Heilbronner Weindorf ist seit 50 Jahren ein Fest
Als das Weindorf 1971 zum ersten mal gefeiert wurde, planten die Veranstalter eine einmalige Aktion. Doch das Fest wurde zur Dauereinrichtung - und hat sich seitdem doch gewandelt.

Das Heilbronner Weindorf wurde vor genau 50 Jahren aus der Taufe gehoben. Anlässlich der Heimattage 1971 werden parallel zum damaligen Heilbronner Herbst auf der Theresienwiese auf dem Marktplatz erstmal einige Ausschankhütten platziert: eigentlich einmalig. Weil sich das Ganze aber als Renner erweist, wird es zur Dauereinrichtung.
Herzstück des Weindorfs ist lange eine mit Stühlen und Tischen ausgestattete Boxauto-Halle. Drumherum stellen sieben Genossenschaften Häuschen auf: Heilbronn, Flein, Nordheim, Erlenbach, Lauffen, Talheim, Schwaigern. Abgerundet wird das Provisorium durch einen Imbiss- und einen Mandelstand. 1972 klinkte sich die WG Weinsberg ein, wobei man anfangs Probleme hat, neue Winzer aufzutreiben. Zu viele haben damals kein Marketing nötig.
Schöne Stände und guter Wein
1973 wird in einem durch den Marktplatz-Umbau aufgehübschten Ambiente gefeiert. 1974 folgt die erste Dorferweiterung. Im Innenhof zeigt Grantschen Flagge, Drautz-Able mit Eberbach-Schäfer an der Lohtorstraße. 1975 sorgen Brackenheim, Dürrenzimmern und Bönnigheim für die Abrundung an der Rathausgasse. Gleichzeitig initiiert die Stimme den Blumenschmuck-Wettbewerb, über den schöne Stände neben dem Wein zum Markenzeichen des Festes avancieren. 1977 stoßen Göhring und Kircher hinzu, deren Stand an der Rathaustreppe inzwischen von G.A. Heinrich und Hochschule Heilbronn besetzt ist.

Rotationen gibt es auch in dem lange von Wurst und Pommes dominierten Imbissbereich, etwa 1984 wegen des Neubaus des Käthchenhofs sowie später durch Gastronomen wie Burkhardt, Straub und Umberto. Auch die Ratskeller-Brüder Mosthaf zeigen bald, was zum Wein passt.
Der Sekt-Gemeinschaftsstand wird 1988 aus der Taufe gehoben – und 2016 aufgegeben. Bei Senioren umstritten ist das 1999 besiegelte Aus des Marktplatz-Zeltes. Es folgen vier „Beduinen-Zelte“, die inzwischen durch Segel ersetzt wurden. Gewandert ist die Hauptbühne: vom Rathaus-Anbau übers Presutti zum heutigen Standort Kaiserstraße.
Die Musik hat sich im Laufe der Jahre von volkstümlich über rockig zu poppig und swingend gewandelt. Die Kritik an der Lautstärke ist leiser geworden, ebenso wie Beschwerden von Anwohnern, die mitunter unter Randerscheinungen leiden. Scherbenberge gibt es keine mehr: nicht zuletzt dank Flaschen- und Müllsammeldienst von Union Böckingen, Tauchclub Heilbronn und FCU Heilbronn. Überhaupt lassen die Veranstalter bei der „Verfeinerung“ des Festes nicht locker. Nicht nur bei Wein und Speisen, auch bei Deko-Teilen und Möbeln.
Schaufenster für die Region
Mitunter wird das Fest zum Politikum. Als nach dem Abschied von Eberbach-Schäfer und Bönnigheim Dutzende Wengerter anklopfen, macht die HMG das Weindorf zum Schaufenster für die ganze Weinregion. Von der Parole „Holt Hohenloher ins Dorf!“ sind Heilbronner Standesvertreter nicht begeistert. Gemeinschaftsstände bringen Ruhe in die Gassen: Wein-Villa, Wengertersstand, Hohenlohe, Weinsberger Tal.

Im Vorfeld der Buga 2019 wächst das Fest weiter: am Hafenmarkt gehen die „Neckarpiraten“ vor Anker, also Willy, Cleebronn-Güglingen und Felsengartenkellerei Besigheim, am Rathaus die Ökos. Auch gastronomisch weht ein frischer Wind: mit Erwin Gollerthan, Marcel Küffner sowie dem RBS-Trio mit Matthias Hornung, Benjamin Horn und Stephan Goslar.
Doch es gab auch immer wieder Aussteiger. Die Zeiten, da man sich im Weindorf eine goldene Nase verdient hat, sind vorbei. Dennoch gilt das Fest als wichtige Marketingplattform für Wirte und Winzer. Und den – mit Ausnahme von 2020 und 2021 – jährlich 250.000 Besuchern macht es einfach Spaß.