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VfR Heilbronn − geliebt und gehasst

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Ehemalige Spieler der Erfolgsära in den 1960er und 1970er Jahren erinnern sich an ihre Zeit beim einstigen Vorzeigeverein.

Von Joachim Friedl
Die VfR-Altenkameraden bei ihrem Stammtisch in der "Waldhornschenke" (v. l.): Uwe Drautz, Richard Speidel, Helmut Röhrig, Peter Kraus, Horst Eisele, Bruno Kotsch, Klaus Kubasik, Manfred Grimm, Dieter Schütz, Karl Hrynda, Karl Alber (stehend), Hans-Peter Lutz, Dieter Wolf. Es fehlen: Karl-Friedrich Schmidt,  Dietrich Weise.Foto: Mario Berger
Die VfR-Altenkameraden bei ihrem Stammtisch in der "Waldhornschenke" (v. l.): Uwe Drautz, Richard Speidel, Helmut Röhrig, Peter Kraus, Horst Eisele, Bruno Kotsch, Klaus Kubasik, Manfred Grimm, Dieter Schütz, Karl Hrynda, Karl Alber (stehend), Hans-Peter Lutz, Dieter Wolf. Es fehlen: Karl-Friedrich Schmidt, Dietrich Weise.Foto: Mario Berger

Er wird geliebt und gehasst. Fußballfans sind Feuer und Flamme für ihn, und sie verteufeln ihn, wenn es Niederlagen hagelt. Das Stadion an der Badstraße platzt in den 1960er und 1970er Jahren aus den Nähten, als es gegen Top-Mannschaften wie 1860 München, Augsburg, Nürnberg oder Offenbach geht und das Derby mit der Union Böckingen ansteht. Skandale rücken den Verein immer wieder negativ in die Schlagzeilen. Es gibt keinen Fußballverein im Unterland, der über Jahrzehnte hinweg derart polarisiert wie der VfR Heilbronn.

Spieler, die vor 50, 60 Jahren die großen sportlichen Erfolge feiern, sind noch heute angetan von dem Club, der 1896 gegründet wird, 2003 mit der Heilbronner Spielvereinigung (HSV) zum FC Heilbronn fusioniert und 2012 mit der Fußballabteilung der Union Böckingen zum FC Union Heilbronn wird. Derzeit spielt der Verein in der Bezirksliga und kämpft gegen den Abstieg.

Für gute Leistungen gab es eine Schokolade

1988: Trainer Jupp Heynckes und Uli Hoeneß mit Bayern im Frankenstadion.
1988: Trainer Jupp Heynckes und Uli Hoeneß mit Bayern im Frankenstadion.

"Der VfR war Heimat für mich", erinnert sich Uwe Rapolder (58), der 1974 als 16-Jähriger zur A-Jugend kommt. Mit dem Rad fährt er vom Brackenheimer Teilort Hausen zum Training, oft nimmt ihn Wilhelm Hüftle mit dem Auto mit. Wenn es nicht so rund läuft, ist Karl Gurr sein Ansprechpartner. Wohl tut dem Jungspund die Anerkennung von Chef-Trainer Rudi Faßnacht: "Er hat mir mal für gute Leistungen eine Tafel Schokolade geschenkt", strahlt der spätere Bundesliga-Trainer, der noch alle Spieler von damals aufzählen kann: "Es waren vier schöne Jahre beim VfR", lautet sein Fazit.

"Ich habe mich beim VfR pudelwohl gefühlt", bekennt Bruno Kotsch (73). Seine Willenskraft beeindruckt in den Jahren 1961 bis 1964 Trainer und Mitspieler gleichermaßen. In seinem ersten Spiel gegen die Union Böckingen schießt Kotsch zwei Tore zum 3:3-Endstand. Später steigt er mit dem Team in die 2. Liga Süd auf. "Die VfR-Zeit war meine schönste Zeit als Fußballer", sagt er. Der frühere stellvertretende Schichtführer in der Anzeigentechnik der Heilbronner Stimme sagt aber auch: "Diese Zeit ist für mich abgeschlossen."

 

Da sind die Fans noch stolz auf ihren VfR Heilbronn. Nichts ist geblieben.
Da sind die Fans noch stolz auf ihren VfR Heilbronn. Nichts ist geblieben.

"Die Kameradschaft beim VfR war toll", erinnert sich die Torwartlegende Karl "Charly" Hrynda (66). 1972 holt ihn Uwe Drautz, Sohn des legendären Fußball-Abteilungsleiters Kurt "Budde" Drautz, zu den Schwarz-Weißen. Er trainiert unter Fred Hoffmann und spielt mit Ralf Rangnick zusammen. Mit Reinhold Fanz lebt er in einer Wohngemeinschaft. Im Lauf der Jahre wird der "stolze Badener" ein echter Heilbronner und VfR-ler. Nach seiner aktiven Zeit bringt sich der Realschullehrer als Torwart- und Jugendtrainer sowie Abteilungsleiter ein.

Karl Alber: Die Fusion war tödlich

"Für mich war der VfR Heimat", versichert Karl Alber (68), der von 1966 bis 1973 auf der linken Seite verteidigt. Er erlebt nur sportliche Höhen. Dennoch verlässt der spätere langjährige Bürgermeister von Erlenbach den Verein: "Der Prophet im eigenen Land zählte nichts. Der Verein setzte auf Spieler von außen." Längst ist sein Unmut verraucht. Ratlos verfolgt er, wie es mit dem Fußball in Heilbronn abwärts geht: "Die Fusion war tödlich."

Regionalligaschlager am 17. März 1973: 18.000 Zuschauer − einige Fans waren sogar auf die Bäume geklettert − feiern den 2:1-Sieg gegen 1860 München. Fotos (3): Archiv
Regionalligaschlager am 17. März 1973: 18.000 Zuschauer − einige Fans waren sogar auf die Bäume geklettert − feiern den 2:1-Sieg gegen 1860 München. Fotos (3): Archiv

1974 stößt Manfred Grimm (69) zum VfR. Obwohl seine Gedanken weiter in Mannheim sind, findet der pfeilschnelle Stürmer rasch Gefallen an Verein und Heilbronn: "Ich habe mich wohlgefühlt." Auch beruflich läuft es gut für den späteren Rektor der Staufenbergschule.

Diese fünf Spieler stehen stellvertretend für eine erfolgreiche VfR-Ära. Sie und weitere Mitspieler treffen sich heute noch regelmäßig zum Stammtisch in der Waldhornschenke an der Unteren Neckarstraße in Heilbronn. Als Obmann der Altenkameraden agiert Peter Kraus. Obwohl er nur in der VfR-Jugend gespielt hat, hält er das Wir-Gefühl und die Tradition des einstigen Vorzeigevereins ehern aufrecht. Sie alle aber wissen: Die Vergangenheit wird nicht wieder lebendig.

 


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