
Was noch?
Rauschnabel: Das Ergebnis in Bezug auf das Essen an Heiligabend hat mich fasziniert. Zwei Drittel der Leute sagen, dass gutes Essen wichtig ist. 40 Prozent essen jedes Jahr das gleiche. 28 Prozent wissen nicht mehr, was es im Jahr zuvor gegeben hat. Die Leute investieren sehr viel Zeit ins Essen, zum Teil bereiten sie ein Fünf-Gänge-Menü zu. Und das, obwohl der Tag eh schon stressig ist.
Was sind denn die Stressfaktoren?
Rauschnabel: Viele schmücken den Baum erst an Heiligabend. Das allein dauert ein paar Stunden. Dann geht man noch in die Kirche. Morgens hat man die Wohnung geputzt. Das ist paradox. Abends sitzt man dann im Dunkeln.
Wie verläuft Heiligabend stressfrei?
Rauschnabel: Wir machen uns oft unnötig Stress, schrauben Erwartungen zu hoch und versuchen, die zu erfüllen oder sogar überzuerfüllen. Wer dafür anfällig ist, der macht einen kleinen Projektplan. Was kann ich am Vortag machen und was nicht? Wichtig ist, dass man sich Ruhe gönnt und Heiligabend keine Einkäufe mehr tätigt. Und wenn mal was fehlt, ist das nicht schlimm. Es gibt ja Nachbarn.

Wie möchten Männer, wie Frauen feiern?
Rauschnabel: Weihnachten bedient Geschlechterklischees. Männer sind oft von der Vorweihnachtszeit gestresst und möchten ihre Ruhe haben. Frauen wünschen sich, dass es perfekt ist, dass die Wohnung sauber und alles schön dekoriert ist. Das kann zu Konflikten führen. Deko ist ein wichtiges Thema. Männer finden Deko cool, aber Frauen dekorieren. Was auffällt: Menschen dekorieren sehr viel draußen, für andere. Sie selbst haben nichts davon.
Ein zentrales Thema ist der Christbaum.
Rauschnabel: Der ist eine echte Herausforderung. Viele Menschen glauben, dass er perfekt sein muss. Also gehen sie zu den Christbaumständen mit der größten Auswahl. Dort wägen sie hunderte Bäume gegeneinander ab. Keiner ist perfekt, jeder wird mit dem Ideal und mit allen anderen Bäumen verglichen. Der augenscheinliche Vorteil - viel Auswahl - wird dann zu einem enormen Stressfaktor. Also besser schnell entscheiden. Dekoriert und ohne Referenzbäume im direkten Vergleich fallen kleine Asymmetrien ohnehin nicht mehr auf.
Corona wird auch heuer das Thema sein.
Rauschnabel: Klar, das Diskussionsthema bleibt. Interessant ist, dass sich von den Geimpften 57 Prozent an die geltenden Regeln halten, bei den Ungeimpften sind es 38 Prozent. Ältere Menschen setzen eher auf Impfungen und gehen nicht dorthin, wo Nichtgeimpfte sind. Viele Menschen geben auch an, dass der G-Status entscheidet, wer eingeladen oder besucht wird.
Wie wird es ein schönes Weihnachtsfest?
Rauschnabel: Indem man sich die richtigen Leute einlädt und ein gutes, kein zeitaufwendiges Essen zubereitet. Suppe und Kartoffelsalat kann man am Tag zuvor machen. An Heiligabend bereitet man dann was zu, was schnell geht. Würstchen zum Beispiel. Die sind schnell fertig.
An den Feiertagen folgen die Kalorienbomben.
Rauschnabel: Fleisch ist auf den meisten Tellern, nur acht Prozent geben an, sich an Weihnachten vegetarisch ernähren zu wollen. Nach den Feiertagen folgt das schlechte Gewissen. Viele Menschen recherchieren nach Möglichkeiten, die Pfunde loszuwerden. Das erkennen wir an Google-Anfragen zum Thema Kalorien.
Dann kommt endlich die Bescherung.
Rauschnabel: Hier ist es gut, wenn die Sinne angesprochen werden. Sehen, riechen, fühlen, hören. Was immer gut ankommt, sind nostalgische Dinge, die einen aus der Zeit rausholen. Also die Weihnachtslieder nicht über Alexa abspielen, sondern eine Weihnachtsschallplatte auflegen. Man konzentriert sich eher auf die Musik. Das führt auch zu Ruhe. Oder man schaut sich nach der Bescherung alte Fotoalben oder Dias an.