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Hightech-Kosmos der Experimenta birgt viele Überraschungen

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Blitze, Sternenprojektionen, Lasereffekte und rasante Bilderreisen auf einem riesigen Kuppeldach: Im Science Dome der Heilbronner Experimenta sorgt ausgeklügelte Technik dafür, dass Besucher auf eine besondere multimediale Zeitreise gehen können.

von Carsten Friese
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Lichtspektakel mit vielfältigen Effekten: Die Zuschauertribüne ist in violettes Licht getaucht. Über der Bühne projiziert ein Beamer auf ein Spezialgewebe (Lasergaze) bewegte Bilder einer Fantasieshow.  Foto: Mario Berger
Lichtspektakel mit vielfältigen Effekten: Die Zuschauertribüne ist in violettes Licht getaucht. Über der Bühne projiziert ein Beamer auf ein Spezialgewebe (Lasergaze) bewegte Bilder einer Fantasieshow. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Es sind bombastische Filmproduktionen, die auf eine 700 Quadratmeter große Kuppel im Science Dome der Experimenta geworfen werden und den Zuschauern ein Gefühl geben, durch Raum und Zeit zu reisen. Was sich hinter dem Hightech-Erlebnisraum mit dem Mix aus Licht-, Ton- und Lasereffekten verbirgt, bekommt kaum ein Gast bei den Shows und 3D-Produktionen zu Phänomenen der Wissenschaft mit. Anlass für uns, in der besonderen Kombination aus Planetarium und Experimentaltheater einmal genauer hinzuschauen.

Puppe fiel beim Hochspannungstest durch

Der erste Blick in einen Raum für Technik und Requisite neben der Bühne erfasst gleich Überraschendes. Ein Monitor an der Wand zeigt in zehn verschiedenen Bildern einzelne Ausschnitte der Bühne. Viele Kameras nehmen sie auf, ein bisschen wirkt es wie die Überwachungstechnik in einem großen Warenhaus. "Die brauchen wir bei komplexen Veranstaltungen", sagt Thorsten Stokke, "um das Geschehen auf der Bühne genau zu verfolgen und die Abläufe zu steuern." Der Abteilungsleiter Veranstaltungstechnik und Produktion führt durch den Raum, wo Kostüme für die Piratenshow an einer Stange hängen.

Alles im Blick: Im Vorraum können die Techniker über Kameras alle Abläufe auf der Bühne per Monitor genau verfolgen. Die Schaufensterpuppe diente für einen Hochspannungstest in Corona-Zeiten. Foto: Mario Berger
Alles im Blick: Im Vorraum können die Techniker über Kameras alle Abläufe auf der Bühne per Monitor genau verfolgen. Die Schaufensterpuppe diente für einen Hochspannungstest in Corona-Zeiten. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Eine nackte Schaufensterpuppe fällt mittendrin ins Auge. Was macht sie hier? Stokke verweist auf die Corona-Einschnitte, dass man die Puppe als Figur in der Hochspannungsshow statt eines echten Menschen im Kettenhemd testen wollte. Sie sollte die Millionen Volt starken Blitze aus einer Tesla-Spule ableiten. Allerdings: Es hat nicht optimal funktioniert.

In einem Stahlschrank an der Wand ist die Technik für die Hochspannungsanlage installiert. Armdicke Stromzuleitungen führen zum Verteilerkasten und bedeuten dem Laien, vielleicht eher auf Abstand zu bleiben. Beim Durchgang zur Bühne sticht eine Spezialtür mit einem Metallgeflecht heraus. Sie schützt die Technik-Mitarbeiter im Bühnenvorraum vor hoher Spannung, wirkt wie ein Faradayscher Käfig. Die gesamte Bühne ist zudem mit einer Kupfergeflechttapete ausgekleidet als Schutz vor elektromagnetischen Feldern. Dicht dran und dennoch sicher ist hier die Maxime.

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Wichtiger Schutz vor Hochspannung im Raum neben der Bühne: Eine Spezialtür aus Metallgeflecht schirmt bei der Hochspannungsshow die Mitarbeiter wie in einem Faradayschen Käfig ab.  Foto: Mario Berger
Wichtiger Schutz vor Hochspannung im Raum neben der Bühne: Eine Spezialtür aus Metallgeflecht schirmt bei der Hochspannungsshow die Mitarbeiter wie in einem Faradayschen Käfig ab. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Von Schwarzlichtleuchten bis zu 40 Kilo schweren Strahlern

Die Lichttechnik im Science Dome ist ein Kapitel für sich. Von rund 80 verschiedenen Leuchten berichtet Stokke. Es gibt kopfbewegte Scheinwerfer, statische Scheinwerfer, einige Schwarzlichtleuchten, zusätzlich 211 Cove-Lights für indirektes Licht, die die Kuppel rundum beleuchten. "Damit kriegt man alle Farben hin", erklärt Julian Fritz, der als Fachkraft im Team Veranstaltungstechnik arbeitet.

Das wabernde Licht auf dem Bühnenboden stammt von "Moving Head Spots", speziellen beweglichen Scheinwerfern mit einem Farbwechselsystem. Damit könne man auch gut Wasser- und Feuereffekte einsetzen, verdeutlicht Fritz. Über dem Regieraum sind zudem vier große Strahler installiert, von denen einer allein 40 Kilo wiegt. 1000-Watt-LED kommen bei der Frontbeleuchtung zum Einsatz. Fritz: "Das ist schon extrem hell."

"Man braucht hier schon ein halbes Jahr Einarbeitung - um zu wissen, wo man überall hinfassen muss."  

Julian Fritz

Dann lässt Thorsten Stokke die Lasergaze auf der Bühne herunter, ein speziell gefertigtes, feines Gewebe zur Projektion von Showlasern oder Beamern. Die Projektionsfläche schimmert bei Licht, und als der Fachmann im Regieraum ein Programm startet, schreitet eine junge Person in einer Art Astronautenanzug auf den Betrachter im Science Dome zu.

Im Regieraum: Thorsten Stokke bedient die Technik aus Tonmischpult, Bild- und Lichtmischern. Zwei bis drei Mitarbeiter sind hier bei den Shows im Einsatz.  Foto: Mario Berger
Im Regieraum: Thorsten Stokke bedient die Technik aus Tonmischpult, Bild- und Lichtmischern. Zwei bis drei Mitarbeiter sind hier bei den Shows im Einsatz. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

150 Besucher fasst die Tribüne mit den breiten Sesseln, über der ein halboffener Regierraum thront. In violettes Licht sind die Sitzreihen in dem abgedunkelten Raum in dem Moment getaucht. Hier oben sind bei Shows zwei bis drei Techniker im Einsatz, bedienen die Bild- und Lichtmischer, das Tonmischpult mit den vielen Reglern und leuchtenden  Knöpfen oder das Bedienfeld für die Ober- und Untermaschinerie der Bühne.

Hier werden auch die Blitze von den Tesla-Spulen in Gang gesetzt, der Wasservorhang mit den vielen Düsen hoch über der Bühne für Laserprojektionen aktiviert oder die gesamte Tribüne mitsamt den Zuschauern um 180 Grad gedreht.

Wassertank und lange Schläuche im Maschinenraum

Bevor der Abstieg in die Unterwelt folgt, lässt Stokke eine technische Besonderheit auffahren. Eine Klappe öffnet sich in der Mitte der Besuchertribüne, und automatisch fährt der Sternenprojektor von Zeiss in die Höhe. Mit der großen, silbernen Kugel samt vieler Objektive werden Sternbilder auf die Kuppelleinwand geworfen. 

Der Sternenprojektor im Science Dome: Mit dieser Kugel samt vieler Objektive entsteht der Sternenhimmel auf der Kuppel-Leinwand. Foto: Mario Berger
Der Sternenprojektor im Science Dome: Mit dieser Kugel samt vieler Objektive entsteht der Sternenhimmel auf der Kuppel-Leinwand. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Über eine schmale Metallstiege geht es ganz nach unten, in den Maschinenraum des Science Domes. Dort kommen alle Kabel zusammen, dort sitzt auch der Antrieb für den Sternenprojektor. Ins Auge fallen fein säuberlich aufgehängte Wasserschläuche zur Kühlung eines großen Kino-Beamers und ein Wassertank als Speicher für das Wasservorhangsystem über der Bühne. Auf einem kreisrunden Schienenstrang aus Metall mit knallgelben Rollen sitzt das gesamte Trägersystem der Zuschauertribüne auf.

Per Knopfdruck können die Rollen in Bewegung gesetzt werden, mit 0,3 Meter pro Sekunde gleiten die Zuschauer dann durch die Kuppelwelt. Warum nur eine Halbkreis-Drehung möglich ist, hat einen einfachen Grund: Das gesamte Schleppkabelsystem muss der Drehung folgen. Für mehr reicht die Länge der Kabel nicht. 

"Es ist schon extrem viel Technik auf einer kompakten Fläche verbaut", stellt Leiter Thorsten Stokke fest. Wie lange ein neuer Mitarbeiter da benötigt, um sich in alle Feinheiten und Elemente einzuarbeiten? "Man braucht schon ein halbes Jahr", sagt Julian Fritz offen, "um zu wissen, wo man überall hinfassen muss."

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