Ein wöchentliches Ritual seit fast zehn Jahren
Acht Frauen einer Familie, die in und um Dörzbach bekannt ist, treffen sich jede Woche. Sie sind Verwandte und beste Freundinnen in einem. Ein neuer Teil unserer Serie "Zeichen der Liebe".

Stimmgewirr und Lachen schallen durch das Wohnzimmer des Hauses, das in einer Straße am Ortseingang von Dörzbach steht. An der großzügig gedeckten Tafel sitzen acht Frauen bei Kuchen, Kaffee, Schnittchen und Tee. Wöchentlich treffen sie sich, immer bei einer anderen von ihnen, entweder zum Kaffee oder zu gemeinsamen Aktivitäten, Tagestouren oder Gesellschaftsspielen. Bis in den späten Abend hinein verbringen sie Zeit miteinander. Das Ritual pflegen sie seit fast zehn Jahren.
"Wir gehören einfach zusammen"
Die Besonderheit: sechs dieser Frauen sind Schwestern, sechs von insgesamt zwölf Kindern, die Martha Schurich zwischen 1939 und 1959 auf die Welt brachte. Die beiden anderen Frauen sind Schurichs Nichte und Schwiegertochter. Zu ihrer engen Beziehung sagen sie: "Es ist ein Privileg, etwas Besonderes. Wir gehören einfach zusammen." Und: "Die Treffen bedeuten uns ganz viel." Aus Liebe, Freundschaft? "Wir sind alles auf einmal."
Ihre Namen wollen die Frauen nicht veröffentlicht sehen. Dabei kenne den "Haufen", wie sie sich scherzhaft nennen, ohnehin jeder im Ort. Obwohl es gedauert habe, bis sich die Familie, die 1946 aus dem Sudetenland als Heimatvertriebene nach Hermuthausen kam, integriert habe. Noch heute vereint die Schwestern derselbe schlesische Dialekt.
"Als ich 1969 zur Familie stieß, habe ich kaum etwas verstanden", gesteht die Schwägerin. Die Familie lebte im Gemeindehaus und bis 1957 in Baracken, hatte wenige Beziehungen zu den Dorfbewohnern. "Dafür hatten wir uns", sagt eine der Frauen, eine Dame mit kurzem, grauem Haar.
Strenge Erziehung und Regeln
Der enge Zusammenhalt habe in ihrer Kindheit den Grundstein für ihre intensive Beziehung gelegt. Nicht zuletzt waren bei zehn Kindern Regeln und Verantwortung geboten. "Die Älteren haben auf die Jüngeren aufgepasst", erzählt eine der Schwestern. Denn Martha Schurich ging wie ihr Mann arbeiten, trotz Kinderschar. "Hut ab, was sie alles geleistet hat", sagt eine ihrer Töchter heute.
August Schurich war auf dem Bau tätig, Martha Schurich schob Nachtschichten in einem Milchwerk. Ihre Kinder erzog sie streng. Die emsige Frau kam selten zur Ruhe, hatte nebenher Haushalt, Garten, Vieh und Kinder zu versorgen. Letztere und die Großmutter halfen viel mit.
Tägliche Liste mit Erledigungen
Die Tage waren straff organisiert. "Unsere Mutter schrieb morgens eine Liste mit dem, was wir zu erledigen hatten", berichten die Schwestern. Ihr Vater sei auch präsent gewesen, habe gekocht, Schuhe geputzt und sich dafür interessiert, wie ihr Tag verlaufen ist. Das Leben mit zehn Kindern sei für die Familie zwar "stressig gewesen, abenteuerlich", aber doch schön: Sie hätten viel miteinander gespielt, hätten alle Freiheiten genossen. 1962 bauten die Schurichs schließlich ihr Eigenheim. Im Laufe der Jahre vergrößerte sich die Familie. Rund 50 enge Mitglieder gehören ihr an. Zu den beiden Kindern, die Martha Schurich in erster Ehe bekam, besteht keine Beziehung.
Der Kontakt wurde lockerer, brach zwischen manchen Familienmitgliedern ganz ab. Schließlich starb Martha Schurich im Juli 2011 mit 90 Jahren. Im selben Jahr erlag auch der Mann von einer der Schwestern den Folgen eines Herzinfarkts. Um den Verlust zu verkraften, fanden drei der Schwestern nach der Beerdigung zusammen - die Familie hatte bis dahin nur lockeren Kontakt.
Die Treffen sind zu einer Institution geworden
Aus dieser Zusammenkunft entwickelten sich regelmäßige Treffen. Sie sind heute zu einer Institution in der Familie geworden. Auch, wenn sie so manchem der Ehemänner gewöhnungsbedürftig erscheinen. "Aber wir haben uns durchgesetzt", sagt eine Schwester stolz. Für die Damen ist es ein Ritual. "Es muss einfach sein", fasst eine von ihnen zusammen.
Nirgendwo sonst fühlen sich die Frauen derart aufgehoben, sagen sie. In ihrer geselligen Runde sprechen sie offen und vertrauensvoll miteinander, weil sie wissen, dass die Gespräche in den eigenen vier Wänden bleiben. Meinungsverschiedenheiten gehören dazu, doch ohne sich zu versöhnen gehen die Frauen nicht auseinander. Sie teilen Freud und Leid, tauschen Kindheitserinnerungen aus und diskutieren über Politik. "Wir bedeuten uns ganz viel", sagen sie.
Mittlerweile sind die Schnittchen alle, die Kaffeetassen leer. Seit einer Stunde sitzen die Frauen zusammen. Der Nachmittag hat erst angefangen. Die Rommeepartie beginnt.

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