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Rehasport macht wieder mobil

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Spezielle Angebote bei körperlichen Beeinträchtigungen gibt es auch in der Region Heilbronn-Franken

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Rehasport gibt es auf Rezept. Das Angebot wird auf die verschiedenen Bedürfnisse der Teilnehmer abgestimmt.
 Foto: contrastwerkstatt/stock.adobe.com
Rehasport gibt es auf Rezept. Das Angebot wird auf die verschiedenen Bedürfnisse der Teilnehmer abgestimmt. Foto: contrastwerkstatt/stock.adobe.com  Foto: contrastwerkstatt

Bewegung ist gesund - darüber herrscht Einigkeit bei allen Experten im Gesundheitswesen. Doch nicht jeder kann einfach so mit dem Laufen anfangen oder sich an die Geräte wagen. Ein Grund dafür kann der Allgemeinzustand sein: Wer länger passiv war und vielleicht schon älter ist, sollte seinen Hausarzt befragen. Auch Vorerkrankungen, etwa Diabetes oder Bluthochdruck sowie Krebs, verdienen besondere Beachtung. Manche brauchen Unterstützung, um nach schweren Verletzungen wieder mobil zu werden, oder leiden unter chronischen Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats, etwa durch Arthrose. Ihnen allen kann, je nach Heilungsverlauf und persönlichem Befund, ein besonderes Training helfen, um wieder fit zu werden: Reha-Sport auf ärztliche Verordnung.

Unter diesem Begriff sammeln sich Angebote für alle, die besondere Anleitung bei sportlichen Übungen benötigen. Geeignete Rehasport-Gruppen gibt es beispielsweise bei einigen Vereinen oder in Sportstudios, Trainings- und Übungsleiter müssen über eine spezielle Qualifikation verfügen.

Training im Verein

Ulrike Schiele kennt beide Seiten: "Ich gehe selbst zum Rehasport", sagt die 51-Jährige. Verletzungserfahrungen hat sie selbst vor allem in jungen Jahren gesammelt: "Beim Handballspielen ist im Knie einiges kaputt gegangen", sagt die Sportwissenschaftlerin und Sporttherapeutin, die heute als Werferin für die TSG Heilbronn und im Spezialsport erfolgreich ist. Keulenwerfen, Steinstoßen, Diskus griechisch: "Das sind Disziplinen, die gut zu machen sind, wenn man älter ist." 2012 gründete Schiele gemeinsam mit sechs weiteren Mitstreitern den Verein für Prävention und Rehabilitation (PUR) in Heilbronn, der inzwischen 50 Mitglieder zählt und noch viel mehr Kursteilnehmer - denn fürs Mitmachen ist keine Mitgliedschaft erforderlich

"Rehabilitationssport bietet den Betroffenen die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen durch Bewegung, Spiel und Sport die Bewegungsfähigkeit zu verbessern, den Verlauf von Krankheiten positiv zu beeinflussen und damit wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Er kommt grundsätzlich für alle Menschen mit oder mit drohender Behinderung sowie chronisch Kranke in Frage." So definiert der Verein seine Aufgabe. Wenn der Arzt sein Okay gegeben hat, kann es losgehen.

Individuelles Training in der Gruppe

"Ich kenne meine Gruppe, ich weiß, was einer hat und was er nicht hat", beschreibt Schiele ihre Aufgabe als Rehasport-Trainerin. Wichtig sei, die Nebenerkrankungen im Blick zu haben. Wer mit den Folgen eines Kreuzbandrisses zu tun hat, kann gleichzeitig auch unter Bluthochdruck oder Diabetes leiden. Beim Rehasport geht es darum, "auf jeden Teilnehmer individuell einzugehen", betont Schiele. Wer eine bestimmte Übung nicht ausführen kann oder ausführen sollte, der muss nicht zuschauen, sondern bekommt ein Ersatzangebot.

Breites Spektrum von Aquafitness bis Nordic Walking

Das Kursspektrum von PUR reicht von Nordic Walking bis Wassergymnastik. "Wir teilen auf", sagt Schiele. Eine orthopädische Gruppe allein sei nicht genug, um jedem gerecht zu werden. Menschen mit Knie- und Hüftproblemen etwa durch Arthrose oder nach einer Gelenk-Operation, benötigten eine starke Beinmuskulatur, um die Einschränkungen auszugleichen.

Weitere Schwerpunkte sind die Lendenwirbelsäule sowie die Halswirbelsäule. "Da sehen wir viele Verletzungen durch Sport, aber auch Beschwerden durch Verspannungen", erklärt die Sporttherapeutin. Ein häufiges Problem ist die Kalkschulter. Allgemein verklebe dieses große Gelenk häufig, sagt Schiele, "es gibt viele Leute, die die Arme nicht mehr hochbekommen". Beim Rehasport geht es dann darum, die Beweglichkeit wieder herzustellen.

Ziel ist der Aufbau einer stabilisierenden Muskulatur

Generell sei es das Ziel, die Muskulatur aufzubauen und so die Gelenke zu stabilisieren - und zwar in der richtigen Richtung. Beispiel Sprunggelenk: Es bewegt den Fuß auf- und abwärts, aber nicht im Kreis. "Dafür ist dieses Gelenk gar nicht zuständig, dann leiert es aus", schildert Schiele die Folgen falscher Belastung.

Problematisch sind Verletzungen der Bänder, weil diese weniger gut durchblutet sind. "Bänder haben deshalb einen sehr langen Stoffwechsel. Wenn Sie die ein paar Mal überdehnt haben, dauert es ewig, bis das wieder in Ordnung kommt."

Zusätzlich Bewegung in den Alltag bringen

Grundsätzlich, warnt die Sporttherapeutin, sei es aber mit ein bisschen Rehasport nicht getan: "Es ist wichtig, zusätzlich Bewegung in den Alltag zu bekommen." Treppen laufen statt Aufzug fahren, für kürzere Strecken das Fahrrad statt des Autos nehmen - "damit gibt man dem Körper die Möglichkeit, Muskulatur aufzubauen."

Sind etwa die Gelenke chronisch geschädigt, sollten Betroffene sich also über den Rehasport hinaus Gedanken zu künftigen sportlichen Möglichkeiten machen. Nicht jede Sportart ist zum Beispiel bei Arthrose geeignet. Schiele rät, ruckartige Bewegungen, schnelle Drehungen und abrupte Stopps zu vermeiden. Eine Liste der No-Gos hat die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) zusammengestellt. Darauf finden sich Mannschaftssportarten oder Sportarten, die mit hohem Tempo, nicht vorhersehbarem Richtungswechsel und Fremdeinwirkung einhergehen, wie Squash, Trampolinspringen, Basketball, Handball, Fußball, Volleyball, aber auch Gewichtheben und leichtathletische Disziplinen.

Was noch geht, wenn etwa die Gelenke kaputt sind

"Erfahrung und Akzeptanz für das etwas eingeschränkte Leistungsniveau" vorausgesetzt, könnten manche Sportarten unter Umständen durchaus weiter betrieben werden. Dazu zählen etwa Tennis, Skifahren, Tischtennis, Segeln, Reiten oder Golf. Die Experten geben jedoch zu bedenken: "Sportarten mit höherem technischem Anspruch müssten schon vor der Arthrose-Entstehung beherrscht worden sein." Denn ist die Beweglichkeit erstmal eingeschränkt, fällt das Erlernen zumindest schwer.

Wissenschaftler und Ärzte empfehlen bei Gelenkproblemen vor allem Ausdauersportarten wie Radfahren, Wandern mit Stöcken oder Nordic Walken, Skilanglauf klassisch oder Wassergymnastik. "Alles, was mit Wasser zu tun hat", hält auch Schiele für geeignet, denn der Auftrieb entlastet die Gelenke, die darüber hinaus im Wasser keinen harten Aufprall abfedern müssen.

Radfahren eignet sich beispielsweise bei Beschwerden im Knie. Wer unsicher ist, etwa wegen leichten Schwindelgefühlen, dem empfiehlt Sporttherapeutin Schiele ein Dreirad. Im Fachhandel gebe es gute Dreiräder auch für Ältere, die fürchten herunterzufallen.

Auch spezielle Gymnastikübungen, die man bei jedem Wetter in den eigenen vier Wänden durchführen kann, können bei Arthrose helfen. "Sie kräftigen die Muskulatur und steigern die Mobilität", sagt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer Krankenkasse. Welche Übungen infrage kommen, sollten Patienten mit ihrem Arzt oder einem Krankengymnasten besprechen.

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