Der Blick der TSG Heilbronn geht nach vorne
Tradition trifft Moderne: Die TSG Heilbronn ist 175 Jahre alt und noch immer sportlich frisch. Einblicke in einen der größten Vereine Baden-Württembergs im Rahmen der Serie "Erleben, was vereint".

Es ist der vielfältigste Verein der Region, mit eigener App und mit unglaublicher Geschichte: Die TSG Heilbronn bietet ihren etwa 7000 Mitgliedern 26 Sparten. Sie sind abenteuerlich - so bilden Kanu und Ski eine Abteilung. Sie sind exotisch: Die TSG hat Lacrosse im Angebot und den Chor "Arcobaleno". Sie sind maßgeblich: Die Bundesliga-Mannschaft der Billard-Abteilung ist deutscher Meister. Und sie trotzen dem Coronavirus, so gut es eben geht.
Mehr als zwei Monate herrschte Stillstand
"Es ist nicht wie vorher, noch nicht", sagt Heidi Rebel, die Leiterin des Bewegungszentrums. Aber an diesem Vormittag wird schon wieder kräftig geschwitzt, eben auf Abstand. "Es hat uns was gefehlt", sagt Ursula Waidelich, die mit ihrem Mann Klaus ihr Programm macht: eine Dreiviertelstunde auf dem Crosstrainer, eine Dreiviertelstunde an Geräten. Doch hier war von Mitte März bis Ende Mai wegen der Pandemie Stillstand. Seit Mitte Juli hält sich hier auch Ursula Waidelich wieder drei Mal die Woche fit. Sportlich, sportlich: Seit 1976 ist die 74-Jährige TSG-Mitglied, seit der Eröffnung 1992 im vereinseigenen Fitnessstudio, dem Bewegungszentrum, aktiv.
Ein paar Geräte weiter nutzt Jessica Gleich aktiv ihre Pause: Die Studentin der Fitnessökonomie arbeitet im Bewegungszentrum. "Das Besondere hier ist, dass wir eine Familie sind, dass man sich kennt, dass jeder Interesse an allen hat", sagt die 20-Jährige aus Pfaffenhofen. Aber Corona hatte das Familienleben empfindlich getroffen.

"Selbst das Vorstandsteam war am Anfang des Lockdowns gelähmt", sagt Marcel Hetzer. Der 35-jährige Tübinger ist seit 2015 Geschäftsführer der TSG und bekam es beim Herunterfahren des Vereinslebens von 100 auf Null mit "vier Corona-Klassikern" zu tun, "die bei uns alle zusammen kamen": Bei der TSG Heilbronn wurden die Gastronomie, der Kindergarten, das Fitnessstudio und der originäre Vereinssport eingestellt.
"Die Schließung des Bewegungszentrums hat uns etwa 300 Mitglieder gekostet", sagt Marcel Hetzer, der 30 verschiedene Hygienekonzepte geschrieben hat. Mit Blick auf Ursula Waidelich sagt er: "Es gibt zum Glück viele, die uns die Treue halten. Aber es ist herausfordernd derzeit."
Viele Einnahmen sind weggebrochen, doch es gab auch Einsparpotenziale
Als Großverein habe die TSG Heilbronn gerade überproportional hohe Einnahmeverluste: Kurse fallen aus, Vermietungen von Hallen oder der Kegelbahn brechen weg. "Aber wir können auch überproportional viele Ausgaben einsparen, viel abfedern", sagt Marcel Hetzer mit Verweis auf Kurzarbeit und "unsere Mitglieder, die gerade jetzt unsere Stützen sind". Tradition verpflichtet.
Bei der TSG Heilbronn trifft Tradition auf Moderne. Marcel Hetzer sagt es so: "Wir profitieren auch heute noch davon, was der Verein 1845 war und was daraus geworden ist. Ohne seine Geschichte, seine Fusionen, gäbe es den Verein so heute nicht." Man könne nicht in Tradition verharren, deshalb sei bei der TSG schon immer viel gebaut, angepasst worden - so wie in diesen Tagen.
Drei Millionen Euro hat die TSG aktuell in Neubauten investiert

Das Hofwiesenzentrum ist eine Baustelle. Bis Ende September sollen 60 neue Parkplätze, ein öffentlicher Outdoor-Bewegungsparcours für ältere Semester und ein zweigeschossiger Neubau fertig sein - insgesamt etwa drei Millionen Euro investiert die TSG 2019 und 2020.
"Wir bekommen doppelt so viel Platz und mehr Umkleiden", freut sich Andrée Reinhardt auf den Bezug des Neubaus. Die Sporttherapeutin, die seit 1991 im Verein ist, leitet die Medizinische Trainingstherapie. Hier bekommen bis zu sieben Personen einen individuellen Präventivkurs, hier sind Sportler aktiv, denen es im Bewegungszentrum zu trubelig ist.
Große Feier zum 175-jährigen Jubiläum musste abgesagt werden
Gerade wer Tradition hat, muss ständig nach vorne schauen, die Anforderungen beispielsweise durch den demografischen Wandel und die Ganztagesschule im Blick haben. Daher gehe auch in der Festschrift zum 175-jährigen Vereinsjubiläum der Blick nur 25 Jahre zurück und vor allem nach vorne, sagt Marcel Hetzer. Für den Geburtstag, den 2. April, war in der Harmonie ein Festakt für etwa 650 Personen geplant, zu dem die Festschrift hätte gereicht werden sollen. Corona hat alles auf den Kopf gestellt.
Nach den Ferien soll nun ein Entschluss gefasst werden, wann nachgefeiert werden könnte. So oder so werden die Mitglieder die Festschrift noch 2020 in den Händen halten, verspricht Marcel Hetzer.
Der Großverein
Die TSG Heilbronn ist 2001 aus der Fusion der Vereine TSV 1892 Heilbronn-Sontheim und TG Heilbronn von 1845 entstanden. Mit etwa 7000 Mitgliedern ist die TSG der größte Sportverein in Heilbronn und einer der größten Sportvereine Baden-Württembergs. Der Jubiläumsfestakt in der Harmonie musste abgesagt werden. Ein Nachholtermin wird eifrig diskutiert.