Bei den Schuhen sollte man nicht sparen
Eine Laufanalyse beim Experten hilft Fehlstellungen auszugleichen und Schmerzen zu vermeiden. Druckmessung und 3-D-Scan-Technik schaffen Abhilfe.

„Man kann sich meinetwegen einen Baumwolllumpen um den Hals hängen beim Laufen. Aber bei den Schuhen sollte man nicht sparen“, sagt Tim Indorf. Der Orthopädie-Schuhmachermeister ist ein Profi, wenn es um den richtigen Laufschuh geht. In seinem Geschäft in Bremerhaven bietet Indorf eine intensive Analyse per Laufband, Druckmessung und 3-D-Scan-Technik an. Wer diese in Anspruch nimmt, geht am Ende mit einer Kaufempfehlung wieder nach Hause.
Der frischgebackene Vater, der selber gerne läuft, holt unscheinbare, weiße Einlagen aus Stoff aus einem Alukoffer und legt sie in den Laufschuh von Thomas Bartling. Der Leherheider bekommt dann noch einen Sensor um die Wade geschnallt und steigt schließlich aufs Laufband. „Das ist ein ganz klassisches Modell, was es auch in Fitnessstudios gibt“, sagt Indorf. Was dagegen gar nicht klassisch ist, sind die weißen Einlagen in Bartlings Schuhe. „In ihnen befinden sich 256 Messpunkte, die während des Laufens 60-mal in der Sekunde den Druck messen.“
Innendruckmessung nennt man das ganz genau. Die beim Laufen erhobenen Daten, die jetzt auf dem PC-Bildschirm einlaufen, sorgen für eine bunte „Landkarte“ von Bartlings Fußsohlen. Die Felder, die blau sind, zeigen Flächen an, auf die wenig Druck ausgeübt wird, bei den gelben und grünen ist dieser schon höher – und bei rot wäre es zuviel. Rote Areale, die ab einem Druck von 28 Newton erscheinen, zeigen sich in diesem Fall aber keine. 24,3 ist der höchste Wert. „Hier ist alles okay“, sagt Indorf.

Individuelle Schuhberatung
Parallel dazu wird Bartlings Lauf mit 66 Bilder pro Sekunde gefilmt. In diese kann Indorf später zum Beispiel virtuelle Achsen einzeichnen, um zu überprüfen, ob es Fehlstellungen gibt, die zu Problemen oder gar Schmerzen führen könnten. Hüfte, Knie und Sprunggelenke werden dabei mit in Augenschein genommen.
Diese Daten und ein gemeinsam ausgefüllter Fragebogen bilden die Grundlage für eine ganz individuelle Schuhberatung – sehr sinnvoll in Zeiten, wo man coronabedingt kaum Schuhe anprobieren kann. „Wir empfehlen Marke, Modell und auch die Größe – und zwar ganz unabhängig“, sagt der Orthopädie-Schuhmachermeister. Mal kann es ein neutraler Schuh sein, ein anderes Mal muss ein stabilisierender gewählt werden – und in anderen Fällen sollte der Läufer eine orthopädische Einlage wählen.
„Hier kann es sinnvoll sein, eine aktive Einlage zu wählen“, erklärt der 35-Jährige. Diese wird aus PE-Schaum nach einem 3-D-Scan angefertigt und funktioniert sensomotorisch: „Mit bestimmten Reizen, die die Einlage ausübt, sprechen wir die Sensorik anders an, damit sich die Motorik verändert.“ Und so Fehlstellungen ausgeglichen und Schmerzen vermieden werden. „Den klassischen zweidimensionalen Scan führen wir darüber hinaus natürlich auch aus.“
Das subjektiv gute Gefühl muss da sein
Drei Wochen lang nutzt der Läufer diese Einlage zur Probe, dann wird genau geguckt, ob sie ihren Zweck erfüllt. Bartling läuft mit seinen Schuhen eindeutig im „grünen Bereich“. „Du hast Glück, wir müssen heute nicht amputieren“, sagt Indorf lachend. Auch Bartling ist mit seinem Schuhwerk sehr zufrieden. „Und das ist letztlich die Hauptsache“, betont Indorf. „Ich kann noch so gut alles wissenschaftlich belegen: Letztlich muss der Sportler subjektiv ein gutes Gefühl haben.“
Von einer Sache ist der Fachmann aber absolut überzeugt: Ein guter Schuh kostet etwas. „Ein Kumpel von mir schwört auf Laufschuhe vom Discounter. Bei einer Fußdruckanalyse habe ich ihm bewiesen, dass seine Füße beim Laufen viel zu stark belastet werden.“ Die gängigen Marken wie Asics, Nike, Adidas und Brooks steckten in die Sohlen ihrer Schuhe eine durchdachte Technik, die ihren Preis habe.
Wenn Indorf über die speziellen Aufbauten und unterschiedlichen Dämpfungssysteme spricht, merkt man die Begeisterung für sein Metier. Schuhberatung kann Spaß machen – und die Leidenschaft fürs Laufen sinnvoll unterstützen.