Der Höhepunkt der deutschen Autoproduktion ist überschritten
Nicht erst mit dem Dieselskandal, nicht erst mit Corona hatten die deutschen Autobauer Mühe, bei der Produktion noch eine Schippe draufzulegen. In Grafiken zeichnen wir die Herausforderungen der Branche nach.
CO2-Emissionen pro Kopf in der Region
Das kleine Offenau weist den höchsten Wert bei den Treibhausgas-Emissionen je Einwohner auf. Schuld sind aber nicht die Offenauer Bürger, sondern einer der größten Arbeitgeber: Das Südzucker-Werk ist während der durchschnittlich 100 Tage dauernden Kampagne in Dauerbetrieb. Der Zucker wird aus den Rüben gekocht und kristallisiert dann, indem man das Wasser verdunstet – alles Vorgänge, die logischerweise mit hohen Treibhausgas-Emissionen verbunden sind.
Heilbronn auf Rang zwei überrascht wiederum nicht, da dort zum einen das Kohlekraftwerk der EnBW steht und zum anderen viele Industriebetriebe ansässig sind, die entsprechend hohen Energieverbrauch haben. Auch die Kommunen auf den folgenden Plätzen lassen sich vor allem mit ihren Industriebetrieben erklären – bei Neuenstein ist es Magna (ehemals Getrag), bei Weißbach die Firma Hornschuch, die auch ein eigenes Kraftwerk betreibt. Einzig Erlenbach fällt etwas aus der Reihe, aber auch hier kommt eine relativ geringe Bevölkerungszahl auf viele Gewerbebetriebe.
Am anderen Ende der Tabelle steht übrigens Untereisesheim, das nur ein kleines Gewerbegebiet besitzt, in dem eine Großwäscherei größter Emittent sein dürfte. Die größte Überraschung ist in diesem Vergleich Neckarsulm: Trotz zigtausender Arbeitsplätze, einer Alugießerei und dem Audi-Werk liegt die Stadt auf einem guten Mittelfeldplatz – und hat einen besseren Wert als Bad Rappenau oder Öhringen.
Ölverbrauch je Einwohner
Sowohl weltweit als auch in wichtigen Industrienationen ist der Ölverbrauch seit dem Höhepunkt in den 70er Jahren stetig gesunken. Einzig in den USA hab es zuletzt eine leichte Zunahme. Anders hingegen im aufstrebenden China: Der wachsende Wohlstand, der sich auch in deutlich mehr Autokäufen niederschlug, hat einen Anstieg vor allem seit dem Jahr 2000 bewirkt. In Japan gab es nach 2011 einen Knick nach oben – weil auf das Abschalten der Atomkraftwerke nach der Fukushima-Katastrophe vermehrt Ölfeuerungen betrieben werden mussten.
Inlands-Pkw-Produktion
Der Höhepunkt der deutschen Automobilproduktion liegt offensichtlich schon länger hinter uns. Nicht kurz vor Corona, sondern schon 2011 war mit mehr als 5,8 Millionen in Deutschland hergestellten Autos der Höhepunkt erreicht. Das war kurz nach der Finanzkrise, die sich in der Grafik als Zacken nach unten abzeichnet, trotz Abwrackprämie. Seit 2017 melden die Hersteller für die heimischen Werke sinkende Zahlen. Massenproduzenten wie Ford und Opel sind in Schwierigkeiten und strichen an ihren deutschen Standorten Stellen und Modelle, parallel wirkte sich der Dieselskandal aus: Erst waren die Käufer verunsichert wurden und blieben aus. Dann wurden Dieselfahrzeuge wegen der drohenden Fahrverbote unattraktiver.
Wirtschaftskrisen wirkten sich übrigens schon immer auf die Inlands-Produktion aus: Sowohl die erste kleine Rezession 1966 findet sich als Delle wieder als auch jene von 1975, der Ölpreisschock 1980, die Krise von 1993 mit der beginnenden Globalisierung der Autoproduktion, Stichwort Lopez, und jene in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends vor der „Agenda 2010“.
Autoproduktion nach Fahrzeugtypen
Dass die deutschen Hersteller in den vergangenen Jahren auf der Erfolgsspur fuhren, verdanken sie vor allem einer Fahrzeugklasse: dem Stadt-Geländewagen, kurz SUV. 2019 löste er die Kompaktklasse an der Spitze der Produktionszahlen aller deutschen Hersteller ab. Gut eine Million Autos dieses Typs wurden innerhalb eines Jahres mehr hergestellt – auf der anderen Seite schrumpften die Produktionszahlen für Kompaktklasse, Mittelklasse und Kleinwagen um zehn bis 20 Prozent. Zwar legten auch Oberklasse- und Sportwagen zu, aber sie gehören zu den mengenmäßig kleinsten der verschiedenen Typen.
Weltautoproduktion
Südkorea und Japan sind 2019 noch am besten durch die Schwäche der Autobranche gekommen: In diesen beiden Ländern gingen die Produktionszahlen der dortigen Hersteller wie Hyundai, Kia, Toyota, Mazda und Honda, am geringsten zurück. Deutschland und China erlitten die stärksten Einbußen, während die USA, Frankreich, Spanien und Großbritannien mäßige Rückgänge verzeichneten. Deutschland geriet damit unmittelbar in den Sog der Flaute in China, da nach wie vor viele Modelle deutscher Produktion ins Reich der Mitte verschifft werden, obwohl auch dort Autofabriken deutscher Konzerne bestehen.
Zulassungszahlen
Der Dieselskandal und die Debatte um den Klimaschutz zeichnet sich deutlich in den Zulassungszahlen der vergangenen zehn Jahre ab. 2017 brach die Zahl der neu zugelassenen Autos mit Dieselmotoren ein – Gewinner war ganz klar der Benziner. Reine Elektrofahrzeuge fristen weiter ein Nischendasein, kommen aber inzwischen auf solide Steigerungsraten. Deutlicher geht es allerdings aufwärts bei Hybridfahrzeugen, deren Zulassungen sich seit 2016 jedes Jahr im Schnitt verdoppelten – wobei Plug-in-Hybride bei diesen Steigerungen nicht mithalten können. Klar ist: So wie 2013, als der Diesel kurz davor stand, den Benziner als beliebtesten Motor abzulösen, wird die Zulassungsstatistik wohl nie wieder aussehen.