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Siegelsbach
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Auf dem ehemaligen Muna-Gelände scheint die Zeit stillzustehen

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Nach der Räumung vor zehn Jahren holt sich die Natur das Areal nach und nach zurück. Zahlreiche Tiere und Pflanzen haben sich ihren Platz erobert. Doch im Boden lauert nach wie vor Gefahr durch Blindgänger.

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Der Putz platzt ab, Bäume und Sträucher wachsen wild um die Gebäude und die Fenster sind eingeschlagen: Das ehemalige Muna-Gelände ist seit zehn Jahren verlassen. Foto: Elfi Hofmann
Der Putz platzt ab, Bäume und Sträucher wachsen wild um die Gebäude und die Fenster sind eingeschlagen: Das ehemalige Muna-Gelände ist seit zehn Jahren verlassen. Foto: Elfi Hofmann  Foto: Hofmann, Elfi

Hohe Zäune, Nato-Stacheldraht und viele Warnschilder, die darauf aufmerksam machen, dass hier kein Zutritt ist: Das ehemalige Muna-Gelände am Siegelsbacher Ortsrand ist gut gesichert. Nicht viele Personen dürfen rein. Einer von ihnen ist seit dem 1. Januar Johannes Brändle. Als Förster ist er im Auftrag der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) für das Gelände zuständig. Wenn er das große Tor öffnet, betritt er eine andere Welt.

Ein kleines Paradies

Eine Welt, in der sich die Natur langsam, aber sicher ihren Raum zurückerobert. Die Gebäude, die vor über zehn Jahren verlassen wurden, stehen in hohem Gras, die überall verstreuten Bunker verschwinden fast hinter den Bäumen. Für Johannes Brändle ist das Gebiet ein kleines Paradies. "Hier leben so viele verschiedene Tiere, so was habe ich noch nicht gesehen", erzählt der Förster. Mit dabei ist auch sein Hund Guschtl. Der Rüde ist fünf Jahre alt und schnuppert an jeder Ecke. Kein Wunder, leben auf rund 175 Hektar nicht nur viele seltene Vögel, sondern auch Füchse, Rehe und Wildschweine. Eine Fährte findet sich hier praktisch überall.

Aber nicht nur Tiere tummeln sich auf dem Areal. Immer wieder kommen Personen, die eigentlich keinen Zutritt haben. Dabei kann der Aufenthalt unter Umständen sogar lebensgefährlich sein. Ab 1939 war in Siegelsbach eine Heeresmunitionsanstalt der Nationalsozialisten untergebracht. Auch V2-Raketen lagerten dort zeitweise.

Überrest finden sich noch im Boden

Der Wachturm steht mitten im 30 Hektar großen Solarpark. Foto: Elfi Hofmann
Der Wachturm steht mitten im 30 Hektar großen Solarpark. Foto: Elfi Hofmann  Foto: Hofmann, Elfi

Bei einem Luftangriff wenige Monate vor Kriegsende verteilten sich die Kampfmittel auf dem Gelände. Die Überreste finden sich noch heute im Boden. Wegen der hohen Kampfmittelbelastung besteht ein Betretungsverbot für die Liegenschaft. Meistens herrscht aber absolute Ruhe.

Zwei- bis dreimal pro Woche ist Brändle vor Ort und fährt durch den Wald. Alle paar Meter steht ein großer Bunker, die Türen sind immer geöffnet. "Das wird gemacht, damit es im Inneren nicht schimmelt", erklärt der Förster.

Die ehemaligen Wohngebäude verlieren langsam ihren Putz, in der Sporthalle ist der Parkettboden gewellt, das Dämmmaterial hängt von den Decken herunter. Auch die Tapeten hängen in Fetzen.

Überblick auf das gesamte Gelände

Wenige Meter weiter erstreckt sich auf 30 Hektar eine riesige Photovoltaikanlage. Vom Wachturm, der nur über eine enge Wendeltreppe zu erreichen ist, kann man das gesamte Areal, das auf dem ehemaligen Sonderwaffenlager gebaut wurde, überblicken. Johannes Brändle ist selbst zum ersten Mal hier oben und genießt die Aussicht.

Die Türen der Bunker stehen offen, weil sich im Inneren durch die Feuchtigkeit sonst Schimmel bilden würde. Foto: Elfi Hofmann
Die Türen der Bunker stehen offen, weil sich im Inneren durch die Feuchtigkeit sonst Schimmel bilden würde. Foto: Elfi Hofmann  Foto: Hofmann, Elfi

Dass hier militärische Anlagen standen, wird beim Rundgang durch die unteren Geschosse allerdings wieder mehr als deutlich. In allen Räumen gibt es Schießscharten, sogar auf den Toiletten.Johannes Brändle schüttelt halb amüsiert, halb fassungslos den Kopf. Im Wald fühlt er sich eindeutig wohler. "Das ist mein Gebiet", sagt er. Das Areal soll nach und nach immer naturnaher, die Gebäude zurückgebaut werden. Neben dem Rückbau der Gebäude sollen auch einige Baumarten gefällt werden. Dadurch könnten sich Buchen und Eichen weiter ausbreiten.

Bis es soweit ist, wird allerdings noch einige Zeit ins Land gehen. Solange haben dann auch die Gelbbauchunken, die in einem Wasserloch leben, ihre Ruhe.

Das Muna-Gelände im Laufe der Zeit

Die Heeres-Munitionsanstalt wurde zwischen 1939 und 1940 von den Nationalsozialisten gebaut und 1941 in Betrieb genommen. Nach zwei Luftangriffen im Februar und März 1945 übernahmen die Amerikaner im April das Gelände. 1953 beschlagnahmten die US-Streitkräfte das 175 Hektar große Munitionslager und nutzten es bis 1992. Ab 1959 war auch die Bundeswehr auf einem Teil des Geländes stationiert. 1992 übernahm sie dann auch die US-Liegenschaften. Seit zehn Jahren ist das Gelände mittlerweile geräumt. Das Sonderwaffenlager wird als Photovoltaikpark genutzt. Im ehemaligen Verwaltungsbereich und in Teilen des Gerätedepots liegt ein Gewerbegebiet.

 
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