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Interview
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"Ohne die Familie ist Weihnachten hart"

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Das letzte Mal war Eishockeyspieler Brock Maschmeyer vor fünf Jahren über Weihnachten zu Hause in Kanada. Warum der Familienmensch die Festtage trotzdem genießt und was seine besten Erinnerungen an Weihnachten sind, verrät der 29-Jährige im Interview.

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Brock Maschmeyer ist Familienmensch, liebt Weihnachten und freut sich auf den Tag, an dem er an Weihnachten wieder zu Hause ist.
Foto: Andreas Veigel
Brock Maschmeyer ist Familienmensch, liebt Weihnachten und freut sich auf den Tag, an dem er an Weihnachten wieder zu Hause ist. Foto: Andreas Veigel  Foto: Veigel, Andreas

Brock Maschmeyer lebt seit Jahren mehrere Tausend Kilometer entfernt von seiner Familie in Kanada. Und doch ist der 29-Jährige, der für die Heilbronner Falken in der zweiten Eishockey-Liga spielt, ein Familienmensch. Ein Gespräch über Weihnachten, Geschenke und Kindheitserinnerungen.

 

Herr Maschmeyer, im Radio läuft wieder "Driving home for Christmas" hoch und runter. Wie gerne würden Sie sich ins Auto setzen und losfahren?

Maschmeyer: (lacht) Fahren wird eher schwierig. Aber ich würde es lieben, an Weihnachten nach Hause fahren zu können und meine Verlobte und den Rest meiner Familie zu sehen.

 

Was würde Sie an Weihnachten denn zu Hause in Kanada erwarten?

Maschmeyer: Wir haben am 25. Dezember unseren Weihnachtstag. Was wir aber machen: Wir feiern Weihnachtswochen. Zwei Wochen vor und zwei nach Weihnachten. Wir genießen Familienzeit. Mich erwarten Begegnungen mit allen meinen Familienmitgliedern. Wir sitzen zusammen, reden über alte Geschichten, sehen uns manchmal alte Weihnachtsvideos von uns an. Es ist unterhaltsam. Und einfach schön. Wir spielen Spiele, trinken Kaffee, sitzen um ein Feuer. Bei uns liegt im Gegensatz zu hier auch viel Schnee - das ist noch einmal ein anderes Gefühl.

 

Und wie läuft der Weihnachtstag selbst ab?

Maschmeyer: Als wir noch kleiner waren, sind wir aufgewacht und haben gleich morgens unsere Geschenke zusammen ausgepackt. Danach sind wir zum Haus meiner Großeltern gegangen und hatten ein großes Essen. Am Abend davor, dem Christmas Eve, sind wir immer zu meinen anderen Großeltern gegangen. Eine große Runde mit 14 Enkeln, den Eltern und Großeltern.

 

Gehen Sie zusammen in die Kirche oder spielt das bei Ihnen in der Familie keine große Rolle?

Maschmeyer: Doch. Als wir Kinder waren, sind wir immer in die Kirche gegangen. Seit wir älter sind, können wir selber entscheiden, wie und woran wir glauben. Weihnachten bedeutet für uns vor allem, mit der Familie zusammen zu sein. Wir kümmern uns umeinander, beschützen einander und lieben uns gegenseitig.

 

Wann gibt es Essen - und gibt es auch ein traditionelles Weihnachtsessen?

Maschmeyer: Meistens Truthahn mit Füllung. Die Füllung isst man separat - lecker.

 

Gibt es noch andere Rituale bei Ihnen?

Maschmeyer: Es gibt ein Weihnachtssingen. Man zieht mit anderen Leuten singend durch die Straßen, klingelt bei alten Leuten und verbreitet so Weihnachtsstimmung. Wir machen das als Familie in anderer Form auch bei meinen Großeltern: Wir haben ein dickes Gesangbuch und singen alle zusammen. Früher mit 30 Leuten. Inzwischen sind es mehr.

 

Was war Ihr schönstes Weihnachten als Kind?

Maschmeyer: Gute Frage. Alle? Als Kind versteht man nicht, worum es an Weihnachten geht. Du bist einfach dankbar für die Geschenke. Jedes Weihnachten war als Kind aufregend. Erst wenn du älter bist, verstehst du, wie besonders Weihnachten ist. Da steht die Zeit als Familie im Vordergrund, das Zusammensein.

 

Ist das nicht unfassbar chaotisch mit fünf Kindern?

Maschmeyer: Schon. Aber meine Eltern waren da strikt: Wir sollten sie am Weihnachtstag nicht vor acht wecken. Danach mussten sich alle erstmal hinsetzen, entspannen. Es durfte auch immer nur einer nach dem anderen auspacken. Dadurch haben wir gelernt, auch für die Dinge dankbar zu sein, die andere bekommen haben.

Gab es immer viele Geschenke?

Maschmeyer: Als Kind hat es sich nach viel angefühlt. Inzwischen ziehen wir Lose, wer wen beschenkt. Das ist dann geheim. So kriegt jeder nur noch ein oder zwei Geschenke.

 

Was vermissen Sie am meisten?

Maschmeyer: Die Familie, klar. Es ist hart, die Familie nicht um sich zu haben. Dieses Jahr sind alle meine Geschwister da - nur ich nicht. Aber man muss das Beste daraus machen und die Zeit mit den Menschen genießen, die hier mit mir zusammen sind und feiern. Das sind die anderen Spieler mit ihren Frauen und Kindern. Wir machen ein Essen zusammen und reden. Das ist wie ein guter Tag mit deiner zweiten Familie.

 

Schickt Ihnen Ihre Mutter Care-Pakete mit selbstgebackenen Plätzchen nach Heilbronn?

Maschmeyer: (lacht) Nicht mit Plätzchen. Aber sie schickt Päckchen mit Geschenken und anderen Dingen. Sie versucht, ihre Liebe dadurch zu zeigen. Sie ist sehr liebevoll. Weihnachtszeit ist auch immer ihre Zeit. Sie verwöhnt uns. Selbst wenn wir nicht da sind. Dafür lieben wir sie.

 

Gewöhnt man sich irgendwann daran, ohne die eigene Familie zu feiern?

Maschmeyer: Du gewöhnst dich nicht wirklich daran. Du versuchst, damit umzugehen.

 

Verliert Weihnachten dadurch seinen Zauber?

Maschmeyer: Gar nicht. Es hat sich nur verändert. Wir versuchen, die Tradition beizubehalten und damit den Zauber von Weihnachten. In diesem Jahr kommt meine Verlobte Chelsey am Morgen des 24. Dezember her. Ich hole sie ab, wir fahren zurück zur Wohnung, schauen Weihnachtsfilme, machen heiße Schokolade. Und trinken vielleicht später ein bisschen Glühwein.

 

Gibt es in Ihrer Heimat auch Glühwein?

Maschmeyer: Nein. Ich habe ihn zum ersten Mal in Deutschland auf dem Weihnachtsmarkt probiert und dachte: Wow. Großartig. Seitdem liebe ich Glühwein. Und Weihnachtsmärkte: Sie versetzen dich in die richtige Stimmung.

 

Wie wichtig sind Ihnen Geschenke?

Maschmeyer: Gar nicht. Das größte Geschenk dieses Jahr ist, meine Verlobte bei mir zu haben. Ich habe sie seit August nicht mehr gesehen.

 

Schenken Sie lieber. Oder werden lieber beschenkt?

Maschmeyer: Ich mag schenken. Ich liebe, das Gesicht von jemand anderem zu sehen, wenn er beschenkt wird. Im Gegensatz zu meinem: Mir sieht man es nicht an. Ich denke mir beim Auspacken ganz oft: Wow, das ist großartig. Aber man sieht es nicht. Das ist schwer für die anderen.

 

Sie sind dieses Jahr dran, ihren Vater zu beschenken: Was kriegt er?

Maschmeyer: Er ist zum Glück am leichtesten zu beschenken. Er hat das Kochen für sich entdeckt. Er hat vor Kurzem Spätzle gemacht. Als er das letzte Mal in Heilbronn war, hat er sich alle Zutaten dafür gekauft. Ich wollte ihm also etwas mit Essen schenken. Er bekommt jetzt einen Raclette-Grill. Das können dann alle zusammen machen. Einen Grill auf dem Tisch haben wir in Kanada nicht. Wir grillen draußen.

 

Das beste Geschenk bisher?

Maschmeyer: Puh, das meiste habe ich vergessen. Aber als mein älterer Bruder und ich jünger waren, hat uns mein Dad am Weihnachtstag nach draußen geschickt. Wir hatten da eine kleine eigene Eisfläche auf der Farm mit einer Aufwärmhütte. Wir sind dann in Schlafanzügen raus: Und da standen zwei Eishockeyschläger. Unsere ersten, brandneuen, in einem Stück gefertigten, silbernen Schläger. Das war das Beste jemals.

 

Bleibt die Frage, wann Sie sich wieder ins Auto setzen, um an Weihnachten nach Hause zu fahren?

Maschmeyer: Wenn ich könnte: heute. Aber eines Tages ist es soweit. Und ich freue mich schon jetzt sehr darauf.

 

Zur Person

Seine Urgroßeltern sind einst von Deutschland nach Amerika ausgewandert - am Ende ließ sich die Familie in Kanada nieder: Brock Maschmeyer, Eishockeyspieler der Heilbronner Falken, wuchs mit vier Geschwistern auf einer Farm in Bruderheim in Alberta auf, mitten im Nirgendwo. Seine Eltern sind Getreidebauern, das Eisstadion in der 1300 Einwohner zählenden Kleinstadt ist nach seiner Großmutter Karol benannt. Brock Maschmeyer ist eines von 14 Enkelkindern. Obwohl er deutsche Wurzeln hat und Bruderheim eine deutsche Enklave ist, spricht der 29-Jährige kein deutsch.

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