Fünf Experten-Tipps für den Filmdreh mit dem Smartphone
Was braucht es, um einen gelungenen Film auf dem Handy zu drehen? Zwei Experten aus der Region geben Tipps für die Bereiche Licht, Ton, Location, Musik und Equipment.
Um einen eigenen Film zu erschaffen, braucht es heutzutage nicht mehr zwangsläufig eine professionelle Kamera. Auch mit dem Smartphone sind tolle Aufnahmen möglich. Wir haben Andreas Kröneck vom Heilbronner Filmstudio Hnywood, das 2019 den Streifen "Faustdick" in der Stadt gedreht hat, und Roland Mönch von der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg nach ihren Tipps für einen gelungenen Dreh mit dem Handy gefragt.
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Das richtige Equipment
Das richtige Equipment ist nicht nur bei professionellen Filmprojekten essenziell. Auch für den Hobby-Dreh mit Smartphones, deren Kameras sich in den letzten Jahren stark verbessert haben, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, mehr aus den Aufnahmen rauszuholen. „Man muss sich auf jeden Fall mit einem Stativ oder einer Halterung für das Handy beschäftigen“, sagt Roland Mönch, Studienkoordinator Bildgestaltung / Kamera / Szenenbild an der Filmakademie in Ludwigsburg. Die Kameraführung allein durch das Halten in der Hand sei zwar bei Aufnahmen wie einer Totalen möglich. „Bei allem anderen stört das Wackeln aber ungemein, vor allem wenn man es später auf dem PC oder einem TV anschauen möchte“, so Mönch.
Stative oder Halterungen für das Smartphone gibt es für relativ wenig Geld, einige sogar schon ab zehn Euro. Auch ein Selfiestick kann für eine Verbesserung des Filmmaterials sorgen. „Wenn man ihn unten ein wenig beschwert, sich dadurch eine Art Schwebesystem errichtet, dann kann man die Kamera durch den ergänzten Schwerpunkt ruhiger führen.“ Eine weitere, etwas teurere Möglichkeit, ist ein so genannter Gimbal, eine motorisierte Aufhängung, welche die Bewegungen ruckelärmer und flüssiger machen soll. „Diese kosten allerdings ein wenig mehr Geld“, sagt Roland Mönch. Optisch ähneln Gimbals einem Selfiestick, sind mit Ihrer Elektronik aber wahre Bildkünstler. Viele hochwertige Videos für Webseiten und für Youtube werden mithilfe eines Gimbals angefertigt.
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Schnitt und Effekte
Apps zum Videos schneiden und bearbeiten gibt es wie Sand am Meer, sowohl für das iPhone als auch für Android-Smartphones. „Für iphone-Nutzer reicht das Programm iMovie vollends aus, damit kann man gut arbeiten. Und auch für Android gibt es zahlreiche Angebote, die preiswert oder sogar umsonst sind“, sagt Roland Mönch. Der Experte empfiehlt DaVinci als kostenloses, professionelles Schnittprogramm, mit dem man im Anschluss auch Farbkorrekturen vornehmen kann.
„Darüber hinaus gibt es sehr viele richtig gute Video-Tutorials auf den einschlägigen Plattformen, die sich mit Filmschnitt beschäftigen“, sagt Andreas Kröneck vom Heilbronner Film-und Synchronstudio Hnywood. 2019 hat das Team in der Stadt den Film "Faustdick" produziert. Der Streifen lief unter anderem im Open-Air-Kino und im Pop-Up-Autokino.
„Die Technik zum Schneiden ist schnell verfügbar und sie ist meist leicht zu erlernen. Was häufig verloren geht, ist das grundsätzliche Verständnis für die Sprache des Mediums Film“, sagt Kröneck. Man sollte sich die Filme, die man mag, genau anschauen und analysieren, aufschreiben, welche Einstellungen wann kommen und wie die Szenen geschnitten sind. Darüber hinaus empfiehlt er, sich Bücher von Cuttern oder Kameraleuten zu kaufen.
Große Special Effects lassen sich mit dem Smartphone nur schwer umsetzen. „Es gibt mittlerweile bei fast allen neueren Smartphones die Zeitlupenfunktion, mit der man 250 Bilder pro Sekunde oder sogar mehr aufnehmen kann. Im Schnitt kann man die Aufnahmen dann schneller oder langsamer laufen lassen“, sagt Roland Mönch.
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Musik für den Film
„Ein Film ist selten so stark, dass er nur allein von der Bildsprache lebt. Jeder professionelle Streifen hat ein Sounddesign und Filmmusik, die emotional unterstützt“, sagt Roland Mönch. Dabei müssen jedoch immer die Rechte der genutzten Musik im Blick behalten werden – Stichwort Gema. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte ist eine weltweit agierende Autorengesellschaft für Werke der Musik. Sie verwaltet in Deutschland die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht. „Man muss sich da immer Gedanken machen. Selbst, wenn man an einer Imbissbude vorbeiläuft, filmt, und einige Sekunden ,I cant get no satisfaction‘ von den Rolling Stones zu hören ist, kann das problematisch werden. “
Eine Alternative: Im Internet findet man zahlreiche Seiten mit Gema-freier Musik wie www.musicfox.com, www.jamendo.com oder www.artlist.io. Einige Titel sind kostenfrei, auf anderen Seiten können Lizenzen oder Abos erworben werden. „Die Musik kann dann nachträglich mit einem Schnittprogramm unter die Bilder gelegt werden“, sagt Mönch.
Das Team von Hnywood hat für seinen Film „Faustdick“ den Soundtrack selbst komponiert. „Wenn man im Freundeskreis jemand hat, der ein Instrument spielt, kann man die Filmmusik auch selbst gestalten. Es ist eigentlich besser, vor allem, wenn man Musik erschaffen will, die für einen bestimmten Moment im Film passend ist. Ansonsten muss man die Film-Szenen auf eine bereits bestehende Musik ausrichten“, sagt Andreas Kröneck.
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Ton und Licht
„Ein guter Ton ist bei einem Amateur- oder Independent-Film fast noch wichtiger als das Bild. Man muss gut und leicht verstehen, was gesprochen wird. Es muss sich deutlich von den Hintergrundgeräuschen abheben“, sagt Andreas Kröneck. „Den Ton separat aufzunehmen ist auch für einen Amateurfilmer zwingend notwendig“, so der Filmemacher. Dafür geeignet sind beispielsweise Ansteckmikrofone, die man direkt ans Smartphone anschließen kann. „Für das Handy würde ich Funkmikros nehmen. In solider Qualität gibt es die schon ab 100 Euro.
Mit einem Richtmikro, das man versteckt oder außerhalb des Bildes aufstellen kann, bekommt man in vielen Fällen den besseren und sichereren Ton“, sagt Kröneck. Allerdings kostet diese Technik auch mehr Geld. Richtmikrofone sind so konzipiert, dass viele der Hintergrundgeräusche ausgeblendet werden.
Beim Dreh spielen auch die Lichtverhältnisse eine wichtige Rolle. „Man kann ohne großen Aufwand gute Aufnahmen bekommen, wenn man die verfügbaren Lichtquellen nutzt oder ein wenig anders ausrichtet“, sagt Kröneck. „Für Smartphones wird es vor allem bei Gegenlicht schwierig, denn dann schaltet sich die Belichtungsautomatik ein. Es ist deshalb nicht schlecht, wenn man mit einer App gegensteuert“, sagt Roland Mönch.
„In der Regel hat man bei Smartphones keinen Einfluss auf die Blende oder die Verschlusszeit. Wenn es beispielsweise sehr hell draußen ist und man mit einer falschen Verschlusszeit arbeitet, ist der Bewegungsfluss nicht mehr so natürlich. Eine App, die ich empfehlen kann, ist Filmic Pro. Sie ist relativ günstig und man hat einige Möglichkeiten, bei der Aufnahme manuell Dinge einzustellen.“
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Eine geeignete Location
Wo ist ein guter Ort, um einen Film zu drehen? Was muss man beachten? Braucht man eine Genehmigung? "Natürlich hängt das zunächst vom Drehbuch ab. Sobald man an einem nicht-öffentlichen Platz filmt, muss man um Erlaubnis bitten, dass man dort drehen darf. Auf einem öffentlichen Platz darf man filmen, aber nur, wenn man dadurch nicht den Auto- oder Fußgängerverkehr behindert“, sagt Andreas Kröneck.
Für seinen Film „Faustdick“ hat das Team von Hnywood in Einzelhandelsgeschäften, in Cafés, in Lagerhallen und Unternehmen in Heilbronn gedreht. „Wir haben nirgendwo ein Nein gehört. Man muss einfach Mut haben und fragen“, sagt Kröneck. Oftmals sei es auch gut, außerhalb der Öffnungszeiten zu drehen und Freunde als Statisten einzusetzen. Im Normalbetrieb sei es manchmal schwierig, sagt der Filmemacher. Wichtig sei auch, ausreichend Zeit mitzubringen. „Warten gehört beim Drehen dazu. Warten, bis die Kirchturmuhr ausgeschlagen hat, bis der Zug vorbeigefahren ist, warten, bis das Flugzeug vorbeigeflogen ist, warten, bis die Wolke weg ist.“
Von Vorteil sei es auch, die jeweilige Location vor Drehbeginn auf sich wirken zu lassen. „Sich einfach mal fünf Minuten hinsetzen, darauf achten, wie die Hintergrundgeräusche sind und um wie viel Uhr die Sonne rauskommt“, sagt Kröneck. Um den Sonnenstand zu einer bestimmten Tageszeit herauszufinden, gibt es zahlreiche kostenlose Apps. „Man weiß dadurch zum Beispiel, wann die Sonne schön in das kleine Straßencafé scheint, in dem man drehen möchte.“
Mehr zu den Experten
Mehr Informationen zur Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg unter www.filmakademie.de, mehr zum Filmstudio Hnywood unter www.hnywood.com.