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Schulen richten Fokus sehr stark auf das Miteinander

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Seit mehreren Wochen lernen die Kinder nur zu Hause. Die ersten Unterrichtstage sind besonders, auch den Übergang ins neue Schuljahr haben Schulen bereits im Blick. Besondere Fragen erreichen die Schulpsychologische Beratungsstelle.

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Starke Kinder: Schulen haben im Pandemiejahr die Kinder im Blick. Foto: Coloures-Pic/https://stock.adobe.com/
Starke Kinder: Schulen haben im Pandemiejahr die Kinder im Blick. Foto: Coloures-Pic/https://stock.adobe.com/  Foto: (69730057)

Das Corona-Monate hinterlassen Spuren. Das wissen alle Bildungsexperten, die sich intensiv mit dem Lernerfolg der Kinder befassen. Das Land hat ebenfalls die Förderung im Blick. Wie zu hören ist, soll es diesen Sommer wieder ein Förderprogramm wie vergangenes Jahr geben. Details fehlen allerdings.

Realschule will zunächst das Miteinander pflegen

Wenn die Kinder und Jugendlichen zurück an die Heinrich-von-Kleist-Realschule Heilbronn kommen, steht kein Unterricht an oberster Steller. Die Kinder begrüßen, das Miteinander pflegen, das Soziale erleben, darum gehe es in erster Linie, sagt Rektorin Melanie Haußmann. Sie ist zugleich optimistisch: Stimmen diese Rahmenbedingungen, funktioniert ihrer Ansicht nach auch wieder das Lernen. "Dafür müssen wir die Basisarbeit leisten."

Die ersten Tage nach den Pfingstferien werden an der Realschule heikel. Die Kinder werden vermutlich wieder Präsenzunterricht haben, parallel dazu fallen Lehrerstunden durch die Prüfungen weg. 30 Kollegen des 50-köpfigen Teams seien für Aufsichten gebunden, zählt Melanie Haußmann zusammen. 

Die Neuner bekommen mehr Unterricht

Das Kollegium hat sich bereits damit befasst, wie und was unterrichtet wird. Das Augenmerk liegt auf den Neunern, die kommendes Jahr ihren Abschluss anstreben. "Sie werden mehr Unterricht haben als die Fünfer bis Achter", sagt Melanie Haußmann. Die jüngeren Jahrgänge hätten noch mehr Zeit, verpassten Stoff nachzuholen.

Für die Realschule ist klar, dass sie bereits jetzt das kommende Schuljahr in den Blick nehmen muss. Gap-free, also möglichst fließend, solle der Übergang für die Kinder und Jugendlichen gelingen. Melanie Haußmann weiß, dass dies nicht immer klappen wird - zu so wenig "Geruckel wie möglich" solle es kommen. 

Das sieht Matthias Wagner-Uhl, der die Gemeinschaftsschule in Neuenstein leitet, genauso. "Wir müssen die psychosozialen Aspekte in den Blick nehmen", sagt Matthias Wagner-Uhl, der auch Vorsitzender des landesweiten Vereins für Gemeinschaftsschulen ist. Erst wenn dieser Rahmen stimme, sei überhaupt an Lernen zu denken. An regelmäßiges Lernen, an Präsenz in den Klassenzimmern müssten sich Kindern erst gewöhnen.

Das System Schule allein kann es nicht leisten, die Kinder aufzufangen. "Es braucht eine gute Zusammenarbeit in der Region", blickt  Matthias Wagner-Uhl über den reinen Schulhof hinaus. Froh ist er über erste Ansätze der neuen Kultusministerin Theresa Schopper, die beispielsweise auch Jugendhäuser einbeziehen will.

Hilfe gibt es bei der Schulpsychologischen Beratungsstelle

Hilfe finden, das geht bei der Schulpsychologischen Beratungsstelle in Heilbronn. Dort hat sich die Anzahl an Anfragen zwar nicht verändert, aber die Art der Anfrage. Eltern stünden unter Druck, weil sie Homeschooling und Beruf unter einen Hut bringen müssen. "Häufiger geht es darum, dass Eltern sich um die nachlassende Motivation ihrer Kinder Sorgen machen", sagt Silja Marburger, die die Einrichtung leitet. "Es fehlen die sozialen Beziehungen zu Mitschülern und Lehrkräften." Gerade für die Arbeitsmotivation sei das gemeinsame Arbeiten im Klassenverband mit direkter Rückmeldung durch die Lehrkraft wichtig. "Der Online-Unterricht bietet hier zwar eine Reihe von Möglichkeiten, dennoch kann er nicht das erfüllen, was Präsenzunterricht leistet - trotz großer Bemühungen aller Beteiligten." 

Jugendliche erleben Hoffnungslosigkeit und Langeweile zu Hause

Selbst Schüler gehen von sich aus auf die Beratungsstelle zu, berichtet Silja Marburger. "Es melden sich zum Beispiel Jugendliche, die sich zum Lernen nicht motivieren können. Sie ziehen sich zu Hause zurück, ihre übliche Freizeitgestaltung ist weggebrochen, Arbeiten für die Schule erscheint ihnen häufig sinnlos und ohne Ziel." Die Gefühlslage sei von Hoffnungslosigkeit, Langeweile und manchmal auch depressiven Symptomen geprägt. Bei jüngeren fehlten die Lehrkräfte als wichtige Bezugspersonen sowie die sozialen Kontakte. "Sie sind mit Wochenplänen und der damit verbundenen Selbstorganisation beim Lernen überfordert."

Besondere Sorgen machen den Schulpsychologen jene Schüler, die bereits vor der Pandemie aus ganz unterschiedlichen Gründen dem Unterricht fernblieben oder nur sehr unregelmäßig zur Schule gingen. "Durch die langen Phasen des Homeschoolings wird es sehr schwer, diese Schülerinnen und Schüler wieder in den regelmäßigen Rhythmus der Schule zu bringen." Davon ist Silja Marburger überzeugt.

In den Klassen wird es uneinheitliche Leistungsstände geben

Die Bildungsexpertin geht davon aus, dass die Folgen der Pandemie die Gesellschaft noch lange begleiten werden. "Die Leistungsstände innerhalb jeder Klasse werden noch uneinheitlicher, als sie ohnehin schon sind." Etliche leistungsstarke Kinder profitieren aktuell vom individuellen Arbeiten zu Hause. Die leistungsschwachen Kinder, insbesondere die ohne gute häusliche Unterstützung, fallen weiter zurück." Dies stelle auch die Lehrkräfte vor große Herausforderungen.

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