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Landesgestüt Marbach: Eldorado für Pferdefreunde auf der Schwäbischen Alb

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Ein Blick ins baden-württembergische Haupt- und Landgestüt Marbach, das mit 507 Jahren älteste Staatsgestüt in Deutschland: Rund 550 Pferde leben hier. Historie, Ausstellungen und viele Veranstaltungen im Jahr erwarten die Besucher. Höhepunkt sind die Hengstparaden.

von Bettina Hachenberg
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Auf den herrlichen Koppeln des Haupt- und Landgestüts Marbach können Jungpferde und Stuten ihren Auslauf und Weidegang genießen.
Foto: Jürgen Vogt/Adobe Stock
Auf den herrlichen Koppeln des Haupt- und Landgestüts Marbach können Jungpferde und Stuten ihren Auslauf und Weidegang genießen. Foto: Jürgen Vogt/Adobe Stock  Foto: Jürgen Vogt

Es ist das Herz der Pferdezucht in Baden-Württemberg, das Haupt- und Landgestüt Marbach im Tal der Lauter auf den Hochflächen der Schwäbischen Alb. Als Teil der Gemeinde Gomadingen auf 700 Meter Höhe inmitten herrlicher Natur zwischen Wäldern und Wiesen im Biosphärengebiet gelegen, bietet es den Besuchern zu jeder Jahreszeit ganz besondere, stimmungsvolle Eindrücke. Und natürlich in die Zucht und Haltung der Pferde, die im Gestüt ihre Heimat haben. Chefin des Gestüts ist Landoberstallmeisterin Astrid von Velsen-Zerweck. Ihr zur Seite stehen rund 90 festangestellte Mitarbeiter und 40 Auszubildende, die für das Wohl der rund 550 Pferde und den reibungslosen Gestütsablauf sorgen.

Eigene Stuten und Fohlen

Als eines von vier Haupt- und Landgestüten in Deutschland hält es nicht nur Hengste, die den Pferdezüchtern für ihre Stuten zur Verfügung stehen, sondern ist selbst auch Domizil für eigene Stuten und Fohlen. Neben modernen und vielseitig in Pferdesport und Freizeit einzusetzenden Warmblütern ist das Gestüt Heimat für zwei ganz besondere Pferderassen: edle Vollblutaraber - die freilaufende Araberstutenherde ist in renommierten Pferde-Veranstaltungen immer ein Highlight - und die hübschen Schwarzwälder Kaltblüter, die einst schon vom Aussterben bedroht waren.

Ältestes deutsches Staatsgestüt

Blick in den historischen Gestütshof des Haupt- und Landgestüts Marbach. Die Gebäude stehen alle unter Denkmalschutz. Im Vordergrund das Wahrzeichen des Gestüts: der Stutenbrunnen.
Foto: Sina Ettmer/Adobe Stock
Blick in den historischen Gestütshof des Haupt- und Landgestüts Marbach. Die Gebäude stehen alle unter Denkmalschutz. Im Vordergrund das Wahrzeichen des Gestüts: der Stutenbrunnen. Foto: Sina Ettmer/Adobe Stock  Foto: Sina Ettmer adobe stock

Das Gestüt blickt auf eine lange, traditionsreiche Geschichte zurück. Erstmals 1514 urkundlich erwähnt, ist es mit 507 Jahren das älteste Staatsgestüt in Deutschland. 1817 wurde es zum Landgestüt des Königreichs Württemberg erhoben. Neben dem Gestütshof Marbach kamen noch die Gestütshöfe Offenhausen, St. Johann und Güterstein dazu.

Durch ein schmiedeeisernes Tor in den historischen Gestütshof

Bei einem Besuch des Gestütshofs in Marbach spürt man diese Geschichte allenthalben. Vom großen Parkplatz an der Lauter ein kurzes Stück entlang der Landesstraße gelangt man zu einem schmiedeeisernen Tor mit vergoldetem Marbach-Brandzeichen. Vor dem Betrachter öffnet sich der große, rechteckig angelegte, historische Gestütshof. Sofort ins Auge fällt der Stutenbrunnen mit der Bronzeplastik einer säugenden Stute mit ihrem Fohlen und dem Bild seines Erbauers, König Wilhelm I. von Württemberg.

Der Gestütshof wird südlich eingerahmt vom Haupthaus aus dem Jahr 1600, Sitz der Landoberstallmeister und der Gestütsverwaltung, weiter vom Engländerstall. Westlich schließen sich der Lange Stall und der Bataillonsstall an. An der nördlichen Seite befinden sich das Besucher- und Informationsszentrum und der Gestütsshop, wo man schöne Geschenke rund ums Pferd und aus der Biosphären-Region erstehen kann. Im Fachwerkgebäude auf der östlichen Seite sind die historische Geschirrkammer und Wohnungen für Gestütsangehörige, daneben ist das Verwalterhaus.

Die frei laufende Araberstutenherde darf in keinem Programm der Hengstparaden fehlen. Tausende Besucher erfreuen sich an den edlen Tieren.
Die frei laufende Araberstutenherde darf in keinem Programm der Hengstparaden fehlen. Tausende Besucher erfreuen sich an den edlen Tieren.  Foto: Griesinger, Barbara

An das Karée des Gestütshofs schließen sich nördlich der Hauptbeschälerstall für die Araberhengste, der Alte Schulstall sowie die Landesfahrschule mit Geschirrkammer, Wagenremise, Stallungen und Koppeln an. Noch weiter bergauf, liegen in westlicher Richtung die Stuten-Laufställe. Ab dem Frühjahr tummeln sich hier auf den baumbestandenen Koppeln die Stuten mit ihren Fohlen, die nicht nur viele Kinder in Entzücken versetzen.

Julmonds Grab

An weiteren Koppeln vorbei geht es einen von Linden und Kastanien gesäumten, kurvigen Weg hinauf zu einem Pferdegrab. Hier liegt unter einem Erinnerungsstein der ostpreußische Hengst Julmond begraben. Der Trakehner, der mit einem Treck 1945 aus Ostpreußen in den Westen gelangte, trug maßgeblich zur Umzüchtung des schweren Württemberger Warmbluts, das man auch "Herr und Bauer" nannte, zum modernen, sportbetonten Württemberger Reitpferd bei. Weiter führt der Gestütsweg zum Eichelesgarten, einer rund 200 Jahre alten Eichenallee. Auf diesem weitläufigen Areal finden seit Jahren im Mai internationale Vielseitigkeitsturniere statt, in denen Vertreter der deutschen Reiterelite in dieser Sportart und aus dem Ausland an den Start gehen: alljährlich ein Publikumsmagnet.

Das ganze Jahr über sind Veranstaltungen

Regelmäßig sind Gastländer bei den Hengstparaden zu Gast. 2019 war es Spanien, das seine Andalusier mit auf die Schwäbische Alb gebracht hatte.
Regelmäßig sind Gastländer bei den Hengstparaden zu Gast. 2019 war es Spanien, das seine Andalusier mit auf die Schwäbische Alb gebracht hatte.  Foto: Griesinger, Barbara

Überhaupt wartet das Gestüt das ganze Jahr über mit einer Fülle von Angeboten und Veranstaltungen auf. So neben Hengstpräsentationen, Hengstleistungsprüfungen, Fohlen- und Zuchtschauen, Auktionen und Lehrgängen auch Reit- und Fahrturniere oder die beliebte Marbach Classics mit Pferde-Schaubildern zur Live-Musik der Württembergischen Philharmonie Reutlingen. Weiter gibt es im Herbst Schleppjagden hinter der Hundemeute und im Winter vorweihnachtliche Veranstaltungen.

Beeindruckende Schaubilder bei den Hengstparaden

Fast jedes Jahr Ende September/Anfang Oktober dann das Highlight im Gestütskalender: die drei Hengstparaden. Sie finden in der großen Freiluft-Arena des Gestüts, die 8500 Zuschauern Platz bietet, statt. Von nah und fern zieht es dann die Pferdefreunde auf die Alb, um in einem rund vierstündigen Programm in beeindruckenden Schaubildern nicht nur Hengste unter dem Sattel und in verschiedenen Anspannungen, Stuten und Fohlen, sondern auch andere Pferderassen und Einsatzmöglichkeiten für Pferde aus vielen Bereichen in Sport, Freizeit und bei der Arbeit zu erleben. Seit einigen Jahren sind auch Staatsgestüte und Reiter aus anderen Bundesländern und europäischen Nachbarländern mit Vorführungen in Marbach zu Gast.

Bei der Eröffnung der Hengstparade werden die Ehrengäste von Vierspännern in die Arena gefahren, zuvor sind berittene Garden und Musikkapellen aufmarschiert.
Bei der Eröffnung der Hengstparade werden die Ehrengäste von Vierspännern in die Arena gefahren, zuvor sind berittene Garden und Musikkapellen aufmarschiert.  Foto: Hachenberg, Bettina

Stets krönender Abschluss: die Quadrille der Marbacher Hengste unter ihren Reitern in den schwarz-rot-weißen Galauniformen. Nach dem Corona-bedingten Ausfall im vergangenen Jahr wird es 2021 unter der 3G-Prämisse (geimpft, genesen, getestet) für die Zuschauer wieder drei Hengstparaden geben: am 26. September, 2. und 3. Oktober.

Vor der Arena liegen die zwei Reithallen des Gestüts. Die historische aus dem Jahr 1861, die heute überwiegend für Repräsentationszwecke dient, und die 1973 erbaute Reithalle mit Sitzplätzen für 860 Zuschauer. Hier finden unter anderem Auktionen, Körungen und Zuchtschauen statt.

Geschichte im Gestütsmuseum

Besucher sind im Gestüt zu den Öffnungszeiten immer willkommen. Rund eine halbe Million Besucher pro Jahr zählte das Gestüt vor der Corona-Pandemie. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Marbacher Gestütshof kommt man auch an der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbauten Langen Scheuer vorbei. Diese wurde anlässlich des 500-Jahr-Jubiläums des Gestüts 2014 restauriert. Ausgestellt sind hier historische Kutschen und Schlitten. Und das Skelett des berühmten ägyptischen Vollblutarabers Hadban Enzahi ox, den viele Marbacher Vollblutaraber in ihrer Ahnentafel haben. Ein weiteres Pferdeskelett steht im Gestütsmuseum im nahegelegenen Offenhausen.

Es stammt vom Vollblutaraber Bairactar, Leibpferd des württembergischen Königs Wilhelm I. und Stempelhengst der württembergischen Araberzucht. Im Gestütsmuseum erhält man weitreichende Einblicke in die Geschichte des Haupt- und Landgestüts. Und wer jenes nicht zu Fuß erkunden will, kann es von der Kutsche aus erleben. Ob zu zweit im Landauer, in kleiner Gruppe im Jagd- oder in großer Gruppe im Planwagen, mit zwei vorgespannten Pferden kann man in Schritt und Trab auf der Alb rund um Marbach herrliche Eindrücke sammeln.

 
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