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Siegelsbach: Kleine Gemeinde mit großer Firma

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Siegelsbach ist ein beschaulicher Ort mit vielen Trümpfen: Dazu zählen eine Ausflugsbahn, die gute Verkehrsanbindung und ein großer Arbeitgeber: Unterwegs mit Mann & Schröder-Geschäftsführerin Christine Steger.

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Siegelsbach ist beschaulich und ruhig. Die Hauptstraße schlängelt sich quer durch den Ort, vorbei an der evangelischen Kirche. Die Kreuzung ist in etwa das historische Ortszentrum.
Foto: Heiko Fritze
Siegelsbach ist beschaulich und ruhig. Die Hauptstraße schlängelt sich quer durch den Ort, vorbei an der evangelischen Kirche. Die Kreuzung ist in etwa das historische Ortszentrum. Foto: Heiko Fritze  Foto: Fritze, Heiko

Die Straße heißt "Am Bahnhof", und die Bahnstrecke gibt es auch noch. Reguläre Züge fahren hier zwar schon seit Jahren nicht mehr, aber touristische Fahrten mit dem Uerdinger Schienenbus, "Roter Flitzer" genannt, werden regelmäßig angeboten. Der meiste Verkehr in dieser Straße hat sowieso ein anderes Ziel: den größten Arbeitgeber der kleinen Gemeinde, den Kosmetik-Hersteller Mann & Schröder. 750 Mitarbeiter zählt das Unternehmen, davon die Mehrheit am Stammsitz am Nordrand des Ortes.

Krebsbachtalbahn nur noch im Ausflugsverkehr

Geschäftsführerin und Gesellschafterin Christine Steger kennt sich gut aus in Siegelsbach. Aufgewachsen ist sie zwar im Nachbarort Zimmerhof, ihr Abitur machte sie am Gymnasium in Bad Wimpfen. "Aber meine Großeltern lebten hier. Wir haben hier die meiste Zeit verbracht." Die Mitgründer der Firma hatten ihr Haus direkt an der Bahnlinie - an das Rattern der Züge kann sich die 37-Jährige noch gut erinnern.

Christine Steger ist Geschäftsführerin von Mann & Schröder, der größten Firma der Gemeinde.
Christine Steger ist Geschäftsführerin von Mann & Schröder, der größten Firma der Gemeinde.  Foto: Fritze, Heiko

"Siegelsbach ist eine kleine, verschlafene Gemeinde", meint die Firmenchefin. "Aber wir fühlen uns hier sehr verwurzelt." Und darum gibt das Unternehmen auch etwas zurück: Den Neubau der Sporthalle unterstützt es mit 200.000 Euro - die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 3,2 Millionen Euro. Architekt Hardy Gloss ist heute vor Ort, um nach dem Rechten zu schauen. Sein Pforzheimer Büro konzentriert sich vor allem auf Hotels, Kirchen, Kommunal- und Gewerbebauten. In Siegelsbach waren Mitarbeiter des Büros an der Sanierung der "Villa Kunterbunt" und am Gemeindehaus beteiligt.

"Wir kommen gut voran", berichtet er: Gerade wachsen die Betonwände in die Höhe. Bauarbeiter montieren die Verschalung, flechten Moniereisen. Bis Weihnachten soll das Dach drauf sein, gegen Ende der Sommerferien nächsten Jahres ist die Fertigstellung geplant. Dann kommt noch die Sanierung des Untergeschosses an die Reihe, wo der örtliche Fußballverein sein Domizil hat. Denn der Neubau findet zum Teil auf der bisherigen Bausubstanz statt. "Das macht es ein wenig herausfordernd", meint der Architekt.

Siegelsbach ist ländlich geblieben. Direkt gegenüber der Baustelle gackern Hühner. Im Ortszentrum prangen an den Stalltüren dutzende Plaketten von landwirtschaftlichen Zuchtwettbewerben. Etwas zurück versetzt steht das Schloss, einst errichtet von den Grafen von Wiser, heute evangelisches Pfarramt und Kindergarten.

Das alte evangelische Schulhaus war von 1935 bis 1971 Rathaus der Gemeinde. Darum befindet sich an der Fassade das Wappen von Siegelsbach.
Das alte evangelische Schulhaus war von 1935 bis 1971 Rathaus der Gemeinde. Darum befindet sich an der Fassade das Wappen von Siegelsbach.  Foto: Fritze, Heiko

Auch der katholische Kindergarten liegt zentral. Während der Corona-Krise hatten die Mitarbeiterinnen der Einrichtung durchaus zu tun, erzählt dessen Leiterin Tanja Watson: Es wurde geputzt und renoviert, es wurden für die Kinder Filme gedreht und die Homepage aufgehübscht. Relativ früh durfte die Krippe öffnen, und nun läuft der Betrieb wieder mit vier Schlusszeiten sowie einer Abholzone vor dem Eingang, in der jedes Kind einzeln übergeben wird. 56 Mädchen und Jungen besuchen diesen Kindergarten, 13 von ihnen werden im Herbst eingeschult. Weit werden sie nicht laufen müssen: Die Grundschule befindet sich neben der künftigen Sporthalle.

Ländlich geblieben, gut ausgestattet

Siegelsbach ist überschaubar. Der Ort lässt sich bequem in einer Viertelstunde durchqueren. Vom Discounter Penny am südlichen Ortseingang, die Hauptstraße entlang bis zum Nordende zwischen Mann & Schröder und dem kleinen Gewerbegebiet mit weiteren Firmen, ist es kein Kilometer. "Der Penny ist Gold wert", sagt Christine Steger. "Vorher mussten unsere Leute immer nach Bad Rappenau fahren, wenn sie in der Pause etwas einkaufen wollten."

Tanja Watson leitet den katholischen Kindergarten in der Bahnhofstraße.
Tanja Watson leitet den katholischen Kindergarten in der Bahnhofstraße.  Foto: Fritze, Heiko

Vor der Villa Kunterbunt ist Michael Ortiz eingetroffen. Der Betreiber des Restaurants Eisenbahn liefert das Mittagessen für jene Kinder, die in der Kernzeitenbetreuung sind. Gut gelaunt wuchtet er die Wärmebox aus dem Wagen. "Die Eisenbahn ist das Herz des Ortes", sagt Christine Steger über das Gasthaus. "Dort treffen sich alle." Zu dem Betrieb, den die Familie Ortiz seit 120 Jahren besitzt, gehören auch ein Hotel und ein Café. Die härteste Phase der Corona-Schließung ist überwunden, erzählt der Gastronom. "Es zieht wieder an."

Von der Autobahn sind es wenige Minuten

Siegelsbacher sind fleißig. Herbert Kohn hat heute schon den Rasen gemäht, jetzt schneidet der Ruheständler seine Hecken - an seinem 69. Geburtstag. Pudel O"Reilly schaut ihm dabei aufmerksam zu - doch heute werde noch nicht groß gefeiert, wehrt der frühere Vertriebsleiter ab. Das werde später nachgeholt. 1986 hat es den gebürtigen Hessen in die kleine Kraichgaugemeinde verschlagen. "Es ist ein ruhiges Örtchen", meint er. Hier fühle sich die Familie wohl - und vor allem während seines Berufsleben schätzte er noch etwas: "Es ist sehr günstig zur Autobahn gelegen." Dem pflichtet Christine Steger bei: "In zehn Minuten ist man an der Auffahrt", erzählt die Unternehmerin, die seit einigen Jahren in Mannheim wohnt. Man kann es auch umgekehrt sehen: Von der Autobahn bis in das kleine Örtchen mit der großen Firma sind es nur zehn Minuten.

Über den Autor

Heiko Fritze arbeitet in der Redaktion Wirtschaft und Politik und hat bei der Aktion "50 Wochen - 50 Orte" das Los für den Ortsspaziergang in Siegelsbach gezogen. Hintergrund der Aktion ist, einen anderen Blick auf den Ort zu werfen. Zuständig für Siegelsbach ist Elfi Hofmann.

 
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