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Wenn Bewegung plötzlich wehtut: Das hilft bei Gelenkbeschwerden

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Joggen, Skifahren, Tennis spielen  - und plötzlich wird das Gelenk dick und heiß und tut weh. Solche Beschwerden können Hinweise auf eine Arthrose sein. Was tun, wenn der Sport unliebsame Folgen hat? Drei Experten erklären, welche Maßnahmen helfen können.

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  • Medikamente

Der Experte: Professor Karl-Dieter Heller, Chefarzt der Orthopädischen Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE).

Ziel der medikamentösen Therapie:

Wer unter Arthrose leidet, muss mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leben. Was viele nicht wissen: Es ist nicht der beschädigte Gelenkknorpel, der weh tut. Denn der hat keine Nerven. Vielmehr ist bei einer Arthrose die Gelenkschleimhaut (Synovialis) entzündet. Zusammen mit dem oftmals begleitenden Gelenkerguss ist das die Hauptursache der Schmerzen. Diese akute Entzündung muss auch medikamentös gezielt bekämpft werden.

Akute Beschwerden durch Arthrose lassen sich am besten mit sogenannten nicht-steroidalen Entzündungshemmern (NSAR) behandeln, rät Professor Karl-Dieter Heller,  Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik. Foto: privat
Akute Beschwerden durch Arthrose lassen sich am besten mit sogenannten nicht-steroidalen Entzündungshemmern (NSAR) behandeln, rät Professor Karl-Dieter Heller, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik. Foto: privat  Foto: Stefan-Thomas Kröger


Für wen eignet sich die medikamentöse Therapie?

Für alle, bei denen kein organischer Befund dagegenspricht. Der behandelnde Arzt wird die Risiken abklären und die Dosierung bestimmen.


Welche Medikamente sind geeignet?

Das funktioniert am besten mit sogenannten nicht-steroidalen Entzündungshemmern (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen. Gewarnt wird vor der Einnahme von Opioiden bei Arthrose: Diese sind reine Schmerzhemmer, die nicht gegen die Entzündung in Hüfte und Knie wirken. Zudem können sie die Gefahr für Schwindel und Stürze erhöhen und weisen ein Abhängigkeitspotenzial auf. Daher so

llten sie laut aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Leitlinien  – wenn überhaupt – nur in der niedrigsten wirksamen Dosis und auch nur wenige Wochen eingenommen werden.


Welche Risiken sind damit verbunden?

NSAR-Medikamente können Nebenwirkungen haben, sie sich manchmal auch erst einige Zeit nach Beginn der Therapie einstellen. Im akuten Fall leisten sie wertvolle Hilfe, doch die dauerhafte Einnahme von nicht-steroidalen Entzündungshemmern ist meist keine gute Idee.

 

  • Akupunktur

Akupunktur ist ein Teilgebiet der Traditionellen Chinesischen Medizin und fördert die Harmonisierung des Organismus, sagt Experte Dr. Jan Bachmann. Foto: Mario Berger
Akupunktur ist ein Teilgebiet der Traditionellen Chinesischen Medizin und fördert die Harmonisierung des Organismus, sagt Experte Dr. Jan Bachmann. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Der Experte: Dr. Jan Bachmann, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. In seiner Praxis in Heilbronn-Sontheim wendet er die Methode täglich an.  

Ziel der Akupunktur:

Mittels Akupunktur sollen die Schmerzen reduziert und damit die Funktion des arthrotischen Gelenks verbessert werden.


Für wen eignet sich Akupunktur als Therapie?

Grundsätzlich für jeden Patienten mit Arthrose. Aber: Nicht jede Arthrose spricht gleich gut auf die Akupunktur an. Besonders wirkungsvoll ist die Behandlung bei der Arthrose des Kniegelenks.


Was passiert bei einer Akupunktur?

Der Therapeut macht sich durch eine ausführliche Anamnese ein Bild von den Beschwerden des Patienten. Auf dieser Grundlage bestimmt er die Akupunkturpunkte, in die die Nadeln gesetzt werden. Diese Akupunkturpunkte liegen auf sogenannten Meridianen. Dies sind gedachte „Linien“, die Punkte einer Funktionsgruppe verbinden. Die Meridiane orientieren sich an deutlichen Körpermerkmalen wie zum Beispiel Knochenvorsprüngen.


Wie wirkt Akupunktur?
 

In den Vorstellungen der Traditionellen chinesischen Medizin erfolgt bei der Akupunktur eine Zufuhr, Ausleitung oder Verschiebung von Energie. Zugrunde liegt das Prinzip von Yin und Yang – zwei Energien, die sich idealerweise im Gleichgewicht befinden. Mit den Nadeln werden gezielte Reize gesetzt, die zu einer Harmonisierung des Organismus führen sollen. Aus schulmedizinischer Sicht ist die Wirkung der Akupunktur nicht abschließend erklärt. Eine Komponente ist offenbar die Wirkung auf das vegetative Nervensystem.


Welche Risiken und Nebenwirkungen können auftreten?

Bei gewissenhafter Anwendung sind die Risiken überschaubar. Gelegentlich tritt mal ein kleiner Bluterguss auf. Regelmäßig sind nach der ersten Akupunktur Erstverschlimmerungen zu beobachten. Die Betroffenen reagieren im Anschluss meist sehr gut auf die Fortsetzung der Akupunktur.


Wie nachhaltig ist die Therapie?

Dies ist individuell sehr verschieden. Zum Teil können dauerhafte Beschwerdelinderungen erreicht werden. Es gibt aber auch genug Fälle, wo die Akupunktur keine Verbesserung erreichen kann. Die Akupunktur ist kein Allheilmittel, sondern sie ist eine Therapiemöglichkeit, die einen schulmedizinischen Ansatz sehr gut ergänzen kann.

 

  • Physiotherapie

Physiotherapie kann bei Gelenkbeschwerden stabilisierend wirken und den Knorpelstoffwechsel anregen, sagt der Experte Volker Sutor. Foto: Ralf Seidel
Physiotherapie kann bei Gelenkbeschwerden stabilisierend wirken und den Knorpelstoffwechsel anregen, sagt der Experte Volker Sutor. Foto: Ralf Seidel  Foto: Seidel, Ralf

Der Experte: Volker Sutor ist Physio- und Sporttherapeut und betreibt mehrere Praxen in der Stadt und im und Landkreis Heilbronn.

Ziel  der Physiotherapie:  

Die Hauptursache einer Arthrose ist häufig nicht zu viel, sondern zu wenig Bewegung. Die Degeneration ist irreversibel. Aufgabe der Physiotherapie ist es deshalb, eine adäquate Bewegungssituation zu erreichen. Damit werden nicht nur die Muskulatur stabilisiert und bei Knieproblemen die Beinachse korrigiert, sondern auch der Knorpelstoffwechsel angeregt sowie die Knorpelbelastbarkeit und die Schmerzverarbeitung  optimiert. 


Für wen eignet sich die Physiotherapie?

Alle Patienten mit degenerativen Problemen können von der Behandlung profitieren.


Wie läuft die Therapie ab?

Jedes Training sollte schmerzfrei möglich und individuell angepasst sein. Für jeden Patienten erstellt der Therapeut einen individuellen Trainingsplan. Wichtig ist ein sinnvoller Aufbau von wenig zu mehr Belastung, um den Reiz an die Möglichkeiten des Patienten anzupassen. Wasserbasiertes oder Ergometertraining sind hauptsächlich in der akuten Phase zu empfehlen, generell ist  landbasiertes dem wasserbasiertem Training überlegen.


Was gehört dazu?

  • Koordinationstraining: Gleichgewichts- und Beinachsentraining
  • Ausdauertraining: Allgemeines Ausdauertraining im Umfang von 150 beziehungsweise 75 Minuten niedrig- bis höherintensives Training pro Woche
  • Krafttraining: zweimal pro Woche, auf die um das betroffene Gelenk liegende Muskulatur abgestimmt


Wie nachhaltig ist die Therapie?

Physiotherapie ist Hilfe zur Selbsthilfe: Sie sollte - anfangs unter Anleitung, später als Eigentherapie - ein Leben lang durchgeführt werden, da eine Arthrose langfristig und wiederkehrend auftritt. Wenn die Arthrose weiter voranschreitet, muss mit dem Orthopäden die weitere Vorgehensweise besprochen werden.


Bewegung ins Leben integrieren - Praxis-Tipps für Knie und Hüfte von der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik:

Jede Gelegenheit kreativ zur Bewegung nutzen, zum Beispiel:

  • häufiges Aufstehen vom Sofa und Büroschreibtisch
  • bewusst Treppen steigen (kräftigt die Kniegelenkstrukturen sehr gut)
  • zwischendurch auf Zehenspitzen stehen und auf und ab wippen
  • Einbeinstand beim Zähneputzen
  • mehrmals in der Woche schonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking im eigenen Tempo ausüben
  • sich vom Physiotherapeuten ein individuelles, tägliches Übungsprogramm zusammenstellen lassen
  • eventuell bestehendes Übergewicht abbauen, um die Gelenke zu entlasten
  • Wärme, Massagen und Krankengymnastik beseitigen Muskelverspannungen und lindern Schmerzen
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