War Elvis Presley als Soldat in Heilbronn? Auf den Spuren des King of Rock 'n' Roll
Eine ungewöhnliche Leserfrage weckt die Neugier unserer Redakteurin. War Elvis Presley in seiner Zeit als Soldat tatsächlich auch mal in Heilbronn in der Weinstube Braun zu Besuch? Eine ausgiebige Suche nach Spuren des King in der Region.
Mit Elvis verband mich bislang nicht viel, nur ein Datum. Am 16. August 1977 wurde mein Vater 32 Jahre alt. Am 16. August 1977 starb Elvis im Alter von 42 Jahren. Drei Monate später kam ich auf die Welt. Ich hatte Elvis folglich niemals live erlebt und diese entgangene Möglichkeit bislang als nicht so dramatisch erachtet.
Doch die Leserfrage nach dem Besuch des "King" in einer Heilbronner Weinstube faszinierte mich sofort. Ob Elvis in seiner Zeit als Soldat tatsächlich mal in der Weinstube Braun eingekehrt sei, um sich dort ein Lunchpaket abzuholen, lautete die Frage, die uns ein Leser auf Facebook stellte. Eine Geschichte, so beschreibt es der Leser, die ihm sein Stiefvater erzählt habe. Leider könne man diesen dazu nicht mehr befragen, er sei seit zwölf Jahren tot.

„Yul Brunner war hier, warum nicht auch Elvis?“
Evis in Heilbronn, wenn einer davon gehört haben musste, dann Redakteurs-Urgestein Joachim Friedl. Seit 1977 im Dienste der Heilbronner Stimme kennt er jeden berühmten Kopf, der jeweils in Heilbronn weilte. Aber nein, er schüttelt bei meiner Frage den Kopf, davon habe er noch nie gehört. „Aber wir hatten schon viele Promis in Heilbronn, Yul Brunner war hier, Brigitte Bardot, warum nicht auch Elvis?“
Dass Elvis Presley als junger Wehrpflichtiger knapp zwei Jahre im Süden Deutschlands stationiert war, ist zumindest schon mal Fakt. Von Oktober 1958 bis März 1960 war er in den Ray Barracks im hessischen Friedberg stationiert. Gewohnt hat er nicht in der Kaserne, sondern mit seinem Vater, einer mitgereisten Köchin und seinen Leibwächtern zunächst in einem Hotel in Bad Homburg, dann in einem Haus zur Miete im nah gelegenen Bad Nauheim. Das war übriges gar nicht seinem damals schon vorhandenen Weltruhm geschuldet. Im Ausland stationiert stand dieses Recht jedem US-Soldaten zu, vorausgesetzt, er konnte es sich leisten. Dies war bei einem überschaubaren Sold als einfacher Gefreiter allerdings nur sehr selten der Fall
Elvis kam ganz schön herum im Süden Deutschlands
Elvis dagegen konnte sich das leisten. Er konnte sich auch diverse Autos zulegen, mit denen der junge König des Rock 'n' Roll gerne die Gegend erkundete. Tatsächlich kam Presley während seiner Zeit in Deutschland viel herum. Wo genau, das lässt sich beispielsweise auf der Homepage von Elvis-Fan Andreas Stecker herausfinden. Akribisch und mit Quellhinweisen belegt werden dort alle Stationen des King in Deutschland aufgelistet. Alle bekannten Stationen zumindest. Frankfurt, München, Mannheim und Wiesbaden sind dabei, schließlich lernte er in letztgenannter Stadt auch seine spätere Frau Priscilla kennen. Aber auch Orte wie der Gedener See sind gelistet, an dem Elvis sich zur Trauer zurückgezogen hatte, nachdem seine Mutter Gladys starb, oder Usingen im Taunus, wo er gelegentlich in der Herrenmühle speiste oder das kleine Heimertshausen im mittelhessischen Vogelbergskreis. Dort war Elvis während eines Truppenmanövers unterwegs, blieb einem Zeitzeugen und einem Beweisfoto nach ganze zwei Stunden. Das reicht aber vollkommen aus, damit heute noch ein Namensschild an einer Brücke im Ort daran erinnert.
„Persönlich sicher, dass Elvis in Heilbronn war“
Heilbronn taucht in der Liste aber nicht auf. Auf meine Nachfrage hin meldet sich der akribische Elvis-Historiker Stecker allerdings mit ermutigenden Worten: „Ich persönlich bin mir sicher, dass Elvis im Laufe des Wintermanövers während seiner Erkundungsfahrten vom Truppenübungsplatz „Baumholder“ aus auch nach Heilbronn gekommen ist. Seine Erkundungsfahrten lagen in der Regel bei 250 bis 300 Kilometer. Früher oder später werden auch Bilder von Elvis in Heilbronn auftauchen, da bin ich mir sicher.“
Die „Operation Wintershield“, wie dieses Wintermanöver hieß, könnte Elvis tatsächlich bis nach Heilbronn geführt haben. Im Januar 1960 war Presley Teil dieser großangelegten Nato-Übung, an der über 60.000 Mann, deutsche und amerikanische, teilnahmen. Stützpunkt der Übung war Grafenwöhr nahe der tschechischen Grenze, aber auch der Truppenübungsplatz Baumholder in Rheinland-Pfalz. Im Zuge des vierzehntägigen Manövers bewegten sich die Truppen sogar in den Schwarzwald, bis an die Schweizer Grenze. Elvis war während des Manövers als Panzerspäher oft im offenen Jeep unterwegs, mitten im kalten deutschen Winter. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich das hasse", soll er einmal zu Kameraden gesagt haben. Kam er vielleicht, bei einem seiner Aufklärungsfahrten, auch nach Heilbronn und führte ihn dann sein Weg ausgerechnet zur Weinstube Braun?

Hier gibt es die Liste der Orte, die Elvis gesichert besucht hatte: https://goo.gl/maps/ccUaeTthka8QbRkP6
Eine kleine Gaststätte mit zwei Räumen
Spätestens jetzt ist es also an der Zeit, sich den potenziellen Aufenthaltsort von Elvis in Heilbronn genauer anzusehen. Von Weingut-Besitzer Paul Braun 1950 direkt neben seinem Wohnhaus in der Einsteinstraße im Heilbronner Osten erbaut, war die „Weinstube Braun zum Wannental“ eine kleine Gaststätte mit einer Mini-Küche und zwei Räumen, in den vier Tische Platz fanden, so steht es im Archiv unserer Zeitung. Leider verstarb Paul Braun bereits 1960.
Heute wird das Lokal von Lamduan Bokkaew geführt, die mir in dieser Angelegenheit aber nicht weiterhelfen kann. „In der Zeit, seit 2014, in der wir die Weinstube betreiben, hat uns noch nie jemand in irgendeiner Weise auf ein solches Gerücht angesprochen oder uns eine entsprechende Geschichte erzählt,“ teilt sie mir mit. Peter Braun, Urgroßenkel des Lokalgründers und Betreiber des gleichnamigen Weingutes, weiß da etwas mehr: „Ach, ja, da gab es so eine Geschichte. Der Urgroßvater hat sowas erzählt, Gäste haben uns auch manchmal darauf angesprochen. Aber das hat niemand ernst genommen, es hat ja von amerikanischen Soldaten in der Stube nur so gewimmelt.“

Wurde Elvis' Autogramm Opfer der Renovierung?
Tatsächlich lag direkt neben der Weinstube die US-Kaserne Badenerhof, die mittlerweile längst einem Wohnviertel Platz gemacht hat. Und, wie es ein Stimme-Artikel aus dem Jahr 1997 schildert, war die Weinstube Braun gut frequentiert von Soldaten. Die zwei Tische im „Schwarzen Zimmer“ waren fest in der Hand der US-Soldaten. Dort sollen auch zahllose GIs ihren Namen oder eine Botschaft in den schwarzen Holzverschlag geritzt haben, der dem Zimmer seinen Namen gab. Leider ist dieser schon längst einer gediegenen Holzvertäfelung gewichen. Sollte also jemals Elvis Presley seinen Namen hinterlassen haben, wurde sein Autogramm Opfer der Renovierung.
Belegt ist auf jeden Fall, dass auch US-Soldaten, die in Heilbronn stationiert waren, an der "Operation Wintershield" teilnahmen. Zum Beispiel der damals 19-jährige Private First Class Michael W. Gaebe, Soldat im Sanitätsdienst, dessen Name im Crystal Lake Herold am 11. Februar 1960 in diesem Zusammenhang auftaucht. Gab vielleicht ein in Heilbronn stationierter GI dem King den entscheidenden Tipp, bei einer Aufklärungstour in der Weinstube Braun einzukehren und dort eine Wegzehrung mitzunehmen? Denkbar wäre es allemal.

Elvis-Euphorie überall
Denkbar ist aber auch, dass die Euphorie um Presley, die mitunter auch Soldaten befiel, eine kleine Legende um einen berühmten Sänger in einer Heilbronner Weinstube formte. Dass seine amerikanischen Kameraden insgeheim auf ein Treffen mit dem Star hofften, zeigt diese nette Anekdote eines ehemaligen GIs namens William Whittaker auf einer amerikanischen Webseite von US-Veteranen, der zur selben Zeit in Deutschland stationiert war wie Presley: „Einer meiner Gänsehautmomente war, als ich mit meiner Einheit in unserem Transporter auf der Autobahn unterwegs war und uns ein großer Konvoi auf der anderen Fahrspur entgegen kam. Jemand erkannte dort die gleiche Nomenklatur wie bei Elvis´ Einheit, und wir alle wussten, dass Elvis der Fahrer des Kompanieführers war und im Aufklärungsjeep vorneweg fuhr. Also winkten und schrien wir dem Jeep entgegen, und Elvis fuhr mit einem breiten Lachen vorbei, rief ‚Hi‘ und zwinkerte uns zu.“
Elvis auf der Buga
Nachzulesen bei diversen Quellen wie beispielsweise dem Buch „Private Presley“ von Andreas Schröer ist auch, dass der Soldat Elvis keinerlei Allüren zu haben schien und sich wie jeder andere benahm, ja sogar Privilegien ausschlug. Mit dem Unterschied, dass er normalerweise, egal wo er hinkam, von Fans umlagert wurde, dann meistens geduldig und freundlich Autogramme gab und auch für Fotos posierte. Leider fehlt bislang genau dies, ein Foto von Elvis in Heilbronn, welches jede Spekulation sofort beenden würde. Damals aber waren Fotoapparate noch Luxusobjekte und eher selten im Gepäck, wenn man mal eben auf einen Trollinger zur Weinstube aufbrach.
Ein Glück vielleicht für Elvis' Privatsphäre, Pech für die Heilbronner. Was hätte man marketingtechnisch nicht alles damit anstellen können. Statt Karl hätte ein pinker Elvis die Buga 2019 zieren können, statt dem Käthchen hieße es vielleicht überall der King von Heilbronn und die Weinstube Braun wäre das Mekka von Millionen Fans geworden, die aus allen Himmelsrichtungen dorthin pilgern, wo einst Elvis sein Lunchpaket bestellte, bevor er „Muss I denn zum Städele hinaus“-trällernd wieder in seinen Jeep stieg und davon brauste.
Also liebe Leser, schauen Sie lieber nochmal nach in ihren verstaubten Alben, in den Kisten auf dem Dachboden, hinter den Schränken, bei den Großeltern im Keller. Vielleicht finden Sie ihn ja, den endgültigen Beweis für Presleys Besuch in Heilbronn. Wenn nicht, dann bleibt uns zumindest dieser schöne Mythos um Elvis Presley in der Weinstube Braun.