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Obersulm
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Über Schönheit und Schwierigkeit, ein Lokal auf dem Dorf zu führen

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Schon vor der Corona-Krise gab es ein Wirtshaussterben im ländlichen Raum. Doch auch in kleinen Ortschaften gibt es noch Lokale - etwa in Obersulm-Eichelberg. Zufällig kehrt hier selten jemand ein. Deshalb gilt es, auf bestimmte Dinge besonders Wert zu legen.

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Der Eingang in die Traube ist von reichlich Grün umgeben. Auch im Inneren herrscht ein Wohlfühlambiente. Foto: Wieland
Der Eingang in die Traube ist von reichlich Grün umgeben. Auch im Inneren herrscht ein Wohlfühlambiente. Foto: Wieland

Es ist ja nicht nur so, dass der kleine Ort Eichelberg abseits der Hauptverkehrsadern versteckt zwischen Weinbergen liegt. Es ist auch so, dass sich das dortige Restaurant Traube selbst in einer Seitenstraße befindet. Rein zufällig kehrt hier keiner ein, weiß das Wirteehepaar Frisch. "Wir leben hauptsächlich von Stammgästen, in der Stadt ist das vielleicht nicht ganz so", sagt Ute Frisch und ergänzt: "Es ist schön, dass man die Menschen und ihre Gewohnheiten kennt."

Und die nehmen durchaus eine längere Anreise auf sich, kommen aus Heilbronn, Stuttgart oder dem Backnanger Raum. Ist die Stimmung also ungetrübt, in dieser idyllischen Hügellandschaft unterhalb von Löwenstein? "Es ist schön - und schwierig", sagt Martin Frisch.

Gekocht wird in der Traube "wie früher"

Der 53-Jährige kennt die Gastronomie von klein auf, seine Eltern haben die Traube betrieben und davor deren Vorfahren. Martin Frisch ist die sechste Generation seit 1853. Schön ist die Tätigkeit deshalb, weil es dem Ehepaar Freude bereitet, die Gäste zu verwöhnen. "Die Leute wollen hier in der Gegend wandern, danach einkehren und dass es ein gutes Viertel Wein und qualitativ gutes Essen gibt", sagt der Chef, der selbst in der Küche steht. Dort werde gekocht "wie früher" und die Soße selbst angesetzt. 

Schwierig sei das Ganze zum Beispiel bei der Personalsuche. "Wenn man früher per Inserat eine Küchenhilfe gesucht hat, dann stand das Telefon nicht mehr still", erzählt Ute Frisch. Heute müsse man froh sein, wenn sich überhaupt jemand melde. Ein Zustand, den andere Gastronomen nur zu gut kennen und der sich abseits der großen Städte verstärkt, weil der Weg - etwa für Studenten als Aushilfen im Service - weit ist.

Martin Frisch legt Wert auf die Feststellung, dass gerade Menschen mit ausländischen Wurzeln unverzichtbar für viele Betriebe sind. "Viele Junge wollen den Beruf nicht mehr erlernen wegen der Arbeitszeiten", berichtet Martin Frisch. Das Ehepaar weiß nur zu gut, was hinter dieser Aussage steckt. Seit 22 Jahren führen die beiden die Traube mit den gemütlichen, dunklen Möbeln, dem Klavier in der Gaststube und dem urigen Nebenzimmer mit niedriger Decke sowie Lampenhaltern an den Wänden. "Jeden Samstag, Sonntag und Feiertag ist man im Einsatz, dazu an Weihnachten und Silvester - das muss einem Spaß machen", so der Koch. Andernfalls funktioniert das Ganze nicht, ist Martin Frisch überzeugt. 

Auch gute Unterhaltung gehört dazu

Das Rezept, um auf dem Land bestehen zu können, unterscheidet sich seiner Meinung nach gar nicht so sehr von anderswo. "Qualität ist das A und O. Guter Service gehört dazu. Und die Leut' wollen unterhalten werden. Essen und trinken kann man auch daheim, da gehört es dazu, mit den Leut' ein bissle zu schwätzen."

Martin und Ute Frisch stoßen mit einem Glas Merlot an. Seit 22 Jahren führen sie das Restaurant Traube in Eichelberg. Foto: Wieland
Martin und Ute Frisch stoßen mit einem Glas Merlot an. Seit 22 Jahren führen sie das Restaurant Traube in Eichelberg. Foto: Wieland

Der Gastronom sieht zudem keine großen Unterschiede zu vergangenen Zeiten. Klar, "früher ist in den Wirtschaften Politik gemacht worden und man ist hingegangen, um etwas zu erfahren". Diese Funktion nimmt ein Gasthaus heutzutage nicht mehr in dem Maße ein, weil Informationen vielerorts erhältlich sind.

Dennoch ist das Geschäft für Martin Frisch ähnlich wie früher, weil sich die Grundpfeiler nicht verändert haben, eben die Qualität und die Unterhaltung, um die es gehe. Strenger sind jedoch die Dokumentationspflichten geworden, was die Hygiene angeht. Verkehrt ist das freilich nicht, nimmt aber Zeit in Anspruch.

Sorgen nach den ersten Einschnitten

Die ersten Einschnitte durch die Corona-Pandemie waren für das Ehepaar wie für viele andere Gastronomen ein Schock. Ute Frisch schildert es so: "Erst sind wir wie Falschgeld herumgelaufen. Man schafft 20 Jahre, hängt sein ganzes Herzblut rein – und dann fragt man sich: 'War es das?'"

Als die ersten Schockmomente überstanden waren, bekamen die Küche und das Nebenzimmer einen neuen Anstrich, ehe die Traube einen Abholservice einführte. "Besonders zu Ostern haben wir die Dankbarkeit der Menschen deswegen gespürt. Das hat nach den vorangegangen Wochen gut getan", sagt Ute Frisch. Klar, dass auch die passende Soße bei den Ostergerichten nicht fehlen durfte.

 

 

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