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Slow Food: Guter Genuss ist mehr als Gaumenkitzel

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Nicht nur zu Corona-Zeiten wünscht sich Slow Food, dass Verbraucher die regionale Wertschöpfunsgkette würdigen. Das Convivium Heilbronner Land kocht auf kleine, aber feiner Flamme.

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Mekka der deutschen Slow-Food-Bewegung ist die Messe in Stuttgart, wo auch das Convivium Heilbronner Land − hier mit Hanspeter Hagen (links) und Walter Kress (Mitte) − Flagge zeigt. Dieses Frühjahr fiel die Messe Corona zum Opfer.
Fotos: Archiv/privat
Mekka der deutschen Slow-Food-Bewegung ist die Messe in Stuttgart, wo auch das Convivium Heilbronner Land − hier mit Hanspeter Hagen (links) und Walter Kress (Mitte) − Flagge zeigt. Dieses Frühjahr fiel die Messe Corona zum Opfer. Fotos: Archiv/privat  Foto: Günzler

Slow Food zieht Kreise. In der Region Heilbronn gibt es gleich zwei Gruppen. Während das 1000 Köpfe starke Convivium Hohenlohe/Tauber/Mainfranken wie berichtet zu den größten in Deutschland zählt, kocht das Convivium Heilbronner Land mit 120 Mitgliedern auf kleiner Flamme. Für den Heilbronner Slow-Food-Chef Heinrich Leutenberger ist dies ein Spiegelbild dafür, welche Rolle die Landwirtschaft im bis heute stark landwirtschaftlich geprägten Hohenlohe und im Ballungsraum Heilbronn spielt.

Ganzheitlich genießen macht Sinn

"Im Unterland kann man in der Industrie schon lange besser verdienen," weiß der gebürtige Franke. Gleichwohl hätten sich auch hier etliche Betriebe in Sachen Regionalität und Bio profiliert. Gleichzeitig entwickele sich eine neue Genusskultur. Wobei Leutenberger bei Worten wie "lecker" und "genießen" vorsichtig ist: Geschmack, Textur und Komposition einzelner Speisen seien in der Slow-Food-Philosophie nicht allein entscheidend. "Die ganze Richtung muss stimmen: gut, sauber, fair, regional, saisonal, frisch, authentisch, preiswert." Kurzum: Es gehe nicht allein um Gaumenkitzel, vielmehr wolle Slow Food ein ganzheitliches Bild zeichnen, also Speisen im Kontext sehen, inklusive ihrer Beziehungen zu Produzenten, zu Traditionen oder Verarbeitungstechniken.

Der aus dem Piemont stammende Präsident Carlo Petrini, der Slow Food in Abgrenzung zu Fast Food 1986 gegründet hat, propagiert eine bodenständige Kultur des Essens, die "auf innovative Weise" den Genuss von Speisen und Getränken mit folgenden Aspekten verbindet: Sauberkeit und Nachhaltigkeit der Grundstoffe und Herstellungsweisen; Transparenz zwischen Erzeugern, Händlern und Köchen; fairer und schonender Umgang mit Mensch, Tier und Umwelt; Wissen um handwerkliche Traditionen in der Küche, auf der Weide und auf dem Acker; Erhaltung traditioneller Rezepturen und der Artenvielfalt. Und: nicht zuletzt die Weiterentwicklung traditioneller Gerichte mit guten Regionalprodukten.

Heinrich Leutenberger
Heinrich Leutenberger

Für Tausende Verbraucher greifbar war diese Philosophie auf der Buga 2019, wo Slow Food im Kirchengarten unter dem Motto "Gemüse des Monats" zeigte, was man aus Kohlrabi & Co. machen kann, auch auf die Schnelle.Vom Aussterben bedrohte Früchte und Tiere hebt Slow Food in einer "Arche des guten Geschmacks" hervor, wobei Leutenberger hier in einer bundesweiten Qualifizierungskomission sitzt, wo er sich für die Heilbronner Traubensorte Clevner stark macht.

Corona schärft Bewusstsein

Corona-bedingt liegen die Veranstaltungen und monatlichen, oft mit Exkursionen oder gutem Essen verbundenen Treffen des Conviviums Heilbronner Land derzeit weitgehend auf Eis. Die große Slow-Food-Messe in Stuttgart fiel flach. Die Bundesversammlung lief als Videokonferenz. Durch Corona, so hieß es dort, seien Ernährung und Lebensmittelversorgung für viele in den Mittelpunkt der Tagesläufe gerückt. Essen sei "spürbarer existenziell geworden", so Leutenberger. Viele Menschen seien "dankbar für lokale Versorgungsstrukturen". Zugleich seien aber zahlreiche Existenzen entlang der Erzeugung, der Weiterverarbeitung und des Handels von Lebensmitteln sowie Lokale bedroht. So appelliert Slow Food, gerade jetzt regionale Kleinbetriebe zu unterstützen.

 

Slow-Food-Mitglieder aus dem Heilbronner Land

Slow Food ist eine internationale Vereinigung von bewussten Genießern und Produzenten, die regionale Produkte hochhalten und damit heimische Produzenten stärken. "Slow Food" heißt übersetzt "langsam essen" und wurde als Gegenbewegung zur Fast-Food-Welle aus der Taufe gehoben. In 90 Ländern gibt es 90?000 Mitglieder, bundesweit 6000. Das 2006 gegründete Convivium Heilbronner Land zählt 120 Mitglieder, darunter auch Produzenten wie etwa Hagen Kaffee, die Weingüter Amalienhof, Kistenmacher-Hengerer, Drautz-Able, Reformhaus Maier, Altes Theater Sontheim, Bioland-Gärtnerei Umbach, Lebensmittel und Tagbar Pfeffer (alle Heilbronn), Hotel-Restaurant Wo der Hahn kräht (Flein), Restaurant Museumsstuben (Neckarsulm), Bäckerei Hönnige (Weinsberg), Weingut Schweizer (Schwaigern), Haaghof Walter Kress (Hardthausen-Gochsen) und Weinbau Funk (Löchgau). 

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