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Der Bierpreis war und ist bei Volksfesten ein Politikum

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Der Bierpreis sorgt in Festzelten immer wieder für Debatten: Was? Schon wieder 30 Cent mehr? So nörgelt mancher Gast und stößt sich an Kostensprüngen. Der Festwirt spricht indes von einem wichtigem Faktor seiner Gesamtkalkulation. Ein Dauerbrenner.

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Lust und Frust beim Bier: Obwohl auf dem Volksfest kräftig getrunken wird, stoßen sich manche am Bierpreis. Foto: dpa
Lust und Frust beim Bier: Obwohl auf dem Volksfest kräftig getrunken wird, stoßen sich manche am Bierpreis. Foto: dpa  Foto: dpa

Unterländer sind als halbe Schwaben von Natur aus sparsam. Auch wenn sich in der florierenden Region fast jeder ein Auto leistet, jeder zweite ein Häuschen baut und ganz locker Urlaub macht, lebt dieser Menschenschlag im Alltag preisbewusst und reagiert mitunter empfindlich: etwa wenn die Brezel immer teurer wird, wenn es im Besen kein Viertele unter 2,20 Euro gibt - und wenn der Wirt beim Maßpreis im Volksfest draufschlägt. Dann kann mancher Unterländer noch bruddeliger werden, als er eh schon ist. Bedienungen beim Göckelesmaier können davon ein Lied singen. Wie ein Blick ins Stimme-Archiv zeigt, ist der Maßpreis auf der Theresienwiese fast Jahr für Jahr gestiegen: mehr oder weniger parallel zur Inflationsrate. Für eine halbe Reichsmark hat man 1936 die Maß bekommen - und wohl auch ein Schnitzel oder Göckele, respektive Giggerle. 1980 war das mit dem Reißen der Fünf-Mark-Grenze ähnlich. Bereits vor 2001, im letzten D-Mark-Jahr, waren umgerechnet fünf Euro erreicht.

Alles wird immer teurer

Zuletzt - also im Vor-Corona- und Buga-Jahr 2019 - kostete der Liter Volksfestbier 8,60 Euro. Das waren 40 Cent mehr als 2018, so hoch war der Aufschlag selten gewesen. Für Festwirt Karl Maier ist es zwar bis heute "schwer zu verstehen, warum das immer zum Thema wird". Wie aus der Schießbudenpistole geschossen nennt er aber lauter handfeste Argumente. Der Bierpreis sei Teil seiner Gesamtkalkulation: "Personalkosten, Energiekosten, Deko, Musik und nicht zuletzt die hohen Sicherheitsauflagen. Jahr für Jahr wird ständig alles teurer." Und: Qualität habe eben seinen Preis, "wir bieten hier im Zelt nichts von der Stange oder aus dem Discounter".

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Aufrunden für die Bedienung

Eigentlich hatte Maier 2019 wie früher nur 30 Cent draufschlagen wollen. Doch dann stellte er im Frühjahr vor Heilbronn bei Festen in Balingen und Göppingen fest, "dass viele Schwaben bei einem relativ runden Preis wie 8,50 Euro knausern und kein Trinkgeld mehr geben". Bei Preisen wie 8,60 Euro seien viele Gäste eher bereit, auf neun Euro aufzurunden. Dies habe sein 30-köpfiges Bedienungsteam mit Arijana Tomic an der Spitze schließlich auch verdient.

Preisvergleich der großen Feste

Weiter weiß der erfahrene Wirt, dass anderswo "viel mehr verlangt wird". Auf dem Cannstatter Wasen waren beim 2019er Frühlingsfest 10,60 Euro fällig, auf dem Münchner Oktoberfest dürften es bis zu 11,50 Euro sein. Mag der Vergleich mit solchen Top-Events hinken, so weiß Löwenbräu-Brauereichef Peter Theilacker, dass beim Jakobimarkt in Schwäbisch Hall und beim Fränkischen Volksfest in Crailsheim zuletzt 9,20 Euro fällig waren, beim Wimpfener Talmarkt hatte Otto Gollerthan zuletzt 2019 immerhin 8,90 Euro verlangt.

Festbier ist ein besonderer Saft

Der Haller Braumeister Hermann Mayerle gibt zu bedenken: "Festbier ist kein normales Bier, das ist eine Spezialität". Anders als bei Export sei es aus drei verschiedenen Malzen und mit Spezialhopfen gebraut. Die Stammwürze liege bei 12,8 statt bei 12,4 Prozent, der Alkoholgehalt bei 5,4 Volumenprozent, sonst seien es meist 4,8. Mit einer über zwei Sude gebrauten Menge von 60.000 Liter handle es sich um eine "Rarität, eine Spezialität, die es nicht immer gibt". Je nach Festverlauf werde knapp die Hälfte über den Handel vertrieben.

Wo das Bier früher herkam

Die Zeiten, da auf dem Volksfest 90.000 Liter durch die Kehlen von Unterländern und vieler US-Soldaten flossen, sind seit dem Abzug der Army Anfang der 1990er, durch eine wahre Fest-Schwemme und im Zuge des bewussteren Umgangs mit Alkohol längst vorbei. Schnee von gestern sind manche Lieferanten. Einst kam das Bier im Wechsel von den Heilbronner Brauereien Rosenau und Cluss, ab Mitte der 1990er Jahre dann von deren Stuttgarter Mutter Dinkelacker-Schwabenbräu. 2002 bekam Palmbräu aus Eppingen als Regionalmatador den Zuschlag, 2010 schließlich Haller Löwenbräu aus Schwäbisch Hall.

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