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Das Olympia-Dreieck der Neckarsulmer Schwimmerin Annika Bruhn

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London – Rio – Tokio: Schwimmerin Annika Bruhn aus Neckarsulm spricht über ihre dritten Olympischen Spiele, Erinnerungen an die Premiere auf der Insel und mulmige Gefühle in Brasilien. Eine persönliche Zeitreise mit der 28-Jährigen.

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Alles geht ganz schnell. Eine Kurzbahn-Europameisterschaft als erster Blitz-Einsatz, das ist es für Annika Bruhn auf der internationalen Bühne auch schon gewesen. Keine EM mit Mehrfachstarts und Weltmeisterschaften als Probedurchgang oder zum Kennenlernen der großen Schwimm-Szene. Dann das: Mit 19 Jahren qualifiziert sich die junge Frau aus Ingersheim, die einige Jahre in Saarbrücken trainiert, für Olympia! Die ersten Spiele. London 2012. „Das war der mega Wow-Effekt“, erinnert sich die Schwimmerin der Neckarsulmer Sport-Union. Damals ist sie Mitglied der 4 x 200 Meter Freistil-Staffel, wird Elfte und kommt beim weltgrößten Sportereignis aus dem Staunen kaum heraus.

Schreie bei jedem Atemzug

Süße 19 und schon bei Olympia dabei: 2012 wird Annika Bruhn (links) mit Theresa Michalak, Daniela Schreiber und Silke Lippok im Londoner Aquatics Centre mit der 4x200 Meter Freistil-Staffel Elfte.  Foto: dpa
Süße 19 und schon bei Olympia dabei: 2012 wird Annika Bruhn (links) mit Theresa Michalak, Daniela Schreiber und Silke Lippok im Londoner Aquatics Centre mit der 4x200 Meter Freistil-Staffel Elfte. Foto: dpa  Foto: Michael Kappeler (dpa)

„Die Atmosphäre war grandios. Die vielen Leute auf den Zuschauerrängen, die gingen ja gefühlt über die Decken“, erzählt Annika Bruhn und erinnert sich: „Meine Mutter hat noch eine Zuschauerkarte bekommen, aber sie hat das Becken gar nicht gesehen, weil sie irgendwo hinten beim Sprungturm war – ganz weit entfernt. Bei meinem Rennen ist sie extra die Stufen runter an ein Geländer und hat mal geschaut. Das war echt komplett verrückt.“ Für Annika Bruhn ist dieses Erlebnis Genuss pur.

Sie bekommt die Geschehnisse um sie herum bewusst mit, erlebt die Kulisse mit allen Sinnen. „Bei jedem Atemzug habe ich die Leute schreien hören, dann war der Kopf wieder im Wasser – Stille. Wenn ich ihn wieder rausgemacht habe, kam wieder ein Schwall der Schreie.“ Um all das in sich aufzusaugen, gibt sich Bruhn in der Phase vor ihrem Start nur selten Musik auf die Ohren. Die Halle wirkt auf sie, motiviert sie.

Nachts nicht umherschleichen

Erster Einzelstart bei den Spielen in Rio: 2016 platziert sich Annika Bruhn über 200 Meter Freistil als 20.  Foto: dpa
Erster Einzelstart bei den Spielen in Rio: 2016 platziert sich Annika Bruhn über 200 Meter Freistil als 20. Foto: dpa  Foto: Michael Kappeler (dpa)

Vier Jahre später erlebt Annika Bruhn bei ihrer zweiten Olympia-Teilnahme die zahlreichen Facetten von Rio de Janeiro. Sportlich sind sie geplant, diesmal kommt zur 4 x 200 Meter Freistil-Staffel (Platz zwölf) sogar noch ein Einzelstart über 200 Meter Freistil mit Rang 20 dazu. „Jede Olympischen Spiele sind anders“, sagt die Studentin für Prävention und Gesundheitsmanagement, „daher lassen sie sich nie so richtig miteinander vergleichen. Aber London hat mir schon ein Stückchen besser gefallen als Rio. Da war die Atmosphäre eine andere, weil man sich in London viel freier bewegen konnte. In Rio war alles aufgrund der Situation in Brasilien ein bisschen eingeschränkter.“

Die Kriminalitätsrate ist hoch, touristische Besuche in einigen Favelas sind nicht empfehlenswert. Daher meint Annika Bruhn: „Da muss ich mich nachts nicht irgendwo rumtreiben, da beschleicht einen immer ein etwas mulmiges Gefühl. Das fand ich schade, dass man nie so richtig frei war. Aber trotzdem waren es mega Spiele.“

Neugierde auf Tokio – trotz Corona

Auf dem Sprung nach Tokio: Annika Bruhn ist auf die besondere Situation in Japan vorbereitet. Foto: dpa
Auf dem Sprung nach Tokio: Annika Bruhn ist auf die besondere Situation in Japan vorbereitet. Foto: dpa  Foto: Ian Rutherford (PA Wire)

Im März 2018 wechselt Annika Bruhn nach Neckarsulm, trainiert bei der Sport-Union auf die Spiele in Tokio. Die Absage wegen der Corona-Pandemie wenige Monate vor der Eröffnungsfeier wirft viele Fragen auf. Zahlreiche Athleten fallen in ein emotionales Loch – auch Annika Bruhn sortiert ihr Sportlerleben neu. Sie entscheidet sich, noch ein Jahr weiterzumachen und qualifiziert sich ein drittes Mal für Olympia. Wissend, dass das Spektakel in Japan ohne internationale Zuschauer stattfindet, dafür die Corona-Maßnahmen und Hygienebestimmungen besonders streng sein werden.

Mit der Sportpsychologin Ann-Katrin Schmidt bereitet sich die 28-Jährige auf diese Situationen vor, ist auf lange Wartezeiten, zahlreiche Tests und besondere Umstände eingestellt. „Ich bin echt gespannt, ich will nicht so mega Erwartungen haben, sondern lasse mich darauf ein“, sagt Annika Bruhn. „Und ich gehe davon aus, dass sich die Japaner trotz Corona irgendwas Cooles ausgedacht haben, dass es etwas Besonderes wird.“

Die Freistil-Spezialistin ist erneut über die 200-Meter-Distanz qualifiziert und wird mehrere Staffel-Einsätze haben. Ein großes Plus: Ihre Erfahrung. „Ich bin viel sicherer geworden, weiß, wie es bei Olympischen Spielen abgeht. Aber ich werde trotzdem Tokio wie alle anderen auch das erste Mal so erleben, genauso überrascht, neugierig und vielleicht aufgeregt sein.“

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