Gesund essen geht nur mit Vielfalt
Zahlreiche Ernährungsformen versprechen einen positiven Effekt auf den Körper. Was steckt hinter den Trends?

Für viele Menschen ist Essen heute mehr als satt werden und mehr als Genuss oder schnöde Nahrungsaufnahme. Im Mittelpunkt steht dabei meistens die eigene Gesundheit, die Selbstoptimierung. So haben sich zahlreiche Ernährungstrends entwickelt, durch die man vermeintlich besser isst.

Iris Baumann, Ernährungsexpertin bei der AOK Heilbronn, warnt jedoch, dass alle extremen Ernährungsweisen unter Umständen die Gefahr von Nährstoffmangel bergen. Sich gut zu informieren sei da wichtig. Mit ihr haben wir sechs Ernährungstrends unter die Lupe genommen.
- Vegetarisch/Vegan
Wer reichlich Gemüse, Obst und Getreideprodukte isst, erreicht Studien zufolge gesundheitliche Effekte, berichtet Iris Baumann. Vegetarier haben ein geringeres Risiko für Übergewicht, Diabetes mellitus Typ 2, weniger Herz-Kreislauf-Probleme, und es zeigen sich vorbeugende Effekte bei verschiedenen Krebsarten, vor allem bei Darmkrebs. Durch eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung mit Hülsenfrüchten, Nüssen und hochwertigen Ölen ist für Vegetarier eine ausreichende Versorgung mit allen notwendigen Nähr- und Vitalstoffen möglich. Vegan zu leben ist für Iris Baumann hingegen mehr als nur eine bestimmte Ernährungsform. "Es ist eher eine Lebensform aus ethischen, ökologischen und gesundheitlichen Aspekten." Auch bei Veganern sinken gesundheitliche Risiken. Je eingeschränkter die Lebensmittelauswahl jedoch ist, desto schwieriger ist die Versorgung mit allen notwendigen Nähr- und Vitalstoffen, sagt sie. Dies gelte vor allem für Vitamin B12, das nur in tierischen Lebensmitteln vorkomme.
- Clean Eating
Dieser Trend stammt aus den USA und bedeutet "sauberes Essen". Nur der Begriff klingt jedoch neu und hip. Dahinter steckt schlichtweg eine ausgewogene, gesunde Ernährung, bei der vor allem unverarbeitete Lebensmittel auf dem Speiseplan stehen. "Einkaufen, kochen und essen wie in alten Zeiten ist das Ziel", erläutert die Expertin. Erlaubt ist, was natürlich, unverarbeitet bis minimal verarbeitet und vollwertig ist. Als Faustregel gilt: nur Gerichte mit maximal fünf Zutaten. Vermieden werden Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Salz, Zucker, Fett, zugesetzten Farb- und Konservierungsstoffen. Das ist laut Baumann gesund, allerdings sollte man darauf achten, dass man sich trotzdem abwechslungsreich ernähre. Milch und Käse solle eine Sonderstellung einehmen. "Sie sind zwar verarbeitet aber auch ein wichtiger Calciumlieferant."
- Superfoods
Den vermeintlichen Super-Lebensmitteln werden allerlei gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. "Für die fehlen aber weitgehend die wissenschaftlichen Nachweise", sagt die Fachfrau. Exotische Superfoods können ihr zufolge sogar schadstoffbelastet sein, Allergien und Wechselwirkungen mit Medikamenten auslösen, und sie sind im Vergleich zu einheimischen Lebensmitteln meistens viel teurer. Von Superfoods in Kapselform sei durch die Konzentrierung der Inhaltsstoffe abzuraten, da es dadurch zu gesundheitlichen Problemen kommen könne. Superfoods könnten den Speiseplan zwar bereichern und neue Geschmackserlebnisse vermitteln, brächten aber im Vergleich zur Vielzahl an heimischen Gemüsen und Früchten keinen nennenswerten Vorteil. Anstelle von Acai-Beeren empfiehlt Iris Baumann heimische Beeren. Leinsamen enthielten zum Beispiel ebenso wie Chiasamen Omega-3-Fettsäuren.
- Detox
Um seinen Körper zu reinigen und besonders gesund zu halten, greifen viele Menschen zu Detox-Produkten, die eine entgiftende Wirkung haben sollen. Sie werden oft als Kapseln oder Pulver angeboten. Laut Iris Baumann gibt es zahlreiche Produkte mit Inhaltsstoffen wie Heilerde, Brennnessel, Minze, Obst- und Gemüseextrakten sowie Superfoods. Sie reinigen angeblich die Hauptentgiftungsorgane Leber, Darm und Niere, wodurch Giftansammlungen im Körper abgebaut werden. Auch das Abnehmen soll so gelingen. Aber: "Für die Behauptung der Hersteller, dass Detox-Produkte den Körper entgiften, fehlt jede wissenschaftliche Grundlage", weiß die Expertin. Nach Aussagen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gilt: "In einem gesunden menschlichen Körper gibt es keine Ansammlungen von Schlacken und Ablagerung von Stoffwechselprodukten. Nicht verwertbare Stoffe werden ausgeschieden." Manche Detox-Produkte enthalten Komponenten wie Brennnessel oder Löwenzahn, die entwässernd, aber nicht entgiftend wirken. Die andauernde Verwendung solcher Mittel in hoher Dosierung könne einen Verlust bestimmter Mineralstoffe bewirken und zu einer Störung des Elektrolythaushalts führen. Auch seien gefährliche Wechselwirkungen mit Medikamenten möglich.
- Trinken statt Essen
Wer keine Zeit hat, zu kochen, dem wird von manchen Herstellern empfohlen, eine oder mehrere Mahlzeiten durch spezielle Drinks oder Shakes zu ersetzen. Auch gibt es viele Diäten, die auf diesem Prinzip beruhen. Diese Shakes enthalten Vitamine und Mineralstoffe in einem ausgewogenen Verhältnis und sind im Vergleich zur weggelassenen Mahlzeit kalorienreduziert, erläutert Iris Baumann. Durch die Kalorieneinsparung erreiche man einen Gewichtsverlust. Eine Trinkdiät, bei der alle Mahlzeiten durch einen Shake ausgewechselt werden, sollte man aber nicht länger als drei Wochen machen, empfiehlt sie. Als Einstieg in eine dauerhafte Umstellung hin zu einer vollwertigen und gesunden Ernährung könne sie hilfreich sein. Ohne eine Veränderung der Essgewohnheiten drohe jedoch der Jo-Jo-Effekt.
- Low Carb
Oft werden Kohlenhydrate als ungesunde Dickmacher beschrieben und eine Ernährung nach dem Prinzip Low Carb, also mit wenig Kohlenhydraten, empfohlen. Im Gegenzug sollen mehr eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte auf den Teller. Durch eine Low-Carb-Ernährung kommt es zu Beginn häufig zu einem schnellem Abnehmerfolg, berichtet Iris Baumann. "Auf lange Sicht kann die einseitige Kostform sich jedoch negativ auf die Gesundheit auswirken." Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs steige durch den hohen Anteil an tierischem Eiweiß und Fett. Der eiweiß-lastige Stoffwechsel könne die Nieren belasten. Deshalb sei Low Carb als Langzeiternährung ungeeignet und nur für zeitlich begrenzte Diäten sinnvoll.