Spannende Sache: Ein Besuch im Umspannwerk
Das Kupferzeller Umspannwerk ist ein wichtiger Netzknotenpunkt mit überregionaler Bedeutung für Versorgungssicherheit und Energiewende. Eine Reportage.

Die Luft brizzelt, während Wolfgang Hirn die Funktion eines der großen Trafos erklärt. "Das ist die Entladung bei Feuchtigkeit", sagt der Netze-BW-Teamleiter. Hirn muss es wissen. Denn das Umspannwerk ist sein Reich. Seit fünf Jahren ist er dafür verantwortlich.
Oder wenigstens für einen Teil davon. Denn durch die Anlage, wo der mit Hochspannung ankommende Strom auf niedere Spannungslevel heruntertransformiert und danach an die Verbraucher verteilt wird, laufen nicht nur kilometerlange Leitungen - sondern auch eine unsichtbare Grenze: Hirn und seine Kollegen von Netze BW sind für die 110-Kilovolt-Bereiche und alles, was spannungsmäßig darunter liegt, verantwortlich.
"Für die Bundes- und Landesstraßen quasi", wie Hirn es dem Besucher plastisch zu verdeutlichen versucht. Um die Autobahnen, die großen Hochspannungsleitungen quer durchs Land, kümmert sich als Übertragungsnetzbetreiber die andere EnBW-Tochter: Transnet BW.
Doch zunächst führen Hirn und sein Chef Volkher Klipfel durch ihren Bereich. Warum braucht es denn überhaupt ein Umspannwerk? "Bei höherer Spannung kann der Strom mit geringeren Energieverlusten transportiert werden, aber für den Verbrauch ist die niedere Spannung nötig", erklärt Klipfel.
Öhringen und Audi-Werk werden gespeist
Beim Wort Transport hebt sich der Kopf. Der Blick flieht in Richtung der 70-Meter-Stahlmasten, die sich wie gigantische Krähenfüße ins Gelände krallen: Drei Höchstspannungsleitungen kommen in Kupferzell an: aus dem un terfränkischen Grafenrheinfeld, Leingarten/Großgartach und aus Stalldorf bei Würzburg. In Kupferzell wird der Strom unter anderem auf das regionale 110-Kilovolt-Verteilnetz transformiert. In Umspannstationen im Versorgungsgebiet wird der Strom letztlich von 10 000 Volt, 20 000 Volt oder 30 000 Volt auf die Ortsnetz- oder Niederspannung von 400 Volt moduliert.
Über ein halbes Dutzend verschiedener Stromkreise werden von Kupferzell aus bedient: Unter anderem die Stadt Öhringen als auch das Audi-Werk in Neckarsulm speisen sich mit der Energie: Allein die für Audi bereitgestellte Leistung entspricht etwa der einer Stadt mit 30 000 Einwohnern.
Zentraler Knotenpunkt für die Energiewende

"Kupferzell ist die wichtigste Import-Achse für die Nord-Süd-Stromverteilung und einer der wichtigsten Knotenpunkte für die Energiewende", sagt Alain Franck Kaptue Kamga, Leiter des Anlagenbetriebs bei Transnet, der sich mit seinen Kollegen dem Rundgang übers Sieben-Quadratmeter-Gelände mittlerweile angeschlossen hat.
Und das ist nur der Status quo - zukünftig wird die Bedeutung des Netzknotens noch steigen: Denn mit der Energiewende steigen sowohl der Bedarf an Weiterleitung von Ökostrom von Norden gen Süden wie auch die dezentrale Einspeisung der Energie von Windrädern, Biogasanlagen und Solarmodulen mehr wird.
Das spiegelt sich in den Verbindungen nach außen wider: Vier zusätzliche Stromleitungen sollen in den kommenden Jahren ins Umspannwerk führen. Das gefällt nicht allen: Kritiker sprechen von "massiver Aufrüstung". Unter anderem wird die Trasse nach Großgartach verstärkt und eine neue 110-Kilovolt-Hochspannungsleitung nach Rot am See gebaut.
Modernisierung und Ausbau bis Ende 2021
Letzteres ist gegenwärtig noch Zukunftsmusik - im Umspannwerk selbst wird jedoch schon seit drei Jahren eifrig gewerkelt: Transnet errichtet dort eine große Halle, wo eine Schaltanlage mit neuer Technologie ihre Heimat finden wird. Überdies entsteht ein moderneres Abspannungs-Portal: der Übergang von der 380-Kilovolt-Stromautobahn ans Umspannwerk. Ende 2021 soll alles fertig sein.

"Wir wollen zukunftsfähig sein und jederzeit eine stabile Versorgung gewährleisten", sagt Transnet-BW-Pressesprecherin Annett Urbaczka, während die Monteure sich über ihr per Hebebühne an dem neuen Stahlgerüst emporhangeln.
Nicht nur die Arbeiter sorgen dafür, dass reichlich Leben im Umspannwerk herrscht - wo der Betrieb an sich vollautomatisch und digital geregelt läuft: "Es sind immer einige Menschen im Werk: zur Kontrolle und Wartung", sagt Wolfgang Hirn. Er selbst indes ist ständig in Kupferzell - allerdings nur nach Feierabend. Dort wohnt er seit langen Jahren und sitzt im Gemeinderat. Ins Werk kommt er zweimal wöchentlich, erzählt er auf der letzten Station des Rundgangs: der 20-Kilovolt-Schaltanlage. Intensiver Mandelgeruch heftet sich auf die Atemwege. "Das sind die Leitungen."
Diese verteilen den Strom in der Region: ins Kochertal, Gaisbach oder nach Waldenburg - um nur einige der Orte zu nennen, die auf den Schaltschränken stehen. Zum Abschluss noch ein Gerücht: Stimmt es, wie bisweilen im Ort kolportiert wird, dass die Kupferzeller Feuerwehr bei einem Brand im Umspannwerk gar nicht löschen darf? "Die Feuerwehr kann und darf definitiv löschen", sagt Volkher Klipfel. Betreten, das gesteht er auf Nachfrage ein, dürfen die Wehrleute das Gelände aber erst nach der sicherheitstechnischen Freigabe durch einen Experten vonseiten der Betreiber.