Schülerin vermisst soziale Kontakte
Corona - Wie geht es an den Schulen weiter? Bei einer Online-Diskussion treffen Schülerin, Lehrer- und Elternvertreter aufeinander.
Die Pandemie stellt die Schulen vor ganz neue Herausforderungen. Gewohnten Unterricht gibt es seit über einem Jahr nicht mehr. Über "Corona - Wie geht es an den Schulen langfristig weiter" diskutieren die Oedheimer Schülerin Jana Gleich, Lehrer-Vertreter Harald Schröder und Zarah Abendschön-Sawall von der bundesweiten Elterninitiative Familien.
>>Hier ist das Video des Online-Forums "Bildung in Coronazeiten" in voller Länge abrufbar
Schülerin fühlt sich im öffentlichen Personennahverkehr unsicher

Die Peter-Bruckmann-Schule kann Jana Gleich zurzeit nur zu Klassenarbeiten besuchen. "Es fehlt auf jeden Fall der soziale Kontakt", sagt die Oedheimerin, die kommendes Jahr ihr Abitur macht. Betritt sie das Schulgelände, muss sie sich erst damit zurechtfinden. "Es ist ein absolut ungewohntes Umfeld." Um vom Oedheim nach Heilbronn zu gelangen, nutzt Jana Gleich Bus und Stadtbahn. "Ich bin skeptisch", fühlt sie sich beim Pendeln mit dem öffentlichen Personennahverkehr unsicher.
In der Schule werden von ihrem Umfeld die Hygienemaßnahmen akzeptiert, auch die Maske. Obwohl sie zugibt: Das Lächeln der Mitschüler vermisst sie. Gut wäre es aus Sicht der Jugendlichen, im Unterricht den Schwerpunkt darauf zu legen, was später wichtig sei. Schwierig einzuschätzen ist für sie, was ihr Abschluss später wert sei. Sie hofft eines: Dass anerkannt werde, was ihre Generation trotz Corona geleistet habe.
Lehrervertreter betont: Schülern müsse klar sein, dass es kein Makel sei
Bildungslücken sind da, gibt Harald Schröder von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu. "Sie müssen wieder geschlossen werden", betont der GEW-Sprecher im Raum Heilbronn. Allerdings betont er: "Gehen wir von 100 Prozent aus?" Man sollte Abstriche machen, denn auch in normalen Schuljahren würden Kinder nie alles lernen. Wichtig ist für ihn, dass die Vorbereitungen auf Abschlüsse laufen. Außerdem sollte man den Fokus auf die Chancen legen, die sich in der Pandemie ergaben. Videokonferenzen, der sinnvolle Einsatz von elektronischen Medien: "Das hätten wir den Schülern nie und nimmer nahegebracht." Man dürfe nicht von einem Makel reden. Die Pandemie sei eine "Naturkatastrophe". Harald Schröder ergänzt: "Wir müssen unseren Kindern und Jugendlichen klar machen, dass es für sie keinen Makel bedeutet."
Alle Lehrer wollten zurück, betont der GEW-Vertreter. "Für die Lehrer ist die Situation des Fernlernens extrem belastend." Harald Schröder möchte trotzdem die Grenzwerte an Neuinfektionen, die für Präsenzunterricht maßgebend sind, nicht beurteilen. Aber: "Ich sehe das Problem bei den Schülern, dass es Kontakte gibt." Das Virus trete zwar bei Kindern weniger stark auf, aber sie können es dennoch übertragen - auch zurück in die Familie.
Lehrer kritisiert, dass nicht in Lüftungsanlagen investiert wird

Kritik kommt von Schröder daran, dass nach einem Jahr Pandemie in den Schulen weiterhin nur aufs Lüften gesetzt werde. Es gebe technische Möglichkeiten, die nicht teuer seien, fordert er Investition in Lüftungsanlagen. Im Herbst und Winter sei es nicht lustig, alle 20 Minuten die Fenster zu öffnen. Geld gebe man den großen Unternehmen, aber bei den Schulen müsse es mit Lüften reichen, kritisiert er staatliche Hilfspakete, die unter anderem an die Lufthansa gingen.
Elterninitiative betont, dass es in der Schule auch um ein soziales Miteinander geht
Schule bedeute nicht nur Bildung, betont Zarah Abendschön-Sawall aus Schwaigern. "Es geht um soziales Miteinander, Teilhabe und einen Lebensraum, der den Kindern und Jugendlichen zurzeit nicht zur Verfügung steht." Andere Länder machten vor, dass es Alternativen zu Schulschließungen gebe. Für offene Schulen hat sich die Initiative erst kürzlich in einem offenen Brief an die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper ausgesprochen. Vor Ort gebe es umfassende Hygienekonzepte. Lehrer seien geimpft. Man müsse überlegen, was die Situation für die Kinder und Jugendlichen neben möglichen Bildungsdefiziten bedeute: Alltagsstruktur brechen seit Monaten weg, sagt sie, das mache Kindern psychisch und physisch zu schaffen.
Ferienkurse lehnt Zarah Abendschön-Sawall ab. Sinnvoller sei, Förderstunden in den normalen Schulalltag zu integrieren - mit Studenten oder außerschulischen Bildungspartnern, "die eine Kleingruppe unterstützen". Soziales Miteinander und Aufarbeitung von Schulstoff solle keine zusätzliche Bürde für Kinder und Jugendliche sein, sondern ein langfristiges Angebot.
Jana Gleich bedauert, dass manches nicht aus der Perspektive der Schüler gesehen werde. Ihr Wunsch für die kommenden Schulwochen: "Dass wir einen verlässlichen Plan bekommen, dass wir etwas haben, woran wir uns festhalten können."