Die Ballschule des Sportlerlebens
Wie der Nachwuchs bei der TSG Heilbronn die Liebe zu verschiedenen Sportarten erlernt? Wir erklären es anhand einer Übungsstunde.

Malik Rovcanin greift sich aus dem Bällewagen in der Heilbronner Hofwiesenhalle natürlich einen Basketball. Im Boston-Celtics-Trikot kommt er wie ein künftiger Profi in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA daher. Beim ersten Prellen des Balles sieht man sofort: Malik hat nicht zum ersten Mal einen Basketball in den Händen. „Ich spiele natürlich am liebsten Basketball“, sagt er. Andere greifen nach roten Fußbällen. Hauptsache Ball. Das hier ist ja auch die Ballschule der TSG Heilbronn, die es seit 2018 gibt. Das Credo dabei: Alles ausprobieren, auf nix festgelegt sein. Das Konzept geht auf.
Mal landen die Bälle, wo sie sollen – mal eben nicht
Ordnung ins Gewusel der 14 Jungs und Mädchen zwischen sechs und acht Jahren bringt an diesem Nachmittag Olivia Erlewein. Als Übungsleiterin hat sie eine Helferin an der Seite. Schnell sind zwei Teams gebildet, die sich gegenüberstehen. Beim Zielwerfen geht es nun darum, den großen, grünen Petziball in der Mitte die gegnerische Linie überqueren zu lassen. 14 Bälle fliegen auf durch die Luft. Mal landen sie dort, wo sie sollen. Mal nicht.
Danach geht es in einem Hindernis-Parcours weiter. Den Ball prellend um Hütchen laufen, gilt es über eine Bank zu springen, um zum Abschluss rote und gelbe Hütchen, die auf einem Turnkasten stehen, abzuwerfen. Eine Frage von Geschicklichkeit, aber auch des richtigen Wurfwinkels.
Corona hat seine Spuren hinterlassen, gerade bei den Kindergartenkindern und Grundschülern. Olivia Erlewein überrascht es, dass viele Kinder noch nie Völkerball oder Brennball gespielt haben, überhaupt nicht mit solchen Spielen vertraut sind. „Wir haben das schon im Kindergarten gespielt. Heute kennen das viele Zwei- und Drittklässler nicht.“ Das mag zum einen am coronabedingten Minus in Sachen Schulsport liegen, zum anderen aber auch an strukturellen Schulproblemen. In Baden-Württemberg wird mehr als die Hälfte des Sportunterrichts an Grundschulen von Lehrern gegeben, die Sport fachfremd unterrichten. Dadurch ist bei er Qualität deutlich Luft nach oben.
Nicht immer nur Fußball, Fußball oder Fußball

„Für viele Eltern ist schön, wenn die Kids abends ausgepowert ins Bett fallen“, sagt Olivia Erlewein am Ende der 45 Minuten. Dazu gehört auch Anke Dommermühl. Ihr ist es wichtig, dass sich Sohn Justus bewegt, „ohne auf Fußball, Fußball oder Fußball festgelegt zu sein“, wie sie es ausdrückt. Ein Jahr lang stand Justus auf der Warteliste der Ballschule, dann kam Corona und im Lockdown Videos, die für Justus allerdings nicht so das Richtige waren. Umso mehr hat er nun Spaß.
Es könnten durchaus mehr Kurse im Ballschulen-Angebot sein. Es fehlt gar nicht mal so sehr an Hallenkapazitäten. Es ist eher der Mangel an Übungsleitern. „Auch da herrscht Fachkräftemangel“, sagt Olivia Erlewein, die an einem Wochenende in Heidelberg mit dem Konzept der Ballschule vertraut gemacht wurde.
Ziel für einen Großverein wie die TSG Heilbronn oder auch die Neckarsulmer Sport-Union ist es, sich den Nachwuchs selbst auszubilden und Talente dann gezielt in die einzelnen Abteilungen zu bringen. Sei es dann Fußball, Handball oder Tischtennis. Oder Basketball wie bei Malik.
Das Konzept Ballschule
Die Heidelberger Ballschule ist vor 25 Jahren an der Universität Heidelberg von Professor Klaus Roth entwickelt worden. Sie ist ein Kindersportprogramm für alle, bei dem verschiedene Ballsportarten im Mittelpunkt stehen. Angeboten wird das Programm in Kindergärten, Schulen, Vereinen, Verbänden und von kommerziellen Anbietern. Zu den Sponsoren gehört die Dietmar-Hopp-Stiftung.
Auf die Mini-Ballschule (drei bis sechs Jahre) folgt in der Regel das ABC für Spielanfänger (sechs bis neun), ehe die Orientierungsphase und Spezialisierungsphase für ältere Kinder folgt. Die Kosten dafür liegen bei der TSG Heilbronn beispielsweise bei 18 bis 23 Euro pro Monat.
Informationen und Anbieter in der Region: https://ballschule.de/