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Kupferzell
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An allen Ecken Geschichte: Ortsspaziergang durch Kupferzell

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Eine stillgelegte Bahnstrecke, eine grüne Oase und berühmte Söhne: Auf einer Tour durch den Hauptort der Gemeinde lässt sich das alte und das neue Kupferzell entdecken.

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Die Kupfer − ein Nebenfluss der Kocher − schlängelt sich durch den Ort. Im Hintergrund erhebt sich der Turm der evangelischen Kirche. In deren Nachbarschaft stand einst auch ein sandsteinernes Schulgebäude.
Die Kupfer − ein Nebenfluss der Kocher − schlängelt sich durch den Ort. Im Hintergrund erhebt sich der Turm der evangelischen Kirche. In deren Nachbarschaft stand einst auch ein sandsteinernes Schulgebäude.  Foto: Feil, Christoph

Um das alte und das neue Kupferzell ein bisschen kennenzulernen, schlägt Peter Lemke einen Spaziergang vor, der am Bahnpark beginnt. Viel los ist auf dem rund 9000 Quadratmeter großen Areal an diesem Vormittag nicht. Wo heute unter anderem ein Bouleplatz zum geselligen Spiel einlädt, ist früher ein Bahnhof gestanden.

Dem 69-Jährigen gedenkt es noch gut, wie dort damals Zuckerrüben verladen wurden. "Die Bauern standen Schlange bis in den Ort hinein", erzählt der langjährige Gemeinderat. Zu Fuß geht es in Richtung Süden. Zunächst entlang der ehemaligen Bahntrasse. Nach zuletzt einigen kalten und regnerischen Tagen schickt die Sonne wärmende Strahlen vom Himmel.

 

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"Man kann hier alles mit dem Fahrrad machen", sagt Wolfgang Stier, der gerade selbst mit seinem Drahtesel unterwegs ist, um einen Einkauf zu erledigen. Der gelernte Betriebsschlosser lobt die Infrastruktur und schätzt das Versorgungsangebot in Kupferzell. "Ärzte, Apotheke, Supermarkt, es ist alles hier", sagt er. Andererseits gebe es viel Verkehr im Ort. Und dass das "Haus der Vereine" der Erweiterung der Schule weichen musste, bedauert Wolfgang Stier ebenfalls. Früher habe er sich im Schützenverein engagiert, sei dort sogar im Vorstand gewesen, wie der 63-Jährige erzählt. Mit dieser seiner Leidenschaft hatte der dreifache Vater auch seinen Nachwuchs angesteckt. "Mein Großer war sogar Landesmeister", berichtet Wolfgang Stier sichtlich stolz.

Mit einer Kartoffel auf seinem Grab wird Pfarrer Johann Friedrich Mayer geehrt

Der evangelische Pfarrer Johann Friedrich Mayer (1719-1798) hat einst die hohenlohische Landwirtschaft reformiert. Peter Lemke legt an dessen Grab eine kleine Kartoffel nieder.
Der evangelische Pfarrer Johann Friedrich Mayer (1719-1798) hat einst die hohenlohische Landwirtschaft reformiert. Peter Lemke legt an dessen Grab eine kleine Kartoffel nieder.  Foto: Feil, Christoph

Wer nach einigen Metern die frühere Bahnstrecke verlässt und sich nach links hinauf in die obere Vorstadt begibt, der stößt auf den Friedhof, wo Grabsteine an zwei bekannte Söhne der Gemeinde erinnern - nämlich an den Schriftsteller und Satiriker Carl Julius Weber (1767-1832) und an den evangelischen Pfarrer Johann Friedrich Mayer (1719-1798), der die hohenlohische Landwirtschaft reformiert hat. Ihm zu Ehren legt Peter Lemke eine Kartoffel aufs Grab. "Aber nur eine kleine", wie der Kupferzeller mit einem Schmunzeln erklärt, "eine große gibt ein Hohenloher nicht her."

Zurück auf der ehemaligen Bahntrasse führt der Weg vorbei an Schrebergärten und Kindergarten über die Kupfer, die sich durch den Ort schlängelt. Blickt man gen Osten, sieht man den Turm der evangelischen Kirche. "Wir entlasten die Mama", sagt Andreas Kraft, der mit seinem zehn Monate alten Sohn Jonas eine Runde dreht. "Vielleicht spazieren wir später sogar noch mal." Das schöne Wetter will schließlich genutzt werden. Kupferzell findet der Vater "für junge Familien sehr gut". Auch aufgrund der Lage. "Wir liegen mittendrin zwischen Schwäbisch Hall, Öhringen und Künzelsau."

Die Kärwe gilt als großes Highlight im jährlichen Veranstaltungskalender

Wolfgang Stier ist gerne mit dem Rad unterwegs. Er lobt das Versorgungsangebot im Ort.
Wolfgang Stier ist gerne mit dem Rad unterwegs. Er lobt das Versorgungsangebot im Ort.  Foto: Feil, Christoph

Das größte Highlight im Veranstaltungskalender der Gemeinde? "Das ist eigentlich die Kärwe", erklärt der Bürokaufmann, "aber die ist dieses Jahr ja leider ausgefallen." Bereits im Mai hatte der Gemeinderat schweren Herzens beschlossen, das beliebte Fest abzusagen. Das Risiko, im ehemaligen Corona-Hotspot ein Volksfest zu feiern, ist ihm zu groß gewesen. Andreas Kraft ist der Lockdown übrigens noch durchaus präsent. Ungewöhnlich ruhig sei es damals gewesen, beschreibt er die Atmosphäre. "So kenne ich den Ort gar nicht."

Tatsächlich ist es um das Rathaus herum, zu dem man über die Künzelsauer Straße gelangt, an diesem Tag belebt, dazu brummen Lkws durch die Straßen. Den Besucher von auswärts macht Peter Lemke unterwegs auf eine Vielzahl von Gebäuden aufmerksam. Er zeigt beispielsweise, wo sich einst Wirtshäuser, Bauernhöfe und Lebensmittellädchen befunden haben, und erklärt, was aus einem kleinen Krankenhaus, einem unterirdischen Eiskeller und einem genossenschaftlichen Lagerhaus geworden ist.

Im Schlosspark herrschen Ruhe und Frieden

Andreas Kraft nutzt das schöne Wetter und dreht mit Sohn Jonas eine Runde.
Fotos: Christoph Feil
Andreas Kraft nutzt das schöne Wetter und dreht mit Sohn Jonas eine Runde. Fotos: Christoph Feil  Foto: Feil, Christoph

Vom Rathaus aus geht es dann die Marktstraße hinauf zur Akademie für Landbau und Hauswirtschaft. Dahinter liegt der Schlosspark, eine gepflegte grüne Oase inmitten von Kupferzell. Vom Verkehr ist auf dem weitläufigen Gelände nichts mehr zu hören. Hier zwitschern die Vögel, rascheln die Blätter im Wind und plätschert der Feßbach durch sein Bett. Als dieser nach heftigen Unwettern in einer Mainacht 2016 das Areal geflutet hat, ist Kurt Fromm im Einsatz gewesen. "So etwas habe ich noch nie erlebt", berichtet der Akademie-Hausmeister, der seinen Erzählungen zufolge damals zunächst nicht an die Heizung gelangen konnte, um diese vom Strom zu nehmen, und es danach mit Gebäudeteilen voller Schlamm zu tun hatte. Jetzt gerade kümmert sich Kurt Fromm unter anderem um einige Arbeiten in der Außenanlage. "Um Eins geht es weiter", sagt er, dann ist seine Mittagspause vorbei.

Zur Mittagszeit endet für Schüler oft der Unterricht. Und so trotten einem auf dem Weg zur Johann-Friedrich-Mayer-Schule tatsächlich einige mit Ranzen bepackte Kinder und Jugendliche entgegen. Vom Platz zwischen Schule und Carl-Julius-Weber-Halle aus deutet Peter Lemke in Richtung der vielen neuen Einfamilienhäuser. "Die Bauplätze gehen weg wie warme Semmeln", sagt der 69-Jährige. Viele derjenigen, die hierher gezogen seien, kenne er schon gar nicht mehr, so der Ur-Kupferzeller, der ansonsten beim Spaziergang durch den Ort immer wieder jemanden grüßt und ins Plaudern kommt.

Nach wenigen Minuten erreicht man von hier aus die evangelische Kirche. Früher stand in deren Nachbarschaft außerdem eine sandsteinerne Schule. "Für Zeit und Ewigkeit" habe über deren Türe gestanden, erzählt Peter Lemke. Schon vor mehreren Jahrzehnten sei das Gebäude allerdings einem Feuer zum Opfer gefallen. Ein Gedenkstein mit Plakette erinnert zudem an die Bürgerinitiative Westernach, die Anfang der Neunziger erfolgreich gegen eine geplante Sondermüll-Verbrennungsanlage protestierte. "Die Kupferzeller sind schon immer streitbar gewesen", merkt Peter Lemke an und macht sich wieder auf zurück zum Bahnpark.

Über den Autor

Christoph Feil ist Redakteur im Ressort Leben und Freizeit und hat im Rahmen von "50 Wochen - 50 Orte" das Los für den Ortsspaziergang in Kupferzell gezogen. Hintergrund ist ein anderer Blick auf den Ort. Zuständig für Kupferzell ist Redakteur Christian Nick.

 
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