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Wie Mülltrennung in der ehemaligen DDR funktionierte

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Seit den 60er Jahren brachten Menschen aller Altersklassen Papier, Glas und Metall zu Sammelstellen. Die Rohstoffe wurden so weit es ging wiederverwertet. Damit war die DDR dem Westen weit voraus. Mit aktivem Umweltschutz hatten die Sammlungen allerdings wenig zu tun.

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Denkt man an die ehemalige DDR im Zusammenhang mit Umweltschutz, fallen wohl vielen Menschen vor allem die Leuna-Werke und Bitterfeld ein: grauer Himmel und ein Meer aus qualmenden Schloten. Auf reine Luft wurde damals wenig Wert gelegt. Das Land hinkte dabei anderen Ländern allerdings kaum hinterher: Den Katalysator führte die Bundesrepublik erst Mitte der 80er Jahre ein, von Luftreinhaltung hatten damals nur Umweltschützer etwas gehört.

30 Pfennig für ein Kilo Papier

In der DDR sammelten und trennten die Bürger allerdings sorgfältig Papier, Glas, Altmetall und Textilien voneinander. Dann brachten sie den Abfall zu Sammelstellen und bekamen im Tausch Geld ausgezahlt. Kurz vor der Wiedervereinigung erhielt man für ein Kilo Zeitungen, Zeitschriften oder Wellpappe immerhin 30 Pfennig. Aluminiumschrott brachte sogar eine Mark pro Kilogramm ein. Besonders Kinder wurden dafür eingespannt und bekamen vom Sandmännchen erklärt, dass der Müll – oder besser gesagt die Sekundärrohstoffe – nicht in die Tonne, sondern zu einer der Sero-Annahmestellen gebracht werden sollte.

Kurz nach der Wiedervereinigung begann der Niedergang von Sero. Das lag auch an den sinkenden Preisen: Die Sammler erhielten nur noch wenig Geld für die abgegebenen Rohstoffe. Foto: dpa
Kurz nach der Wiedervereinigung begann der Niedergang von Sero. Das lag auch an den sinkenden Preisen: Die Sammler erhielten nur noch wenig Geld für die abgegebenen Rohstoffe. Foto: dpa  Foto: Foto: dpa

Die Abkürzung steht für Kombinat für Sekundärrohstofferfassung, das über zahlreiche Niederlassungen im Land verfügte. Diese wurden oft von privaten Kleinunternehmern betrieben, die wiederum das Material zurück in den Kreislauf führten. Bis zu 14 Prozent der Abfälle wurden so wiederverwertet. Ein kleiner roter Elefant, das Sero-Maskottchen „Emmy“, motivierte Hunderttausende DDR-Schulkinder zum „Aufspüren, Sammeln und Wiederverwerten“.

Aus gesammeltem Papier wird Klopapier

Eine davon war Kerstin Gruber. In der DDR wuchs sie nicht nur mit dem Thälmanngruß auf, sondern sammelte bereits in der Grundschule Altpapier. „Im Frühjahr und Herbst gab es Aktionen, dann haben wir das Papier gebündelt und mitgebracht“, erinnert sich die heute 59-Jährige. Dafür gab es dann Pluspunkte von den Lehrern. Als Erwachsene habe sie Zeitungen und Zeitschriften an den Sammelstationen abgegeben und dafür Bargeld erhalten. „Das waren zwar nur ein paar Mark, aber besser als nichts.“ Aus dem Papier sei unter anderem das in der DDR unbeliebte graue Toilettenpapier hergestellt worden.

Flaschen gaben Kerstin Gruber und ihre Familie nach der Benutzung in der Handelskette Konsum ab. „Dafür haben wir dann das Pfand zurückbekommen. Kaum etwas war in Plastikbehälter abgefüllt“, erzählt sie.

Der Staat subventionierte das System

Um Umweltschutz ging es dem Staat dabei aber nicht. Vielmehr litt die DDR unter einem Mangel an Rohstoffen und unter Devisenknappheit. Deshalb wurde das System stark subventioniert. Fast die Hälfte des Hausmülls wurde damals abgegeben. Ab den 80er Jahren wurde auch Plastik wiederverwertet, was allerdings ungleich schwerer war als bei anderem Material. Denn Putzflaschen mussten gereinigt werden. Außerdem gab es viele unterschiedliche Plaste-Arten, die nicht zu einem Produkt verschmolzen werden konnten. Trotzdem bekam der fleißige Sammler bis zu einer Mark pro Kilo ausgehändigt.

Nach der Wende nahm die Bereitschaft, den Müll zu sammeln und bei den Annahmestellen abzugeben, kontinuierlich ab. Staatliche Sammelaktionen gibt es nicht mehr, die Preise rutschten in den Keller. Der Anreiz war weg. 

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