Welche Corona-Hilfen das Ministerium von Petra Olschowski leistet
Bis Jahresende, so Petra Olschowski, werden 200 Millionen Euro Unterstützungshilfe ausgezahlt worden sein. Im Interview erklärt die Staatssekretärin, wohin sich Künstler und Kreativschaffende wenden können, um im Dschungel der Hilfsangebote durchzublicken.

Was bereits seit November für die gesamte Kultur gilt, trifft ab Mittwoch auch weite Teile des öffentlichen Lebens. Deutschland macht dicht. Über die Fördertöpfe des Landes Baden-Württemberg und wie lange die Überbrückungshilfen für Kultureinrichtungen sowie freie Künstler laufen, darüber haben wir uns mit der für Kultur zuständigen Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst., Petra Olschowski, unterhalten.
Die Hoffnung, dass Kultureinrichtungen bald wieder öffnen, hat sich angesichts steigender Infektionen zerschlagen. Wie lange laufen die Überbrückungshilfen Ihres Ministeriums?
Petra Olschowski: Es gibt unterschiedliche Hilfsprogramme. Es gibt zum einen die sogenannte Überbrückungshilfe, die wird über den Bund ausgezahlt, nicht über das Land. Sie enthält aber die Landesmittel für den sogenannten fiktiven Unternehmerlohn von 1180 Euro für Solo-Selbstständige.
Was heißt das?
Olschowski: Gleich zu Beginn der Krise hat Baden-Württemberg als erstes Land mit der Soforthilfe für Solo-Selbstständige reagiert. Über diese Überbrückungshilfe kann man als solo-selbstständiger Künstler, aber auch als solo-selbstständige Hebamme oder Journalistin aus Baden-Württemberg den fiktiven Unternehmerlohn beantragen. Das verrechnet der Bund dann mit uns, das Land übernimmt die Kosten.
Das klingt kompliziert...
Olschowski: Ja, das ist kompliziert. Aber diese zusätzliche Leistung des Landes war uns sehr wichtig. Ich beantworte noch kurz die Frage, wie lange die aktuelle Überbrückungshilfe läuft: bis Dezember 2020. Ab Januar gibt es die Überbrückungshilfe III. Und nicht zu vergessen: Es gibt jetzt ergänzend die sogenannte November- und Dezemberhilfe des Bundes, die mit dem aktuellen Lockdown zusammenhängt.
Das ist diese Regelung über 75 Prozent des Vorjahreseinkommens?
Olschowski: Ja, damit können Solo-Selbstständige einen Förderhöchstsatz von bis zu 5000 Euro direkt beantragen. Dabei werden 75 Prozent des Umsatzes des letztjährigen Novembers beziehungsweise Dezembers als Basis genommen.
Ich kann also zusätzlich zu meinem fiktiven Unternehmerlohn November- und Dezemberhilfe beantragen?
Olschowski: Die werden verrechnet. Man kann nicht mehrere Hilfsprogramme in Anspruch nehmen, sondern muss sich den einzelnen Fall genau anschauen. Für viele bietet sich jetzt eher die Novemberhilfe an, außer sie hatten im letzten Jahr keinen Umsatz.
Wohin wende ich mich, um in diesem Dschungel an Hilfen durchzublicken?
Olschowski: Wir haben eine Beratungsstelle eingerichtet, eine Hotline für Fragen rund um Corona-Hilfen. Die Telefonnummer für Künstlerinnen, Künstler und Kreativschaffende findet man auf der Internetseite unseres Ministeriums und auf der Homepage der MFG Baden-Württemberg, der Medien- und Filmgesellschaft. Und wir haben auch einen Überblick über die Hilfen auf unserer Internetseite.
Ab Januar werden die Hilfsprogramme des Landes neu aufgerollt.
Olschowski: Neben den Überbrückungshilfen, die weiter laufen sollen, beraten wir über zusätzliche Programme. Ein Hilfspaket, das es bereits gibt, ist der Nothilfefonds für Kunst und Kultureinrichtungen, der wendet sich nicht an die selbstständigen Künstler, aber an die Theater, Orchester, Museen und an soziokulturelle Zentren, die in Existenznot geraten. Das Budget dieses Fonds beträgt 32,5 Millionen Euro.
Bis Jahresende wird Ihr Ministerium dann insgesamt wie viel Unterstützungshilfen geleistet haben?
Olschowski: Wir haben für Hilfsprogramme, die derzeit laufen, 50 Millionen Euro bereitgestellt. Zusätzlich ist aber deutlich mehr in den fiktiven Unternehmerlohn für Kunstschaffende geflossen. Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende des Jahres 200 Millionen Euro ausbezahlt haben werden.
Schaut die Politik wirklich differenziert hin? Theater, Orchester und Museen sind nachgewiesen nicht die Infektionstreiber gewesen, vielmehr sichere Orte. Auch dank strikter Hygienekonzepte, die erarbeitet wurden.
Olschowski: Die Kultureinrichtungen haben fantastische Hygienekonzepte entwickelt, dank derer Kultur zwischen Mai und Oktober überhaupt stattfinden konnte.
Aber?
Olschowski: Die Kultureinrichtungen und Kinos haben daran gearbeitet, dass sie möglichst sichere Orte sind. Tatsächlich aber können seit Mitte Oktober 75 Prozent der Infektionen nicht mehr rekonstruiert werden. Wir wissen einfach nicht, wo die Infektionen stattfinden, theoretisch auch in einer Kultureinrichtung oder auf dem Weg dorthin. Man beamt sich ja nicht ins Theater und wieder nach Hause.
Trübe Aussichten also.
Olschowski: Die Kultureinrichtungen sind ja nicht komplett geschlossen wie im März, sondern nur für den Publikumsverkehr, also den Spielbetrieb. Die Proben laufen weiter. Die Museen arbeiten an neuen Ausstellungskonzepten und Vermittlungsprogrammen. Auch kann man Vorstellungen streamen.
Gibt es eine Strategie fürs neue Jahr?
Olschowski: Es herrscht Konsens unter den Kulturministerinnen und -ministern der Länder, dass, sobald Lockerungen denkbar sind, die Kultureinrichtungen zu den Ersten gehören, die geöffnet werden sollen. Wir arbeiten an Öffnungsstrategien, die wir den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin vorlegen.
Zur Person
Petra Olschowski, 1965 in Stuttgart geboren, studierte nach einer Lehre zur Einzelhandelskauffrau im Kunsthaus Schaller an der Uni Stuttgart Kunstgeschichte und Germanistik. Sie war Redakteurin bei der "Stuttgarter Zeitung", von 2010 bis 2016 Rektorin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und von 2013 bis 2016 Vorsitzende des Württembergischen Kunstvereins. Im Kabinett Kretschmann II ist Petra Olschowski seit 2016 Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.
Info zu Corona-Hilfen
Auf der Homepage unter www.mwk.baden-wuerttemberg.de.
Die Hotline unter 0711 90715 413 ist von Montag bis Freitag 10 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr erreichbar.