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Erneuerbare legen zu, Kernkraft geht zurück

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Die Stromerzeugung in Baden-Württemberg wandelt sich. Durch die Abschaltung des Kernkraftwerks Philippsburg Ende 2019 hat sich der Anteil der Kernenergie deutlich verringert. Fossile Energieträger haben weiterhin einen großen Anteil.

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Blick in das Reststoffbearbeitungszentrum Philippsburg. Dort kann radioaktiv belasteter Abfall gereinigt werden, der beim Rückbau des Kernkraftwerks entsteht. Foto: dpa
Blick in das Reststoffbearbeitungszentrum Philippsburg. Dort kann radioaktiv belasteter Abfall gereinigt werden, der beim Rückbau des Kernkraftwerks entsteht. Foto: dpa  Foto: Markus Tebbert (EnBW)

Das geht aus den Daten für das Jahr 2020 hervor, die das Statistische Landesamt erst jetzt vorgelegt hat. Was auffällt: Die Lücke durch die weggefallenen Reaktoren wurde nicht geschlossen – vielmehr ging die Stromerzeugung im Land generell zurück.

Konkret produzierten die verschiedenen Energieträger in Baden-Württemberg 44,3 Milliarden Kilowattstunden Strom. Das sind etwa 12,8 Milliarden weniger als im Vorjahr, als auch schon ein Rückgang gegenüber 2018 von 4,8 Milliarden Kilowattstunden verbucht wurde. Während aber von 2018 auf 2019 der Rückgang bei den Kohlekraftwerken stattfand, brach 2020 die Stromerzeugung bei der Kernkraft um fast die Hälfte ein.

GKN II soll in einem Jahr vom Netz gehen 

Beide Entwicklungen haben vor allem energiepolitische Gründe: 2019 war das Jahr, in dem die EnBW Kohleblöcke in Altbach, Karlsruhe und Heilbronn kaum noch in Betrieb hatte, weil sie in die Netzreserve überführt worden waren, also nur noch auf konkrete Anforderung ansprangen. Außerdem wurde das Kraftwerk Stuttgart-Gaisburg vom Kohle- zum Gaskraftwerk umgebaut. 2020 spiegelt sich die Abschaltung des letzten Reaktors von Philippsburg in den Zahlen wider. Die übrigen 11,1 Milliarden Kilowattstunden aus Atomenergie wurden ausschließlich im letzten verbliebenen Kernkraftwerk Neckarwestheim II erzeugt. Auch für diesen Standort tickt jedoch die Uhr: In ziemlich genau einem Jahr soll er vom Netz gehen.

Unter dem Strich war Baden-Württemberg 2020 in noch nie dagewesenem Ausmaß auf Stromimporte angewiesen: Der eigenen Erzeugung in Höhe von 44,3 Milliarden Kilowattstunden stand ein Stromabsatz an Industrie, Haushalte und andere Verbraucher von 55,5 Milliarden Kilowattstunden gegenüber. Dass weniger erzeugt als verbraucht wurde, kam seit 1980 nur 13 Mal vor – von 1980 bis 1984, von 2008 bis 2013 sowie seit 2019.

 

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Photovoltaik mit stärksten Zuwachs

Der Aufschwung der erneuerbaren Energieträger läuft unterdessen nur schleppend. Die Daten des Statistischen Landesamtes belegen, dass es seit Jahrzehnten eine gewisse Grundversorgung durch die Laufwasserkraftwerke gibt, etwa vier bis fünf Millionen Kilowattstunden, je nach Wasserstand im Jahresverlauf. Andere Erneuerbare wie Wind, Photovoltaik und Biomasse machen sich in den Zahlenreihen erst seit 2005 deutlicher bemerkbar.

Ein gewisser Gipfel war 2013 erreicht, starker Zuwachs bei der Stromerzeugung wurde dann nochmals 2016 und 2019 verbucht. Das Plus für 2020 in Höhe von knapp 300 Millionen Kilowattstunden nimmt sich dagegen ziemlich bescheiden aus. Hier zeigt sich, dass das politische Ziel, mehr Windkraft- und Photovoltaikanlagen zu errichten, in der Realität nur schwer umzusetzen war.

Am stärksten unter den Erneuerbaren legte 2020 noch die Photovoltaik zu – mit einem Plus von 8,6 Prozent. Bei den Wasserkraftwerken gab es dafür ein Minus, während die Stromerzeugung aus Windkraft und Biomasse nur leicht zunahm. Unter dem Strich steht für erneuerbare Energieträger somit ein kleines Plus bei der Stromproduktion von 1,7 Prozent, woraus sich nur dank der deutlich geringeren Erzeugung aus Steinkohle und Kernkraft ein viel höherer Anteil der Erneuerbaren an der gesamten Stromerzeugung im Land ergab.

Um diesen Anteil auch nachhaltig zu steigern, will die Landesregierung nun die Genehmigungsverfahren für Windkraft und Photovoltaik-Flächen deutlich beschleunigen. Umweltministerin Thekla Walker sagte dazu vor wenigen Tagen: "Unser Ziel ist ein klimaneutrales Baden-Württemberg bis 2040; der Energiewende kommt dabei eine entscheidende Rolle zu." Vier Arbeitsgruppen einer Task Force hätten dazu erste konstruktive Vorschläge vorgelegt, wie Hemmnisse beim Ausbau der regenerativen Energien abgebaut werden können – sowohl beim Bereitstellen von Flächen als auch bei den Genehmigungsverfahren. Projekte in Heilbronn-Franken gibt es jedenfalls reichlich. Gerade erst hat zum Beispiel die Gemeinde Roigheim die nächsten Schritte für den Bau einer 7,7 Hektar großen Photovoltaik-Anlage gemacht.

 

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