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Wie sich Kinder- und Jugendchöre sowie -orchester in der Corona-Krise behaupten

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Der Breitenkultur ist während des zweiten Lockdown das Proben und Auftreten verboten. Manche Chöre und Orchester haben sogar seit März nicht mehr zusammen musiziert. Andere Ensembles wiederum haben neue digitale Möglichkeiten für sich entdeckt.

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Eine Chorprobe, bei der die Sängerinnen und Sänger dermaßen nah beieinander stehen? Aufgrund des Coronavirus undenkbar. Zudem ist derzeit der Breitenkultur im zweiten Lockdown das Proben und Auftreten verboten.
Foto: highwaystarz/stock.adobe.com
Eine Chorprobe, bei der die Sängerinnen und Sänger dermaßen nah beieinander stehen? Aufgrund des Coronavirus undenkbar. Zudem ist derzeit der Breitenkultur im zweiten Lockdown das Proben und Auftreten verboten. Foto: highwaystarz/stock.adobe.com  Foto: highwaystarz/stock.adobe.com

"Singen ist ein wichtiges Kulturgut", sagt Gerald Kranich, Präsident des Chorverbands Heilbronns. Doch das gemeinsame Singen und Musizieren ist in Zeiten von Corona - und insbesondere während des zweiten Lockdowns - nicht einfach. Während professionelle Ensembles unter Einhaltung der strengen Abstands- und Hygieneregeln weiterhin proben dürfen, gilt für die Breitenkultur aktuell ein Veranstaltungs- und Probenverbot. Ausgenommen davon ist Musikunterricht, den auch Vereine nach den geltenden Regeln des Kultusministeriums für den Musikschulbereich durchführen dürfen. Wie gehen in der Region die Chöre und Orchester für Kinder und Jugendliche damit um?

"Das ist relativ schnell erklärt: Seit dem ersten Lockdown haben wir gar nicht mehr geprobt", sagt Michael Ottenbacher, Sprecher des Verbandsjugendorchesters (VJO) Heilbronn. Etwa 65 Musiker aus dem Landkreis Heilbronn spielen in dem Auswahlorchester des Blasmusikkreisverbandes. Diesen Freitag hätte eigentlich das Jahreskonzert stattfinden sollen. Ottenbacher hofft nun, dass im kommenden Frühjahr das Proben wieder möglich sein wird - und alle Mitglieder weiterhin dabei bleiben.

Im Sommer konnte draußen musiziert werden, im Winter wird der erhöhte Platzbedarf zum Problem

Seit dem ersten Lockdown hat auch Gisela Dorsch, stellvertretende Vorsitzende des Jugendblasorchesters (Jubo) Neuenstein, ihre knapp 25 Mitglieder der Kids-Gruppe nicht mehr gesehen, die rund 30 fortgeschrittenen Musiker des Jubos haben im Sommer immerhin bei ihr im Garten ein bisschen gemeinsam musizieren können. Dafür wurden extra Stühle und Sonnenschirme herbeigeschafft. Die Vereinsräume seien bei den gebotenen Sicherheitsregeln nämlich zu klein, so Dorsch. "Blasmusiker müssen zueinander ja viel mehr Abstand halten. Wir bräuchten 250 Quadratmeter", ergänzt die Jubo-Vorsitzende Astrid Schuh.

Um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken, so berichtet Schuh weiter, haben Jubo-Mitglieder außerdem zwei Lieder aufgenommen. Dazu mussten die Einzelbeiträge nachträglich am PC zusammengebastelt werden. Das ist auch zu Weihnachten wieder geplant. "Die Lieder werden nicht veröffentlicht, sondern sind nur für den Hausgebrauch", sagt Schuh.

Mit Durchhalteparolen die Mitglieder bei Laune halten

Bleibt geduldig, übt zu Hause: Per WhatsApp-Nachrichten und Mails richtet Sandra Vischer, erste Jugendleiterin der Stadtkapelle Eppingen, Durchhalteparolen an das Schüler- und das Jugendorchester. Insgesamt 100 Mitglieder unter 18 Jahren zählt der Verein. "Es läuft nichts", beschreibt Vischer die aktuelle Situation. Auch kein einziger der geplanten Auftritte konnte dieses Jahr stattfinden.

Dabei sei es nach dem ersten Lockdown wieder "in die richtige Richtung" gegangen. Der Probenbetrieb ist damals langsam wieder angelaufen - in kleineren Gruppen, unter strengen Auflagen und hohem Organisationsaufwand. So mussten etwa zeitweise vor jeder Probe Fragebögen ausgefüllt werden zu möglichen Covid-Kontakten und -Symptomen. Was Vischer jedoch feststellen musste: Manche Kinder hatten zu Hause offenbar gar nicht geübt.

Wird es neue Vorgaben von der Bunderegierung geben?

"Wir dürfen nicht proben, es sei denn, wir bereiten damit einen Gottesdienst vor", fasst Stefanie Breidenbach, Bezirkskantorin der evangelischen Kirchengemeinde Öhringen die aktuelle Vorgabe zusammen. Mit 14 Personen konnte ein Teil der Jugendkantorei darum am 8. November, also schon während des zweiten Lockdowns, in einem Gottesdienst auftreten. Mehr Personen finden auf der Treppe in der Öhringer Stiftskirche bei ausreichend Abstand nicht Platz. Insgesamt 85 Kinder und Jugendliche verteilen sich auf die drei Chorgruppen.

Zum zweiten Advent und zum Weihnachtsgottesdienst sind Open-Air-Auftritte in jeweils kleiner Besetzung angedacht. "Es ist total offen, ob wir das machen können", sagt Breidenbach mit Blick auf mögliche neue Vorgaben von Bunderegierung und Landeskirche. Im Gegensatz zum Frühjahr finden aktuell keine Onlineangebote statt.

Die digitale Singstunde hat auch Vorteile, findet Chorleiter Martin Renner

Chorleiter Martin Renner hingegen arbeitet seit Ausbruch der Corona-Pandemie sehr viel online. "Wenn man aus seiner Komfortzone raus muss, ergeben sich neue Möglichkeiten", sagt der 34-Jährige, der die Voctails aus Kochersteinsfeld sowie Beauties and the Beats aus Neckarsulm betreut. Die digitale Singstunde habe auch Vorteile, erklärt er. Die einzelnen Gesangsregister könnten neue Songs etwa schneller einüben, und Interessierte könnten sich recht einfach und bequem zu einer Onlineprobe dazuschalten. "So haben wir sogar einige neue Sänger dazugewinnen können", sagt Renner.

Mit beiden Chören hat er über Crowdfunding-Projekte zuletzt auch je eine CD aufgenommen, zum Teil kann man derzeit noch spenden. Die Sänger kamen dazu einzeln in sein Studio. Auch mit einem neuen Organisationstool und zwei neuen Homepages hat er sich befasst. "Ich habe gefühlt noch nie so viel gearbeitet, aber auch noch nie so wenig dafür verdient", sagt der Freiberufler, der darauf hofft, dass sich der Einsatz in Zukunft auszahlen wird.

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