Güglingen: Zwischen Geldsegen und Bürgerbegehren
Jahresrückblick 2021: Gewerbesteuer ist deutlich höher als erwartet. Es gibt Streit um Befangenheit im Rat. Der TSV betreibt Prophylaxe.

Raumluftfilter für alle Schulen und Kindergärten in Güglingen? Die einen wollen es mit aller Macht, die anderen halten es nicht für notwendig, ihre ablehnende Haltung zu begründen. Das auf den Weg gebrachte Bürgerbegehren in dieser Frage und wie am Ende das Bemühen besorgter Eltern an Formalitäten scheitert, steht sinnbildlich für das zu Ende gehende Jahr in Güglingen. Im kommenden Jahr wird dieses Thema die Stadt womöglich weiter beschäftigen. Die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens wollen das juristische Gutachten, das den Bürgerentscheid vereitelt hat, jetzt selbst juristisch prüfen lassen.
Lager im Gemeinderat
Seit Jahren stehen sich im Gemeinderat in wichtigen und ebenso in nebensächlichen Fragen immer wieder regelrechte Lager gegenüber. Was Teile des Rates mit engagierter Rede auf den Weg bringen wollen, wird von anderen Teilen des Gremiums geschlossen abgelehnt. Es wurden in den Vorjahren Beschlüsse gefasst, denen Bürgermeister Ulrich Heckmann widersprechen musste. Und bei einem Verkauf eines Randstreifens an einen benachbarten Grundstücksbesitzer herrscht im Juni Unklarheit über die Befangenheit eines Stadtrats. Von Mauschelei ist die Rede. Und Bürgermeister Heckmann äußert sich öffentlich über sein angespanntes Verhältnis zum Chef der größten Gemeinderatsfraktion.
Noch zu Jahresbeginn waren Heckmann und Kämmerer Torsten Behringer für 2021 von einem knapp vier Millionen Euro großen Haushaltsloch ausgegangen. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer sowie der Grundsteuern A und B waren die Folge. Im Spätsommer dann die Kehrtwende: Heckmann und Behringer präsentieren einen Nachtragshaushalt mit einem Überschuss von rund 1,3 Millionen Euro. Ursächlich dafür sind rund sechs Millionen Euro mehr Einnahmen bei der Gewerbesteuer als ursprünglich gedacht.
Kindertagesstätte Gottlieb Luz

Heckmann tritt dennoch auf die Euphoriebremse und mahnt Einsparungen an. Obwohl auch die mittelfristige Finanzplanung hoffnungsfroher stimmt als noch vor einem Jahr. Vorschläge wo gespart werden kann, bleibt der Bürgermeister allerdings schuldig. Teile des Gemeinderats sind da schneller - nämlich beim lange umstrittenen Neubau der evangelischen Kindertagesstätte Gottlieb Luz und des Familienzentrums. Zuletzt diskutierte das Gremium über Bäume, Sonnensegel und Spielgeräte, um angesichts des rund sechs Millionen Euro teuren Projekts ein paar zehntausend Euro nicht ausgeben zu müssen. Eine Klimatisierung lehnte der Rat bereits im September ab. 2022 geht es mit dem Bau los. Fünf Millionen Euro sind im Etat eingestellt.
Sechs Millionen Euro erhofft sich die Stadt im kommenden Jahr aus dem Verkauf von Wohnungen und Baugrundstücken. Unter anderem aus der lange umstrittenen Veräußerung von Wohnungen im Neubau Deutscher Hof 21. Die seien laut Heckmann notwendig, um den Haushalt finanziell darstellen zu können. Die ersten Wohnungen wechseln jetzt ihre Besitzer.
Die Wohnrauminitiative in der Kernstadt greift. Heckmann rechnet mit 100 neuen Wohnungen in der Heilbronner Straße, der Marktstraße und der Maulbronner Straße. Im Juni nimmt das Konzept für Wohnhäuser auf dem Schafhausplatz konkrete Züge an. Im Mai erhält die Stadt eine besondere Auszeichnung. Als eine von 21 Kommunen in Baden-Württemberg wird ihr "ausgezeichnetes Energiemanagement" attestiert.

Und auch der Mittelpunkt des Zabergäus zwischen Frauenzimmern und Güglingen nimmt immer mehr Gestalt an. Die Initiatoren der Öko-Oase legen im April Hand an, damit der einstige Ackerstreifen im Sommer ein Refugium für Wildbienen, Eidechsen und Spaziergänger wird. Das bauliche Symbol der Stadt ist weithin sichtbar. Im November steht dann Ralls Loggia auf dem Areal.
Ein Zeichen gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder setzt der TSV Güglingen. Drei Schutzbeauftragte wollen Ansprechpartner sein und prophylaktisch wirken. Stillstand herrscht bei der Umgehungsstraße Güglingen/Pfaffenhofen. Bürgermeister Heckmann war davon ausgegangen, dass es 2021 mit dem Bau losgeht. Er hat deshalb am Jahresende einen offenen Brief an Landesverkehrsminister Wilfried Hermann geschickt. Er hofft, dass 2022 die Bagger und Raupen anrollen.
Investitionsprogramm
Die Stadt Güglingen investiert 2022 allein in Bauprojekte rund 11,6 Millionen Euro. Davon fließen allein rund fünf Millionen Euro in den Neubau der Kindertagesstätte Gottlieb Luz und des Familienzentrums. Die Sanierung der Sporthalle Hintere Wiesen schlägt mit rund 2,1 Millionen Euro zu Buche. Darüber hinaus bringt die Stadt Kanäle und Straßen auf Vordermann und gibt dafür rund 1,1 Millionen aus. Rund 865 000 Euro sind für den barrierefreien Umbau aller Bushaltestellen vorgesehen.