Stimme+
Pfedelbach
Lesezeichen setzen Merken

"Jedes Pferd ist ein Individuum wie wir Menschen auch"

   | 
Lesezeit  6 Min
Erfolgreich kopiert!

Kurt Weippert aus Pfedelbach-Oberohrn sitzt seit Jahrzehnten im Sattel, hat schon über 100 Pferde angeritten und ausgebildet und jede Menge Glücksmomente als Reiter und Züchter erlebt. Wir haben ihn zum Interview getroffen und über Glücksmomente, aber auch Unfälle im Sattel gesprochen.

von Bettina Hachenberg
   | 
Lesezeit  6 Min
Ein glücklicher Mensch: Reiter und Trakehner-Züchter Kurt Weippert mit seiner Stute Kiss me Kate und deren Fohlen Kiss me Quick.
 Foto: Bettina Hachenberg
Ein glücklicher Mensch: Reiter und Trakehner-Züchter Kurt Weippert mit seiner Stute Kiss me Kate und deren Fohlen Kiss me Quick. Foto: Bettina Hachenberg  Foto: Hachenberg, Bettina

"Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde". Einer, der weiß, ob dies zutrifft, ist Kurt Weippert aus Pfedelbach-Oberohrn. Der 66-Jährige ist seit seiner Kindheit begeisterter Reiter und Pferdefreund. Ob zunächst als Reitschüler, dann als Turnierteilnehmer in Dressur-, Spring- und Vielseitigkeitsprüfungen, im roten Rock bei Hubertusjagden, als Amateurjockey bei Trakehner-Rennen auf der Rennbahn in Mannheim-Seckenheim, als Ausbilder junger Pferde oder einige Jahre beruflich als Polizeibeamter bei der Reiterstaffel in Stuttgart, er war und ist ist in vielen Sätteln zu Hause, kennt fast alle Facetten des Reitsports.

 

Kurt, wie oft bist Du schon vom Pferd gefallen?

Kurt Weippert: Das kann ich nicht genau sagen. Da ich schon über 100 Pferde zugeritten habe, sind es bestimmt mehrere 100 Mal. Aber über das ganze Reiterleben gesehen - ich bin ja jetzt auch schon 66 - war es nicht so oft.

 

Dennoch liegt das Glück der Erde für Dich auf dem Rücken der Pferde?

Weippert: Ja. Das Zusammenfinden mit einem Pferd, das Beherrschen und gleichzeitig das Motivieren von einem so großen Lebewesen fasziniert mich. Und die Pferde geben einem das auch immer zurück, was man ihnen gibt.

 

Was war Dein schönstes Erlebnis auf dem Pferd?

Weippert: Ich denke, da gibt es mehrere. Natürlich die Ausritte, die Vielseitigkeitsreiterei und die Starts mit meinem Kestrel auf der Rennbahn. Das setzt unwahrscheinlich viel Adrenalin frei.

 

Kurt Weippert mit seinem Trakehner-Wallach Kestrel auf der Rennbahn in Mannheim-Seckenheim. Foto: Ursula Weippert
Kurt Weippert mit seinem Trakehner-Wallach Kestrel auf der Rennbahn in Mannheim-Seckenheim. Foto: Ursula Weippert

Was fühlt man beim Start auf der Rennbahn?

Weippert: Der Reiter ist natürlich nervös, das Pferd merkt auch, da ist etwas anders. Die Anspannung überträgt sich vom Reiter aufs Pferd. Da ist kein Pferd und kein Reiter ruhig, bis sich die Startflagge senkt. Wenn man dann das Tempo von rund 60 Stundenkilometern erreicht, ist das ein Wahnsinnsgefühl.

 

Wie viele Trakehner-Rennen bist Du mit Deinem Kestrel in Seckenheim geritten?

Weippert: Vier.

 

Was war Deine beste Platzierung?

Weippert: Bei unserem letzten Rennen 2015 war ich Dritter von zwölf Startern. Inzwischen darf Kestrel nicht mehr mit auf die Rennbahn, das geht nur bis zum Alter von 15. Heute ist er 19. Aber Jagden geht er immer noch. Und er ist immer noch gesund und richtig schnell.

 

Ist Kestrel ein besonderes Pferd für Dich?

Weippert: Ja, wir passen zusammen. Da stimmt die Chemie.

 

Hast Du ihn selbst gezogen?

Weippert: Nein, ich habe ihn als Zweijährigen im Gestüt Brettachtal gekauft und dann selbst ausgebildet.

 

Und Vielseitigkeit, die man ja als Krone der Reiterei bezeichnet, bist Du auch geritten?

Weippert: Ja, mit Kestrel einmal. Bei der berittenen Polizei bin ich drei Mal Vielseitigkeit bis zur großen L geritten. Unter anderem bei der Landesmannschaftsmeisterschaft in Bad Friedrichshall. Da haben wir mit der Polizeimannschaft von Württemberg den zweiten Platz gemacht.

 

Kurt Weippert bei der Hubertusjagd im Salltal, auf Kestrel.
Kurt Weippert bei der Hubertusjagd im Salltal, auf Kestrel.

Ist man als Polizeireiter glücklich im Sattel?

Weippert: Die Reiterei selbst war toll. Die Einsätze bin ich eigentlich auch sehr gern geritten, obwohl die nicht immer ganz ungefährlich waren wie bei Großdemonstrationen damals im nahen Umfeld der RAF oder bei Fußballspielen.

 

Hattest Du da stets das gleiche Pferd?

Weippert: Ich war zuerst in der Abteilung, die die jungen Pferde ausgebildet hat. Dann hatte ich noch ein älteres, gut ausgebildetes Pferd, den Gunter. Mit diesem bin ich die meisten Einsätze geritten, aber auch Vielseitigkeit.

 

Wie hat alles begonnen bei Dir mit der Reiterei?

Weippert: Mein Vater war Landwirt und hat auch Pferde gezüchtet. Er hat meinen Bruder und mich schon als Kleinkinder ohne Sattel auf die Pferde gesetzt, wenn er sie auf die Weide geführt hat. Mit Sechs durften wir selbst die Pferde rausführen. Unterwegs haben wir dann irgendwas gesucht, wo wir aufspringen konnten. Dann sind wir geritten. Wir hatten da ziemlich viele Freiheiten von unseren Eltern.

 

Wo waren Deine ersten Reitstunden?

Weippert: Beim Reit- und Fahrverein Öhringen.

 

Und wann bist Du auf Deinem ersten Turnier gestartet?

Weippert: Das erste Turnier war vielleicht mit 14, 15. Die erste Hubertusjagd bin ich schon mit zwölf auf der Strecke im Salltal mitgeritten.

 

Auf was für einem Pferd?

Weippert: Das war die Dirndl, ein Kaltblutpferd. Da sind wir von Oberohrn nach Friedrichsruhe geritten, haben die Jagd mitgeritten, und dann ging"s im Sattel wieder nach Hause.

 

Ein völlig anderer Pferdetyp als der, den Du jetzt unter dem Sattel hast.

Weippert: Ja genau. Mein älterer Bruder Siegfried hat die Warmblutstute geritten, und ich habe halt den Kaltblüter gekriegt.

 

Weitere Glücksmomente im Pferdesattel?

Weippert: Das Zureiten und die Ausbildung junger Pferde war immer mein Faible. Das ist immer etwas Neues: Jedes Pferd reagiert anders, wenn man das erste Mal den Sattel auflegt, wenn man das erste Mal aufsteigt, das erste Mal antrabt. Die einen bocken los, die anderen bleiben stehen, wissen überhaupt nicht, was los ist.

 

Ich stelle es mir nicht unbedingt als Glücksmoment vor, auf einem bockendem Pferd zu sitzen.

Weippert: Ja gut, aber wenn man das Pferd dann so weit hat, dass man es reiten kann und später auch andere draufsitzen und es nachreiten können, das sind die Glücksmomente.

 

Du willst das Glück des Reitens als Amateurreitlehrer auch an Kinder und Jugendliche vermitteln. Klappt das immer?

Weippert: Ja, das klappt sehr oft. Aber natürlich nicht immer. Ich versuche, Kindern und Jugendlichen im Reitverein oder im Bekanntenkreis die Reitlehre zu vermitteln. Zum einen dient korrektes Reiten der Unfallverhütung. Zum anderen sehe ich, dass die Pferde glücklich alt werden können und nicht verbraucht oder überbeansprucht werden.

 

Reiten kann auch mit Schmerzen oder Rückschlägen verbunden sein. Hast Du das schon erlebt?

Weippert: Ja, ich bin vor 20 Jahren gestürzt. Da hat sich das Pferd überschlagen und ist auf mein Sprunggelenk gefallen. Da hatte ich einen komplizierten Trümmerbruch am Knöchel. Inzwischen ist das Gelenk versteift. Aber ich kann reiten und radeln. Beim Gehen stört es allerdings.

 

Aber Du bist danach wieder in den Sattel gestiegen. War der Unfall kein Hemmnis?

Weippert: Nein, überhaupt nicht. Die ersten Sprünge nach dem Unfall waren bissle schwierig. Aber ich bin mit Gips schon wieder geritten.

 

Hattest Du nicht Angst?

Weippert: Nein, aber Respekt vor den ersten Sprüngen, weil der Unfall ja beim Springen passiert ist.

 

Bedeutet auch der Umgang mit Pferden Glück?

Weippert: Ja, natürlich. Jedes Pferd ist ein Individuum wie wir Menschen auch. Mit jedem muss anders umgegangen werden. Ich habe meine Pferde bei mir am Haus. Da gehört füttern, misten, pflegen dazu, ebenso das Anlernen von Fohlen wie zum Beispiel, die Hufe aufzuhalten. So wie ich gern mit Kindern und Jugendlichen umgehe und sie unterrichte, ist es mit Pferden auch.

 

Begrüßen Dich Deine Pferde, wenn Du in den Stall kommst?

Weippert: (lacht) Ja, die bekommen mit, wenn ich morgens aufstehe. Da wird schon gewiehert. Aber ich denke, dass es eher das Futter ist.

 

Was war bislang der glücklichste Tag in Deinem Leben mit Pferden?

Weippert: Da gibt es so viele glückliche Tage. Wenn ein Pferd mal krank ist und sich wieder erholt. Wenn Fohlen auf die Welt kommen und alles gut geht. Das ist jedes Mal ein Wunder der Schöpfung, das sind ganz glückliche Tage.

 

Du bist auch ein sehr erfolgreicher Züchter.

Weippert: Ja, das sagt man mir inzwischen nach. Ich habe früher nur ganz wenig gezüchtet. Jetzt mit der Pensionierung habe ich mit meinem Sohn Michael eine Trakehner-Stute gekauft, die Kiss me Kate. Mit der züchten wir seither. Mit dem ersten Fohlen haben wir gleich einen Glückstreffer gehabt. Das war 2018 der Trakehner- Siegerhengst Kattenau. Die Stute steht hier im Stall und hat jetzt ihr drittes Fohlen. Da sind wir sehr glücklich, das alles so klappt.

 

Deine Familie teilt Deine Pferdeleidenschaft?

Weippert: Ja, mein Vater hat gezüchtet, mein Bruder züchtet seit vielen Jahren und hat einen Pensionsstall, mein Sohn Michael und ich züchten jetzt auch. Und ich habe meine Frau Uschi auf dem Turnier kennengelernt. Sie ist früher viel und gut geritten. So setzt es sich halt fort. Zwei unserer vier Kinder reiten auch. Und unsere drei kleinen Enkel fangen ebenfalls schon an.

 

Gibt es auch andere Facetten des Glücks außer Reiter und Pferdezüchter zu sein?

Weippert: Ja klar. Ich habe früher in der Jugend viel Leichtathletik gemacht. Sport überhaupt setzt Glücksgefühle frei. Aber das größte Glück für mich ist meine Familie. Sie kommt an allererster Stelle.

 

Du bist also ein rundum glücklicher Mensch?

Weippert: Ja.

 

Zur Person

Kurt Weippert, Jahrgang 1955, wurde als Sohn einer Landwirts- und Pferdezüchterfamilie im heutigen Pfedelbacher Teilort Oberohrn geboren. Er hat drei Geschwister. Nach der mittleren Reife an der Realschule Öhringen machte er seine Ausbildung bei der Polizei, war zunächst im Streifendienst in Künzelsau, von April 1979 bis August 1982 bei der Reiterstaffel in Stuttgart, danach im Streifendienst auf dem Polizeirevier in Öhringen und auf den Polizeiposten Neuenstein und Pfedelbach. Er ist verheiratet mit Ursula Weippert, sie haben vier erwachsene Kinder und drei Enkel. Das Paar lebt in seinem Elternhaus in Oberohrn und hat derzeit vier Pferde im angrenzenden Stall. 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben