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Kann man über Tinder die große Liebe finden?

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Zwei Stimme-Leser erzählen ihre persönlichen Liebesgeschichten, die mit der Dating-App begonnen haben. Bei beiden ist aus den anfänglichen Flirts über das Smartphone mehr entstanden.

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Die App auf einem Smartphone. Foto: Franziska Kraufmann
Die App auf einem Smartphone. Foto: Franziska Kraufmann  Foto: dpa

Wischen, flirten, verlieben? Dating-Apps wie Tinder, Lovoo und Co. werben damit, Menschen in der näheren Umgebung spielerisch kennenzulernen. Je nach Absicht können Nutzer Bekanntschaften knüpfen oder sich zu unverbindlichen Bettgeschichten verabreden. Wegen letzterem haben Tinder und Co. den Ruf weg, nur für schnellen Sex genutzt zu werden. Nicht selten gibt es Extremfälle, in denen Nutzer von aufdringlichen Kontakten belästigt werden.

Lässt sich auf diese Weise die große Liebe finden? Nein, finden 154 Abonnenten, die auf eine nicht repräsentative Instagram-Umfrage von Stimme.de geantwortet haben. Nur 58 Nutzer stimmten für Ja. Fakt ist: Tinder ist eine der meistgenutzten Kennenlern-Plattformen.

"Ohne die App wäre er mir nie aufgefallen"

Und doch: Es gibt sie, die Glücksfälle, in denen eine Liebesgeschichte mit einem "Match" begonnen hat. Eine solche verbindet Denise und Tom (beide Namen geändert) aus Offenau. Sie wohnten drei Kilometer voneinander entfernt, erst über Tinder wurden sie aufeinander aufmerksam. Am 15. Mai heiraten sie. Ohne die App wäre Tom ihr nicht aufgefallen, ist sich Denise sicher. Sie habe sich jedoch nicht auf Tinder angemeldet, um die wahre Liebe zu finden.

"Ich habe viel Negatives über die App gehört. Zum Beispiel, dass man auf Tinder nur auf Psychos oder verheiratete Männer trifft, die Seitensprünge vorschlagen." Nach ihrer gescheiterten Ehe hat Denise ein schwaches Selbstwertgefühl. "Ich wollte auf Tinder meinen Marktwert ermitteln", gibt die 28-Jährige zu.

Nach einigen Flirts lernte sie Tom kennen. Helle Augen, dunkle, grau-melierte Haare - das exotische Aussehen des 42-Jährigen habe ihr sofort gefallen. Dass er fast doppelt so alt ist wie sie, sei Absicht gewesen. "Nach meiner Ehe mit einem etwa gleichaltrigen Mann wollte ich jemand Reifen. Einen Mann, der weiß, was er will", sagt Denise.

Nach den Chats folgt ein Treffen in einer Bar

Die beiden schreiben viel, verstehen sich gut, das Gespräch läuft wie von selbst. Wegen ordinären Anfragen von anderen Männern deinstalliert Denise jedoch die App. Einige Zeit später schickt ihr Tom auf Facebook eine Freundschaftsanfrage. "Erst dachte ich, er sei ein Stalker. Aber dann habe ich gesehen, dass wir einen gemeinsamen Freund haben", erzählt Denise. Am 26. Dezember 2017 treffen sie sich in einer Bar. "Er war mir gleich sympathisch." Für Tom und Denise ist ihre Liebe Schicksal. "Wir haben schnell gemerkt, dass es zwischen uns passt. Bis heute haben wir uns nicht einmal gestritten", so Denise. Tom baue sie auf, gebe ihr das Gefühl, jemand Besonderes zu sein.

Stehen die beiden dazu, dass sie sich über eine App kennengelernt haben? "Es kommt darauf an", sagt Denise. Ihrer Mutter habe sie alles erzählt, ihr Vater glaube jedoch nicht an Internetbekanntschaften. "Manchmal erzählen wir, dass wir uns in einem Supermarkt kennengelernt haben", sagt Denise.

Im echten Leben fällt auch zuerst das Äußere auf

Johannes hingegen steht dazu, dass er seine Freundin Tanja 2018 über Tinder kennenlernt hat. "Wir haben damit kein Problem", sagt der 36-jährige aus Neckarsulm. Er habe sich aus Neugierde bei der App angemeldet. Johannes arbeitet bei einer großen regionalen Firma und ist wegen seines Berufs voll eingespannt. "Da ist es schwierig, neue Leute kennenzulernen."

Er sei unvoreingenommen an die Sache herangegangen, ohne große Erwartungen oder Vorstellungen. Obwohl er auch schon viel Negatives über die App gehört habe. "Gerade Frauen müssen sich in acht nehmen", schätzt Johannes. Tanja entspricht seinen Vorstellungen von einer schönen Frau. Ihre langen blonden Haare haben es ihm angetan. "Im echten Leben ist es ja nicht anders. Trifft man jemanden auf der Straße oder in einem Café, achtet man zunächst auf das Äußere", sagt Johannes.

Er und Tanja trafen sich nach einer Woche im Oktober 2018. Bei diesem ersten Date gingen sie in Heilbronn Sushi essen und spazierten über das Buga-Gelände. "Es hat einfach gepasst zwischen uns." Tanja wohnt in Schwieberdingen, rund 50 Kilometer von Johannes entfernt. "Wir hatten keinerlei Berührungspunkte. Ohne Tinder hätten wir uns wohl nie kennengelernt", sagt Johannes. Die App habe eben auch gute Seiten. "Man kann in kurzer Zeit viel ausprobieren."

Was bei Johannes und Tanja als Wochenendbeziehung begann, ist mittlerweile Ernst geworden - das Paar sucht jetzt nach einer ersten gemeinsamen Wohnung.


Millionenfache Nutzung weltweit

Die Dating-App Tinder erfreut sich seit 2012 großer Beliebtheit. Ein Grund ist mitunter das spielerische Prinzip der App. Ein Algorithmus schlägt auf Grundlage der Einstellungen zu Entfernung, Alter und Geschlecht Nutzerprofile vor. Sie werden im Stil eines Kartendecks angezeigt. Wer einen Kontakt kennenlernen will, wischt (englisch: swipe) die Karte nach rechts, ansonsten nach links. Entscheiden der oder die Auserwählte genauso, passt man laut App zusammen (englisch: match) und kann miteinander chatten. Tinder wurde in 190 Ländern auf der ganzen Welt mehr als 340 Millionen Mal heruntergeladen. Ende 2019 "swipten" fast 5,7 Millionen Menschen weltweit. 2015 waren es zwei Millionen Nutzer in Deutschland. Aktuelle Zahlen gibt es für Deutschland nicht, teilt die zuständige Presse-Agentur Jin Germany mit.

 

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