Laura Raquel Müller auf dem Weg zur EM-Medaille
Die 17-jährige Weitspringerin Laura Raquel Müller startet bei der U 20-EM in Tallinn. Obwohl viel jünger als die Konkurrenz scheint eine Medaille im Bereich des Möglichen.

Diesen einen Satz hört Laura Raquel Müller immer wieder. Sie sei ein Talent. Ein großes Talent sogar. Selbst der Superlativ vom Ausnahmetalent fällt ein ums andere Mal. "Klar, Talent gehört dazu", sagt die Hohenloherin, "sonst würde ich die Leistungen so nicht erreichen. Aber es gehört eben auch viel Training dazu. Durch die jahrelange Arbeit kenne ich langsam meinen Körper, weiß, was ich machen kann und gehe immer weiter an meine Grenzen." Die Weitspringerin und Sprinterin von der ULG/TSG Öhringen ist stolz darauf, die Schnelligkeit von ihrem Papa und Trainer Wolfgang Müller geerbt zu haben - "und dann noch die langen Beine von der Mama. Da hat alles zusammengepasst."
Am Samstag will Müller ins Weitsprung-Finale einziehen
Auch in dieser Saison stimmen die Leistungen der Laura Raquel Müller. Im Weitsprung steigert sie sich auf 6,47 Meter, die 100 Meter sprintet sie in 11,66 Sekunden. In der nationalen Bestenliste liegt die Gymnasiastin damit auf den Plätzen zwei und drei - wohlgemerkt in der U 20. Dabei wäre die 17-Jährige noch eine Klasse darunter startberechtigt. Weil dort die internationalen Meisterschaften wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden sind, ist Laura Raquel Müller nun mit der deutschen Nationalmannschaft zur U 20-Europameisterschaft nach Tallinn geflogen. Die Qualifikationen dafür hat sie schon recht früh in der Saison abgeliefert. Eine mehr als bemerkenswerte Leistung. Für Samstag (11.50 Uhr) ist die Weitsprung-Qualifikation terminiert, das Finale steht am Sonntag (17.50 Uhr) an.
Auf die 100 Meter und die 4 x 100 Meter Staffel verzichtet sie schweren Herzens, weil der Zeitplan einen Doppelstart mit zwei Disziplinen binnen einer Stunde nicht zulässt. "Alle meinten, ich hätte gute Chancen auf eine Medaille", sagt Laura Raquel Müller, "diese Möglichkeit möchte ich mir nicht entgehen lassen."
Nicht zu schnell zu viel wollen
Mit Larissa Iapichino fällt Italiens Hoffnung aus, die 18-jährige Hallenweltrekordlerin hat sich bei den Landesmeisterschaften am Fuß verletzt und wird auch bei Olympia fehlen. Die Gedanken an einen möglichen Podestplatz spornen Laura Raquel Müller mächtig an.
Den Druck und die Erwartungen, die mit den Bestleistungen stetig steigen, schiebt sie beiseite. "Ich habe gelernt, alles Schritt für Schritt zu machen. Als U18-Athletin bei der U 20 eingeladen zu werden, gibt mir ein tolles Gefühl. Ich könnte ja in zwei Jahren nochmal dabei sein, habe also nichts zu verlieren", sagt Laura Raquel Müller. Nicht selten wird sie angesprochen, warum sie nicht bei den Juniorinnen starte, selbst Fragen zu Olympia kommen.
"Die Leute denken gefühlt immer zu weit. Das kommt vielleicht noch, ich habe doch noch genug Zeit", sagt das Talent, das auch von der Sporthilfe Unterland Heilbronn-Hohenlohe unterstützt wird. Was sie aus diesen Aussagen jedoch mitnimmt, ist die Wertschätzung ihrer Leistungen - und das gute Gefühl, Unterstützer hinter sich zu wissen.
Erfolgreiche Therapie des schmerzenden Fußes
Dazu gehört auch der Stuttgarter Sportmediziner Stephan Kögel. Er behandelt Laura Raquel Müller im Winter wegen ihrer Schmerzen im Fuß - und diagnostiziert bei der Hohenloherin ein zweigeteiltes Sesambeinchen. Weil es sich um keine Fraktur handelt, sondern eine Normvariante von Geburt an, bleibt ihr die Operation erspart. Eine Stoßwellentherapie bringt Besserung.
Laura Raquel Müller freut sich über ihre Entwicklung und bleibt tiefenentspannt. "Es bringt doch nichts, sich Stress zu machen, dann funktioniert es ohnehin nicht", sagt die deutsche Meisterin und lächelt. Eine weitere Bestmarke schließt sie trotzdem nicht aus. "Mein Trainer Tamas Kiss meint, dass die 6,50 Meter in diesem Jahr noch fallen könnten", sagt Müller - wissend, dass sie sich in 2021 bereits um 21 Zentimeter gesteigert hat. "Daher möchte ich nicht übermütig werden, sonst bin ich nur enttäuscht, wenn es nicht funktioniert." Wettkämpfe hat sie noch genug. Nach der EM in Lettland ist vor der Weltmeisterschaft Mitte August in Nairobi.
Gemeinsames Training mit der Weltmeisterin
Mit Malaika Mihambo kommt die Europa- und Weltmeisterin im Weitsprung aus Deutschland. Dank einer höflichen Anfrage von Wolfgang Müller bei Mihambos ehemaligem Trainer Ralf Weber hat seine Tochter Laura Raquel schon einmal das erlebt, wovon viele Leichtathletik-Talente träumen: ein Training mit Malaika. "Das war noch vor der Weltmeisterschaft 2019 in Doha, da haben wir zusammen in Mannheim in der Halle trainiert", erzählt Laura Raquel Müller über die Frau, die bereits 7,30 Meter gesprungen ist. Ihr Fazit: "Sie ist eine ganz, ganz Nette. Ein bisschen still und zurückhaltend, aber man konnte sich trotzdem prima mit ihr unterhalten. Sie ist auch eine Weitspringerin, die sehr schnell sprinten kann", meint die Verrenbergerin.